Am Schauplatz

Tod auf Mallorca: Unfallserie wirft Zweifel auf

Ausland
26.08.2018 06:00

Dutzende Urlauber sterben jährlich auf der Insel Mallorca. Bei Balkonstürzen. Die Familien einiger Opfer glauben nicht an Unfälle. Wie ein Ehepaar aus Oberösterreich, dessen Sohn 2012 unter mysteriösen Umständen am Ballermann sein Leben verlor.

Am vergangenen Montag starb am Ballermann ein 23-jähriger Deutscher: Er fiel von einem Hotel-Balkon aus dem zwölften Stock in die Tiefe. Der junge Mann sei in betrunkenem Zustand über das Geländer geklettert und in der Folge abgestürzt, so die Erklärung der mallorquinischen Polizei. Der Fall gilt damit als abgeschlossen.

Es ist eben wieder einmal ein Unglück passiert. Wie so oft, in den Touristenzentren im Südwesten der Mittelmeerinsel. Laufend kommen hier in den Sommermonaten Urlauber ums Leben, oder sie erleiden schwere Verletzungen. Weil sie über Brüstungen klettern und dann das Gleichgewicht verlieren.

Durchschnittlich 75 Opfer pro Saison
In den vergangenen Jahren waren es durchschnittlich 75 Opfer - pro Saison. Heuer wird die Zahl noch höher sein, sagte der Bürgermeister von Palma vor Kurzem bei einer Pressekonferenz, eine genaue Statistik liege erst Ende 2018 vor. Und er betonte auch, dass „verstärkt Maßnahmen gesetzt werden müssen, um diese fürchterlichen Unfälle in Hinkunft zu verhindern“.

Partymeilen sollen zu Familien-Ferienparadiesen umgestaltet, All-you-can-drink-Lokale geschlossen, Suchtgifthändler härter bestraft werden. So der Plan.

Die Tragödien haben immer dasselbe Muster
Ja, es stimmt, die ausländischen Gäste konsumieren viel Alkohol, sie kommen leicht an Ecstasy, Marihuana, Cristal-Meth und an die berüchtigte „Kannibalen-Droge“ - einen Wirkstoff, der extrem aggressiv und völlig verwirrt macht.

Aber ist das “Zudröhnen“ wirklich der einzige Grund für das Massensterben auf Mallorca? Überall auf der Welt gibt es Orte, an denen ausgiebig gefeiert wird - warum gerade am Ballermann und in Magaluf mit derartig schwerwiegenden Folgen? Und warum verlaufen die Dramen immer nach dem selben Muster? Fragen, die Angehörige von auf der Insel Verunglückten zunehmend lauter stellen.

Oberösterreicher starb in Hotel, in dem er nicht wohnte
Wie Hannelore und Heinrich Kletzl aus Oberösterreich. Ihr Sohn Andreas (17) lag am frühen Morgen des 17. August 2012 mit zerschlagenem Schädel im Innenhof eines Hotels - in dem er nicht gewohnt hatte.

Auch bei ihm hieß es, er wäre im Vollrausch abgestürzt. Von dem Plateau einer Außentreppe. Die Eltern konnten diese Version nie glauben, ließen die Leiche ihres Buben in Österreich nochmals obduzieren, beauftragten mehrere Fallgutachter.

Fazit: Der Lehrling ist bloß minimal alkoholisiert gewesen, an seinem Körper wurden Abwehrverletzungen und Schleifspuren festgestellt. Und Fakt ist auch: Er fiel von einer anderen Stelle, als zunächst angenommen, in die Tiefe - in Wahrheit von einem Balkon der Ferienunterkunft, im sechsten Stock.

Wer wohnte in Zimmer Nummer 634?
Sämtliche Ansuchen der Kletzls bei den spanischen Behörden, jene Personen ausfindig zu machen, die zum Zeitpunkt von Andreas’ Tod in besagtem Zimmer - mit Nummer 634 - eingecheckt waren, blieben bislang unbeantwortet.

Im Frühjahr wandte sich das verzweifelte Ehepaar an die sogenannte Cold-Case-Abteilung des BKA, dort wird nun die mysteriöse Causa evaluiert.

„Und dann war plötzlich irgendjemand neben mir"
“Wer hat mich gestoßen?“, fragt Marc G. jeden Morgen seine Mutter. Der 24-jährige Kölner war im Juli 2014 auf der Insel. Seine letzte Erinnerung: “Ich lag in meinem Hotel auf dem Bett und chattete am Handy. Und dann war plötzlich irgendjemand neben mir." Seit seinem Sturz aus zehn Meter Höhe ist der Deutsche ein Pflegefall, körperlich stark behindert.

Marc G. gilt offiziell als Opfer eines selbst verschuldeten Unfalls. Wie Andreas Kletzl. Und wie so viele andere Mallorca-Urlauber.

Martina Prewein, Kronen Zeitung

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