Glück in der Krise

Spanien: WM-Sieg als Segen für die marode Wirtschaft

Ausland
12.07.2010 12:17
Spanien ist am Sonntag zum ersten Mal in seiner Geschichte Fußball-Weltmeister geworden. Das ganze Land jubelt und feiert. Doch nicht nur die spanischen Fußballfans sind euphorisch wegen des WM-Siegs gegen die Niederlande - auch die spanische Wirtschaft zeigt sich erfreut, denn der Titelgewinn beschert dem krisengeschüttelten Land ein zusätzliches Wachstum.

Einer Studie der holländischen Bank ABN Amro zufolge sind nämlich alle Volkswirtschaften, die einen WM-Sieg erreichten, im Folgejahr zusätzlich um 0,7 Prozent gewachsen. So kann nun auch Spanien auf positive Konjunktureffekte hoffen.

Flaggen, Trikots und andere nationale Symbole als Renner
Die Fußball-Euphorie hat die Stimmung im krisengeschüttelten Spanien, dessen Neuverschuldung derzeit bei 11,8 Prozent liegt, deutlich gehoben, was sich vor allem im Konsumverhalten der Spanier niederschlägt. Neben den Bars sind es auch Restaurants mit Essenslieferservice, Fast-Food-Ketten mit WM-Spezialangeboten und Supermärkte, bei denen der Umsatz mit Beginn der WM und den spanischen Siegen angestiegen ist. Vor allem der Verkauf von Spanien-Flaggen, Trikots und anderen nationalen Symbolen ist derart in die Höhe geschossen, dass viele Geschäfte und Kaufhäuser nicht mehr wissen, wo sie noch Nachschub besorgen können.

Auch andere Sektoren konnten mit WM-Angeboten bereits ordentlich Geld verdienen und die Gewinneinbrüche der vergangenen Monate ausgleichen. Bei Carrefour, dem größten Einzelhandelsunternehmen Europas, wurden für Großeinkäufe Gutscheine verteilt, mit denen man im Wert für 100 Euro einkaufen kann, sollte Spanien gewinnen. Die Banken Banesto und Banco Sabadell offerierten 4 Prozent Zinsen plus ein GPS TomTom für jedes neu eröffnete Girokonto, sollte die "Roja" den Pokal nach Madrid bringen, und haben dadurch viele neue Kunden gewonnen.

Durch Krise angeschlagenes Selbstwertgefühl gestärkt
Die Krise hat das Selbstwertgefühl der Spanier deutlich geschwächt. Der WM-Sieg werde diesen psychologischen Effekt wieder rückgängig machen, verspricht Javier Gomez-Navarro, Präsident der spanischen Handelskammer. Durch diesen positiven Stimmungswechsel in Spanien würde sich auch der Blick ausländischer Firmen und der internationalen Finanzmärkte auf Spanien wieder verbessern. Das Land steckt nach dem Platzen einer Immobilienblase in einer tiefen Krise, einer von fünf Spaniern ist arbeitslos. Ein Viertelprozentpunkt Extrawachstum würde den erwarteten Rückgang der Wirtschaftsleistung abwenden und stattdessen im Gesamtjahr endlich wieder Wachstum bringen.

Vor allem die ebenfalls hart angeschlagene spanische Tourismusbranche dürfte jetzt vom WM-Sieg profitieren. "Der Werbeeffekt für Spanien als Reiseland wäre unermesslich", erklärte Jose Luis Zoreda, Vizepräsident des spanischen Tourismusverbands Exceltur, bereits vor dem Finale. Die spanische Hotelkette NH macht auf ihre Homepage bereits Werbung mit dem Tintenfisch-Orakel Paul, welches den Sieg der "Roja" im Endspiel gegen Holland vorhergesagt hat. Ryanair reduzierte die Preise für seine Spanien-Flüge mit jedem Tor, das David Villa und Co. Schossen, und verkauft nach Eigenaussage nun deutlich mehr Tickets.

Auch Deutschland wirtschaftlich ein Gewinner der WM
Auch Deutschland gehört nach Angaben des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) in wirtschaftlicher Hinsicht zu den Gewinnern der Weltmeisterschaft in Südafrika. Deutsche Unternehmen hätten im Vorfeld der WM Aufträge im Wert von insgesamt 1,5 Milliarden Euro an Land gezogen, sagte DIHK-Afrika-Experte Heiko Schwiderowski am Montag. Die Unternehmen hätten unter anderem Stadien gebaut oder das Straßennetz und die Energieversorgung in Südafrika verbessert. Gemessen am Auftragsvolumen sei Deutschland damit "schon zu Beginn der Weltmeisterschaft einer der Gewinner gewesen", sagte Schwiderowksi.

Insgesamt habe Südafrika für die WM fünf Milliarden Euro investiert, sagte der Experte. Bisher seien hiervon nur 3,5 Milliarden Euro wieder eingespielt worden. Dem Austragungsland bleibe damit vorerst noch "ein ganz dickes Minus, das muss man so festhalten". Südafrika könne durch die WM nun auf einen Imagegewinn und steigende Touristenzahlen in der Folge hoffen. Auch Investoren könnten sich künftig verstärkt für das Land interessieren und dort Arbeitsplätze schaffen, "sodass man vielleicht eine ganz ehrliche Bilanz erst in vier, fünf Jahren ziehen wird können", sagte der Schwiderowski.

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