Rücknahme eingeleitet

Sondervollmachten für Orban werden aufgehoben

Ausland
27.05.2020 01:11

Die ungarische Regierung will die umstrittenen Corona-Sondervollmachten für Ministerpräsident Viktor Orban im Juni aufheben. In der Nacht auf Mittwoch reichte Orbans rechtsnationale Alleinregierung den Gesetzesentwurf über die Rückgabe der Sonderbefugnisse im Parlament ein, wie das Online-Portal index.hu meldete. Am kommenden Dienstag könnte das Parlament abstimmen, der Corona-Notstand könnte in Ungarn dann am 20. Juni enden.

Das ungarische Parlament hatte die Regierung Ende März mit umfassenden Sondervollmachten zur Bewältigung der Coronavirus-Krise ausgestattet. Orban kann seither im Rahmen des nationalen Notstands per Dekret regieren. Kritiker warfen ihm vor, die Pandemie zum Ausbau seiner Machtposition zu missbrauchen. Auch die EU-Kommission hatte wiederholt Besorgnis geäußert. Laut Opposition hat Orban mit seiner umfassenden Vollmacht in mehr als 100 Dekreten etwa den Datenschutz, die Informationspflichten von Behörden und die Arbeitnehmerrechte ausgehebelt, die Tätigkeit der Justiz sowie Meinungs- und Pressefreiheit massiv eingeschränkt.

Strafprozesse können unbesfristet verschoben werden
Im Justizbereich können Strafprozesse unbefristet verschoben werden, Entschädigungsklagen sind während des Notstandes untersagt, erinnerte der Fachdirektor der Bürgerrechtsorganisation Gesellschaft für Freiheitsrechte (TASZ), Marte Szabo, gegenüber der APA. Die Kompetenzen der Sicherheitskräfte wurden dafür massiv erweitert. Äußerungen etwa im Internet, die ein Missfallen bezüglich der Maßnahmen der Regierung zum Ausdruck bringen, können als „Verbreitung von Falschnachrichten“ mit Strafen geahndet werden.

Szabo sprach von einer „abschreckenden Wirkung“, wenn die Polizei morgens um 6 Uhr eine Wohnung stürmt, Computer und Mobiltelefone beschlagnahmt. Zwei eingeleitete Verfahren wurden von der Staatsanwaltschaft wieder eingestellt, eines läuft noch, bestätigte Szabo. In diesem Fall hatte eine Frau auf Facebook darüber geschrieben, dass mit den Corona-Tests nicht alles in Ordnung sei.

Das Gesetz gegen die Verbreitung von Fake News „hat vor allem der Abschreckung gedient“, meint auch Peter Kreko, Direktor des Budapester Instituts Political Capital, gegenüber der APA. „Das Ziel war, dass die Botschaft rüberkommt.“ Bisher soll die Polizei in über 100 Fällen ermittelt haben.

Orban steht seit Jahren wegen der Einschränkung von Bürgerrechten, der Unabhängigkeit der Justiz sowie der Medien- und Meinungsfreiheit in der Kritik. Von einem Rechtstaatlichkeitsverfahren der EU und mehreren Urteilen des Europäischen Gerichtshofs ließ er sich bisher aber nicht beeindrucken.

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