Gespräche mit Corbyn
Theresa May gerät immer mehr unter Druck
Großbritanniens Premierministerin Theresa May gerät immer mehr unter Druck. Dass sie sich mit Oppositionschef Jeremy Corbyn zu Verhandlungen traf, kommt bei den Konservativen gar nicht gut an. Laut Regierungskreisen habe man „konstruktive“ Gespräche geführt. Corbyn nannte das Treffen „nützlich“, es habe aber noch kein Ergebnis gegeben.
Für die weiteren Gespräche sollten zwei Verhandlungsteams gebildet werden. Auf Regierungsseite gehören Vizepremier David Lidington und Brexit-Minister Steve Barclay dazu. Am Donnerstag soll den ganzen Tag verhandelt werden.
Unterhaus peitscht Gesetzesvorschlag in nur einem Tag durch
Um einen „No-Deal-Brexit“ zu verhindern, peitschte eine überparteiliche Gruppe britischer Abgeordneter einen Gesetzesvorschlag an nur einem Tag durch das Unterhaus, der die Regierung zur Beantragung eines weiteren Aufschubs zwingen soll, wie das auch May plant.
Der Gesetzesvorschlag durchlief an nur einem Tag alle drei Lesungen im Unterhaus. Er wurde in dritter Lesung mit 313 zu 312 Stimmen angenommen. Bevor er zum Gesetz wird, muss er aber noch vom Oberhaus abgesegnet werden. Sollte das Gesetz rechtzeitig in Kraft treten, könnten die Abgeordneten einen längeren Brexit-Aufschub mit Teilnahme an der Europawahl gegen den Willen der Regierung anordnen.
Zwei weitere Staatssekretäre zurückgetreten
Am Mittwoch erklärten gleich zwei Staatssekretäre aus Protest ihren Rücktritt: der für den Brexit zuständige Chris Heaton-Harris und Nigel Adams, Staatssekretär für den Landesteil Wales. Sie fürchten, der Bruch mit Brüssel könne nun nicht deutlich genug ausfallen. Damit sind in den vergangen zwölf Monaten bereits 36 Regierungsmitglieder zurückgetreten - fast alle im Streit um den Brexit. Weitere konservative Parlamentarier kündigten Widerstand an.
Juncker stellt Aufschub in Aussicht
May unterstrich das gemeinsame Ziel, einen ungeordneten EU-Austritt ohne Abkommen zu vermeiden. Sollte das britische Parlament den Austrittsvertrag kurzfristig doch noch annehmen, plädiert EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker für einen weiteren Aufschub des Brexit um knapp sechs Wochen bis zum 22. Mai. Andernfalls halte er ein „No Deal“-Szenario für sehr wahrscheinlich.
Juncker machte dies aber davon abhängig, dass noch vor dem 12. April eine stabile Mehrheit in London für den EU-Austrittsvertrag zustandekomme. Das ist der Tag, für den nach derzeitigem Stand der Brexit vorgesehen ist. Zwei Tage vorher - also am Mittwoch nächster Woche - soll ein EU-Sondergipfel entscheiden, wie es beim Brexit weitergeht.
Die Fristverlängerung soll aber nicht über den 22. Mai hinausgehen - den Tag vor dem Beginn der Europawahl. May will unbedingt vermeiden, dass die Briten noch einmal mitwählen müssen. Der 12. April ist der Tag, bis zu dem Großbritannien nach britischem Recht über eine Teilnahme an der Wahl entscheiden muss.
Britische Wahlkommission trifft erste Vorbereitungen
Die Hoffnung ist also, am 22. Mai doch noch mit Vertrag aus der EU auszutreten. Dann könnte eine Übergangsfrist bis Ende 2020 in Kraft treten, die Chaos vermeiden soll. Die Regierung bestätigte jedoch, dass sie die Wahlkommission vorsorglich mit den Vorbereitungen für eine Teilnahme an der Europawahl beauftragt hat.
Auf der EU-Seite ist noch unklar, ob alle 27 EU-Staats- und Regierungschefs einen Aufschub einstimmig billigen würden. Skeptisch äußerte sich Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP). „Aus derzeitiger Sicht gibt es überhaupt keinen Grund für eine Frist-Erstreckung, denn das Chaos in Großbritannien hat sich nicht verändert“, sagte er. „Es gibt keinen klaren Weg, der mehrheitsfähig ist im britischen Unterhaus.“
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