Durchsuchungsbefehl:

Es ging um Casino-Lizenz in Wien und Online-Gaming

Österreich
14.08.2019 13:29

Der Durchsuchungsbefehl, der zu den Hausdurchsuchungen unter anderem bei Ex-Vizekanzler Heinz-Christian Strache geführt hat, wartet mit weiteren brisanten Details zu den Postenschacher-Vorwürfen rund um den Finanzvorstand bei den Casinos Austria auf. Als Gegenzug zur Bestellung des - laut unabhängigem Personalberater nicht qualifizierten - Wiener FPÖ-Bezirksrates Peter Sidlo dürfte die Erteilung einer „Casino Lizenz in Wien“ und einer „nationalen Online Gaming Lizenz“ gewunken haben. Die Vorwürfe würden sich zwar hauptsächlich auf eine anonyme Anzeige stützen, allerdings auf eine detaillierte und mit Insiderwissen unterlegte. Eine „Racheaktion“ schließt die Staatsanwaltschaft jedenfalls aus.

Wie die Staatsanwaltschaft am Dienstag gegenüber krone.at erklärt hatte, gehe es um den Verdacht der Bestechung und Bestechlichkeit. Beschuldigt seien sechs Personen und ein Unternehmen. Es habe Hausdurchsuchungen in zwei Bundesländern gegeben. Der Sprecher blieb dabei vage: „Es geht um den Verdacht, dass zwischen Verantwortlichen eines Glücksspielunternehmens und Amtsträgern der Republik Österreich im Gegenzug für die Besetzung eines bestimmten Kandidaten einer Aktiengesellschaft die parteiische Vergabe von Glücksspiellizenzen vereinbart wurde.“ Auskünfte über Personen gab man nicht, da die Causa „ein Verschlussakt ist und daher strenger Vertraulichkeit unterliegt“.

„Pflichtwidrige Vornahme eines Amtsgeschäftes“ sowie Bestechlichkeit
Aus dem zehnseitigen Durchsuchungsbefehl, der den brisanten Titel „Strafsache gegen Heinz-Christian Strache und andere Beschuldigte“ trägt und der nun auch der „Krone“ vorliegt, gehen nun aber die Details hervor, die den Ex-Vizekanzler, dem die „pflichtwidrige Vornahme eines Amtgeschäftes“ sowie Bestechlichkeit vorgeworfen wird, einmal mehr in Bedrängnis bringen dürften.

Laut dem Bericht gibt es konkrete Hinweise auf einen Deal mit dem Glücksspielkonzern Novomatic um die Bestellung des Vorstandes der Casinos Austria AG, der CASAG. „Dem politischen Willen entsprechend sollten in dem Dreier-Vorstand die beiden Regierungsparteien ÖVP und FPÖ vertreten sein“, heißt es in dem Dokument. Es sei vereinbart worden, dass „jede der drei Aktionärsgruppen - die staatliche Beteiligungs-AG ÖBAG, die tschechische Sazka-Gruppe und die Novomatic - einen der Vorstände benennen sollte.“ Die ÖBAG nominierte die ÖVP-Kandidatin Bettina Glatz-Kremsner, die Sazka Martin Skopek, und Novomatic sollte Sidlo als Kandidaten nennen.

Lizenzen gegen Nennung von FPÖ-Kandidat getauscht?
„Johann Gudenus vereinbarte mit dem Vorstandsvorsitzenden der Novomatic, Harald Neumann, dass Novomatic als FPÖ-Kandidat Peter Sidlo benennen sollte. In enger Abstimmung mit dem damaligen Vizekanzler Heinz-Christian Strache wurde dabei im Gegenzug eine wohlwollende Unterstützung der Novomatic bei wesentlichen ,regulatorischen Glücksspielbelangen‘ durch die FPÖ ausgemacht“, heißt es konkret im Durchsuchungsbefehl. Gegenstand dieser Vereinbarung sei insbesondere die Erteilung einer „Casino Lizenz in Wien“ und einer „nationalen Online Gaming Lizenz“ gewesen, um die sich „die Novomatic zu diesem Zeitpunkt auf Bundesebene bemühte und die von der CASAG (der Casinos Austria AG, Anm.) exklusiv gehalten wurden“.

Zudem habe Gudenus Novomatic zugesagt, „für den Fall eines Wahlsieges von FPÖ und ÖVP bei der kommenden Gemeinderatswahl in Wien das ,kleine Glücksspielgesetz‘ wieder zu ,aktivieren‘“. Novomatic habe Sidlo daraufhin als Vorstandsmitglied namhaft gemacht.

Aufsichtsrat Einschätzung des Personalberaters vorenthalten?
Darüber hinaus wird Strache und Ex-Staatssekretär Hubert Fuchs (FPÖ) vorgeworfen, sie hätten Druck auf den Aufsichtsratsvorsitzenden der Casinos AG, Walter Rothensteiner (er wird laut Ö1 aber nicht als Beschuldigter, sondern als Zeuge geführt), ausgeübt. Deshalb habe dieser dem Aufsichtsrat die Conclusio des unabhängigen Personalberaters, wonach Sidlo nicht die erforderliche Qualifikation als Finanzvorstand aufweise, vorenthalten, um den Deal mit der FPÖ nicht zu gefährden, so die Staatsanwaltschaft. Am 28. März 2019 wurde Sidlo dann zum Vorstandsmitglied der CASAG bestellt. Am 1. Mai nahm er seine Vorstandstätigkeit auf und ist nach wie vor im Amt.

Strache: „Feiger Angriff, um mich mundtot zu machen“
Alle als verdächtig Genannten wiesen die Vorwürfe entschieden zurück, auch die FPÖ ist sich keiner Schuld bewusst. Strache postete auf Facebook, „dieser feige Angriff“ gegen ihn „entbehrt jeder Grundlage“ und sei „lediglich ein weiterer politischer Angriff auf meine Person“, mit dem „fortgesetzt“ versucht werde, „mich zu diskreditieren und mundtot zu machen“. Den Satz „Novomatic zahlt alles“ hatte Strache allerdings auch im Ibiza-Video von sich gegeben.

Staatsanwaltschaft: „,Racheaktion‘ in keinster Weise indiziert“
Im Durchsuchungsbefehl heißt es dazu allerdings dezidiert, dass es sich bei der anonymen Anzeige „um eine unsubstantiierte ,Racheaktion‘ eines allfällig unterlegenen Mitbewerbers oder anderer Personen“ handeln könnte, sei schon angesichts der dargestellten Ermittlungsergebnisse und der detailreichen Schilderung in der Anzeige „in keiner Weise indiziert“.

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