„Patriarchale Justiz“

Nach Gruppenvergewaltigung wieder frei - Proteste

Ausland
23.06.2018 11:05

Nach der vorläufigen Freilassung von fünf Männern, die vor zwei Jahren eine 18-Jährige missbraucht und die Tat gefilmt haben sollen, ist die Empörung in Spanien groß. Tausende Menschen gingen am Freitagabend bei Kundgebungen im ganzen Land auf die Straße und hatten unter anderem Spruchbänder mit der Aufschrift „Das ist kein Missbrauch, das ist Vergewaltigung“ dabei. Viele halten die Gerichtsentscheidung für eine „Schande“.

Die Männer im Alter zwischen 27 und 29 Jahren aus Sevilla, die sich selbst als „La Manada“ („Das Rudel“) bezeichnen, waren im April zu jeweils neun Jahren Haft verurteilt worden. Sie sollen im Sommer 2016 eine 18-jährige Frau beim San-Fermin-Fest in Pamplona missbraucht haben. Seither saßen sie in Untersuchungshaft.

Das Gericht entschied nun, die Männer bis zu ihrem Berufungsurteil gegen eine Kaution von je 6000 Euro vorläufig freizulassen - der soziale Druck mache einen Rückfall „praktisch undenkbar“, hieß es. Sie müssen ihre Reisepässe abgeben und dürfen Spanien nicht verlassen. Nach Madrid, wo ihr Opfer lebt, dürfen die Männer ebenfalls nicht reisen. Außerdem müssen sie sich dreimal in der Woche bei Gericht an ihrem jeweiligen Wohnort melden.

„Es ist eine Schande“
Nach ersten Medienberichten über die Entscheidung hatte es bereits am Donnerstagabend in mehreren spanischen Städten Proteste gegeben: „Es ist eine Schande, dass diese Taugenichtse so einfach davonkommen“, sagte ein 66-jährige Demonstrantin in Barcelona.

„Urteil ist ungerecht“
In Madrid versammelten sich am Freitag Tausende Frauen und Männer jeden Alters vor dem Justizministerium. Die Demonstranten kritisierten in Sprechchören die „patriarchale Justiz“ in Spanien. „Wir brauchen eine Justizreform und müssen die Richter, die noch aus einem anderen Zeitalter stammen, ersetzen“, sagte die 41-jährige Noelia Garcia. Die 60-jährige Lucia Rodriguez sagte, es sei „nicht gerecht“, die Männer freizulassen.

Auch in Pamplona, Valencia, Saragossa und Granada gingen Tausende auf die Straße - selbst in Sevilla, der Heimatstadt der fünf Männer, gab es Proteste gegen ihre Freilassung.

Das Bürgermeisteramt in Pamplona kündigte an, als Zivilpartei in dem Verfahren Berufung gegen die Freilassung einzulegen. Die neue Justizministerin Dolores Delgado nannte die im Prozess ans Licht gebrachten Tatsachen „schwerwiegend“ und forderte einen „Mentalitätswandel“.

Bereits die Gerichtsentscheidung vom April hatte für Proteste gesorgt, da die Männer nicht wegen „Vergewaltigung“ verurteilt wurden, sondern wegen „sexuellen Missbrauchs“ - obwohl „La Manada“ die Tat gefilmt hatte. Auch die Demonstranten in Madrid hatten am Freitag ein Spruchband mit der Aufschrift „Das ist kein Missbrauch, das ist Vergewaltigung“ dabei.

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