Zweites Referendum

Irland stimmt für den EU-Vertrag von Lissabon

Ausland
03.10.2009 21:18
Der Druck der Wirtschaftskrise und das Zuhausebleiben vieler EU-Kritiker hat den Befürwortern des Vertrags von Lissabon bei der zweiten Volksabstimmung in Irland einen Triumph beschert. Ministerpräsident Brian Cowen erklärte am Samstag den Sieg für das Pro-EU-Lager. Die Befürworter erreichten 67,1 Prozent, das Nein-Lager kam auf 32,9 Prozent der Stimmen. Beim ersten Referendum im Juni 2008 hatten noch 53,4 Prozent gegen den Vertrag gestimmt.

Bereits die ersten Auszählungsergebnisse deuteten am Samstag auf eine robuste Mehrheit für das Ja-Lager hin. In mehreren Stimmbezirken der Hauptstadt Dublin, in denen der Vertrag von Lissabon bei einem ersten Referendum im vergangenen Jahr noch abgelehnt worden war, hatten Befürworter die Oberhand. Aus anderen Landesteilen war sogar eine noch höhere Zustimmung gemeldet worden.

"Ich freue mich für das Land - es sieht dieses Mal nach einem überzeugenden Sieg für die Ja-Seite aus", sagte Irlands Außenminister Micheal Martin im Fernsehen.

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Der bekannte irische EU-Kritiker Declan Ganley gestand den Unterstützern des EU-Reformvertrages indes den Sieg zu. "Das ist ein überzeugender Sieg", sagte Ganley am Samstag bei einer Pressekonferenz im Wahlzentrum in Dublin. "Natürlich bin ich enttäuscht, ich glaube, wir haben einen Fehler gemacht", ergänzte der Vorsitzende der EU-skeptischen Partei Libertas.

Wahlbeteiligung gestiegen, Kritiker blieben zuhause
Die Wahlbeteiligung bei der Volksabstimmung am Freitag lag bei 58 Prozent und damit über der des ersten Referendums. Vor knapp 16 Monaten war mit 53,1 Prozent nur die Hälfte der über drei Millionen Stimmberechtigten zu den Urnen gegangen.

Bei der Stimmbeteiligung zeigte sich am Freitagabend ein bemerkenswertes Stadt-Land-Gefälle: Während die Beteiligung in den als europaskeptisch geltenden ländlichen Gebieten unter dem Wert des Vorjahres blieb, gingen in der europafreundlicheren Hauptstadt Dublin viel mehr Menschen zu den Urnen.

Irland musste als einziges EU-Land per Verfassung ein Referendum abhalten. Im Falle eines erneuten Scheiterns hatte die irische Regierung ein drittes Referendum ausgeschlossen. Als wichtigster Grund für die Zustimmung beim zweiten Referendum gilt die Wirtschaftskrise, die die Insel schwerer getroffen hat als andere. Angst vor Arbeitslosigkeit oder vor der Abwanderung von Investoren beeinflussten das Votum. Die EU gilt bei vielen Menschen in Irland als rettender Schutzschirm.

Tschechien und Polen nun letzte Hürden
Nach der Zustimmung der Iren muss der Lissabon-Vertrag noch zwei weitere Hürden nehmen. Die europaskeptischen Präsidenten von Tschechien und Polen weigern sich bisher, die Ratifizierung des Vertragswerks durch die Parlamente ihrer Länder zu beurkunden.

Während der polnische Präsident Lech Kaczynski angekündigt hat, das Ratifizierungsgesetz nach einem irischen Ja unterzeichnen zu wollen, sagte sein tschechischer Kollege Vaclav Klaus lediglich, über einen solchen Schritt nachdenken zu wollen. Senatoren von Klaus' europaskeptischer Demokratischer Bürgerpartei ODS versuchen ein Inkrafttreten des Lissabon-Vertrags mit einer Klage vor dem Brünner Verfassungsgericht zu verhindern. Die will Klaus abwarten.

Der EU-Vertrag
Der Lissabon-Vertrag folgt der EU-Verfassung, die 2005 Franzosen und Niederländer in Referenden abgeschmettert hatten. Der Vertrag war mühsam ausgehandelt worden und soll die EU zu schnelleren Entscheidungen fähig machen und den nationalen Parlamenten sowie dem Europaparlament mehr Rechte geben. Tritt er nicht in Kraft, gilt weiter der Vertrag von Nizza aus dem Jahr 2001.

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