Hochspannung vor Wahl

Rechtsextremist greift in Brasilien nach der Macht

Ausland
06.10.2018 15:18

Ein rassistischer, sexistischer und homophober Extremist als Präsident des multikulturellen Brasilien - für viele Demokraten eine Horrorvorstellung. Bei der Wahl am Sonntag entscheiden die Brasilianer, ob ihr von Korruptionsskandalen und Gewaltkriminalität erschüttertes Land künftig tatsächlich von einem Rechtsextremisten geführt wird. Die Chancen für den 63-jährigen Ex-Offizier Jair Bolsonaro stehen gut.

In Umfragen hat Bolsonaro zuletzt deutlich zugelegt, demnach könnte er die erste Wahlrunde mit Abstand gewinnen. Viele Brasilianer setzen große Hoffnungen auf ihn. Die Frustration über korrupte Machteliten ist groß, Gewalt und Kriminalität bestimmen den Alltag. Der Unmut beschert dem Extremisten mit seinen schlichten Botschaften Zulauf.

„Donald Trump Brasiliens“ bewundert Militärdiktatur
Weil er wie der amtierende US-Präsident markige Sprüche mag, wird Bolsonaro auch „Donald Trump Brasiliens“ genannt. Über die von ihm bewunderte Militärdiktatur der Jahre 1964 bis 1985 sagt er, deren Fehler habe darin bestanden, „zu foltern, aber nicht zu töten“. „Ja, ich bin für die Diktatur. Mit dieser unverantwortlichen Demokratie werden wir niemals die tief greifenden nationalen Probleme lösen.“

„Gewaltverbrecher und politische Gegner erschießen“
Brasilien ist in Bolsonaros Augen ein dysfunktionaler Staat, in dem nur jemand mit harter Hand für Ordnung sorgen kann: „Wir können Kriminelle nicht wie menschliche Wesen behandeln.“ Gewaltverbrecher? Bolsonaro sagt: „Alle erschießen“. Politische Gegner? „Sie auch.“ Korruption? Ein Militärputsch könnte nach seinen Worten den „Sumpf trockenlegen“, wenn die Justiz es nicht schafft. Die Wirtschaft? Bolsonaro will staatliche Unternehmen privatisieren, damit sich Politiker dort nicht länger bedienen können.

Frauen, Schwarze und Homosexuelle im Visier
Herablassend äußert sich Bolsonaro über Frauen, Schwarze und Homosexuelle. Er habe eine Siedlung von Afrobrasilianern besucht, und der leichteste Bewohner habe 80 Kilogramm gewogen, sagte er einmal. Seine Schlussfolgerung: „Sie tun nichts.“ Zum Thema Homosexualität sagte er, einen schwulen Sohn würde er „nicht lieben können“: „Mir wäre lieber, er würde bei einem Unfall sterben als mit einem Schnauzbart auftauchen.“

Seine Frauenfeindlichkeit brachte Bolsonaro nicht nur in der Frage der Berufstätigkeit zum Ausdruck, sondern auch beim Thema Vergewaltigung. Zur linken Abgeordneten Maria do Rosario sagte er einmal: „Ich würde Sie nicht vergewaltigen, Sie verdienen es nicht.“ Sie sei „hässlich“ und „nicht mein Typ“.

Brasilianische Bevölkerung tief gespalten
Brasilien ist vor dem Urnengang, bei dem auch das nationale Parlament, die Regionalparlamente und die Gouverneure der Bundesstaaten neu gewählt werden, tief gespalten. Hunderttausende Frauen gingen wegen Bolsonaros hetzerischer Aussagen bereits auf die Straßen. Die Armen trauern wiederum dem für seine Sozialprogramme gerühmten Ex-Präsidenten Lula nach, der allerdings wegen Korruption und Geldwäsche im Gefängnis sitzt und nicht zur Wahl antreten darf. Und andere begeistern sich eben für die Null-Toleranz-Rhetorik von Bolsonaro.

Umfragewerte nach Messerattacke gestiegen
Bolsonaro war Anfang September bei einem Wahlkampfauftritt Opfer eines Messerangriffs geworden. Seither stiegen seine Umfragewerte rasant. Die aktuellste Erhebung sieht den Ex-Offizier bei 35 Prozent - 13 Punkte vor Lulas Ersatzkandidat Fernando Haddad von der Arbeiterpartei.

Video: Rechter Kandidat mit Messer attackiert

Die anderen Kandidaten landen weit abgeschlagen dahinter. Für die mögliche Stichwahl am 28. Oktober wird ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Bolsonaro und Haddad vorhergesagt. Entscheidet sie der Rechtsextremist für sich, kommt das einem politischen Erdbeben gleich.

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