Weil er in Syrien für Kämpfer der radikalislamischen Terrormiliz Islamischer Staat (IS) gekocht haben soll, ist ein 60-Jähriger am Freitag am Wiener Landesgericht zu vier Jahren unbedingter Haft verurteilt worden. Der Mann - ein strenggläubiger Muslim bosnischer Herkunft, der seit Langem in Wien lebt und neun Kinder großgezogen hat - hatte sich mit einer humanitären Hilfsaktion verantwortet.
Als gesichert kann gelten, dass der Angeklagte in Wien regelmäßig eine Moschee besucht hat, wo eine radikale Auslegung des Islam vertreten wurde. Verfassungsschützer fanden heraus, dass in der Vergangenheit mehrere junge Männer aus dem Umfeld der Moschee ins syrische Kriegsgebiet zogen, um auf Seiten des IS zu kämpfen. Im Herbst 2013 reiste dann der Angeklagte zwei Mal nach Azaz, eine syrische Stadt, die rund 50 Kilometer nördlich von Aleppo liegt. Die türkische Grenze ist nur sieben Kilometer entfernt. Er habe dort Verwandte und Bekannte besucht und humanitäre Hilfe geleistet, indem er Opferfleisch für das Bayram-Fest zubereitete und Geld an die Not leidende Zivilbevölkerung verurteilte, behauptete der 60-Jährige nun vor einem Schöffensenat.
Geld verteilt und gekocht
Allerdings hatte zu diesem Zeitpunkt gerade der IS die 50.000 Einwohner-Stadt erobert, die bis dahin unter dem Einflussbereich der Freien Syrischen Armee stand. Das Wiener Gericht ging daher nicht davon aus, dass der Angeklagte in die Stadt gelangt wäre, wenn er nicht als IS-Sympathisant gegolten hätte. Beim ersten Aufenthalt im September verteilte der Mann den erstinstanzlichen gerichtlichen Feststellungen zufolge an eine Kampfeinheit, die sich aus jungen Bosniern zusammensetzte, mehrere tausend Euro. Beim zweiten Aufenthalt brachte er wieder mehrere tausend Euro mit, die bei einer Sammelaktion in Wien zusammengekommen waren. Außerdem soll er drei Wochen lang für die bosnisch stämmigen Kämpfer gekocht haben, ehe er wieder nach Wien zurückkehrte und AMS-Gelder bezog.
„Ein guter Koch macht noch keinen Terroristen“, hielt Verteidiger Kresbach der Anklage entgegen. Sein Mandant habe Flüchtlinge bekocht.
Generalpräventive Gründe
Der Wiener Schöffensenat hatte an der Schuld des Angeklagten keine Zweifel. Unter Verweis auf generalpräventive Gründe erschien dem Gericht bei einer Strafdrohung von bis zu zehn Jahren eine vierjährige Freiheitsstrafe angemessen, wobei die in Bosnien abgesessene Zeit dem 60-Jährigen angerechnet wird. Mildernd wurden die lange Verfahrensdauer, der länger zurückliegende Tatzeitraum und die bisherige Unbescholtenheit des Mannes berücksichtigt. Erschwerend waren die mehrfache Tatbegehung.
Freigesprochen wurde der Angeklagte von der Anschuldigung, im September 2015 ein weiteres Mal in Syrien gewesen zu sein und dabei IS-Kämpfern einen Jeep überlassen zu haben. Dafür reichte dem Senat die Beweislage nicht aus.
Der Schuldspruch wegen Mitwirkung an einer terroristischen Vereinigung und an einer kriminellen Organisation sowie Terrorismusfinanzierung ist nicht rechtskräftig. Verteidiger Elmar Kresbach meldete gegen das Urteil Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an. Der Staatsanwalt legte ebenfalls Rechtsmittel ein.
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