Missbrauchsskandal
Seit 1995 fast 100 Kleriker und Laien unter Verdacht
30 von ihnen seien in der Vergangenheit juristisch belangt und verurteilt worden. "Viele Fälle waren zum Zeitpunkt ihres Bekanntwerdens jedoch bereits verjährt", schreibt das Magazin. Das gilt nach Expertenmeinung auch für viele Fälle, die in den vergangenen Tagen an Schulen des Jesuitenordens bekannt wurden. Aktuell stehen den Angaben zufolge mindestens zehn Kirchendiener unter Missbrauchsverdacht.
"Dunkles Gesicht der Kirche"
Von den 27 Bistümern, die der "Spiegel" am vorigen Dienstag angefragt hatte, hätten 24 geantwortet. Die Bistümer Limburg, Regensburg und Dresden-Meißen verweigerten eine Auskunft zu Missbrauchsfällen. Man wolle "die aktuelle Diskussion nicht noch befeuern", habe der Sprecher des Bistums Dresden-Meißen erklärt. Der Sekretär der Deutschen Bischofskonferenz, Jesuitenpater Hans Langendörfer, sagte hingegen: "Die Enthüllungen zeigen ein dunkles Gesicht der Kirche, das mich erschreckt. Wir wollen das Thema offen angehen."
Nur wenige klare Hilfsangebote
Knapp zehn Tage nach dem Bekanntwerden der ersten Fälle bieten jedoch nur wenige Bistümer den möglichen Opfern offensiv ihre Hilfe an: Nur fünf von ihnen haben eine offizielle Stellungnahme zu den Vorwürfen auf ihrer Startseite ins Netz gestellt.
Am Berliner Canisius-Kolleg steige die Zahl der Betroffenen von Tag zu Tag, berichtete indes die "Berliner Morgenpost" unter Berufung auf die Anwältin, die vom Jesuitenorden mit der Untersuchung der Fälle beauftragt wurde. "Insgesamt dürften es jetzt um die 30 Opfer sein", zitierte das Blatt die Anwältin. Bisher waren erst die Fälle von 22 Kindern bekannt, die in den 70er- und 80er-Jahren an dem katholischen Elite-Gymnasium sexuell missbraucht wurden.
Manfred von Richthofen, der lange Präsident des Deutschen Sportbundes war und einst am Canisius-Kolleg unterrichtete, sagte der Tageszeitung "B.Z.", viele Patres seien durch ihre kirchliche Ausbildung "ein wenig verklemmt" gewesen. In den 60er-Jahren, als er dort arbeitete, habe er von Missbrauchsfällen nichts mitbekommen. Eine mögliche "Pestbeule" seien aber die freiwilligen Nachmittags-Aktivitäten der Marianischen Congregation gewesen: "Das war eine abgeschlossene Gruppe, zu denen auch die Patres gehörten, von denen wir jetzt die schlimmen Geschichten hören."
"Ein großer Vertrauensbruch"
Das Erzbistum Berlin gehört zu den wenigen Diözesen, die im Internet aktiv auf die Affäre eingehen. Auch das Bistum Hildesheim und das Erzbistum Hamburg, die ebenfalls direkt betroffen sind, äußern sich auf den Startseiten ihrer Homepages zu dem Skandal. Das Bistum Osnabrück zitiert den dortigen Generalvikar Theo Paul: "Mit Betroffenheit hat das Bistum Osnabrück auf die jetzt bekanntgewordenen Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche reagiert. Dadurch sei ein großer Vertrauensbruch entstanden."
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