Freiwillige gesucht

Fekter will Flüchtlingslager im Süden

Österreich
24.06.2009 17:03
Das Innenministerium startet eine Art Preisausschreiben. Der Haupttreffer: ein Flüchtlingslager, Erstaufnahmestelle Süd genannt. Innenministerin Maria Fekter (ÖVP) versuchte bei einer Pressekonferenz am Mittwoch anhand von Zahlenmaterial darzustellen, dass die Errichtung solch eines Zentrums für rund 250 Asylwerber für viele Gemeinden ein Gewinn wäre. Gemäß einer in Auftrag gegebenen Studie würden rund 130 ständige Arbeitsplätze entstehen, die Wertschöpfung läge bei etwa fünf Millionen Euro.

Diesen Preis kassieren können lediglich Gemeinden im Burgenland, der Steiermark oder in Kärnten. Nur sie werden vom Innenministerium angeschrieben, ob sie sich nicht bis September für die Errichtung des dritten Erstaufnahmezentrums bewerben wollen. Denn Fekter legt auf eine ausgewogene Verteilung der Flüchtlinge Wert, und Nieder- und Oberösterreich seien mit Traiskirchen und Thalham bereits ausgelastet. Dass nun der Süden dran ist, begründete die Ministerin mit den Wanderungsströmen aus dem Süden Europas.

Angeblich mehrere Interessenten
Dass sich keine Gemeinde finden könnte, die das Erstaufnahmezentrum will, kann sich die Ressortchefin nicht vorstellen. Es habe ja bereits Interessenten gegeben. Warum diese nicht genommen wurden, begründete Fekter vage mit Überlegungen, nur den optimalen und möglichst kostengünstigen Standort auszuwählen. Auf die Frage, wie viele bzw. welche Gemeinden sich um das Flüchtlingslager beworben haben sollen, blieb die Ministerin eine Antwort schuld.

Eher unwahrscheinlich ist, dass ein Bundesland sowohl das Erstaufnahmezentrum als auch das geplante Schubhaft-Zentrum erhält. Bei letzterem hofft Fekter weiterhin auf ein Umdenken von Leoben, das als Standort vorgesehen und aus Sicht der Ministerin ideal geeignet ist. Würde sich allerdings eine steirische Gemeinde für das Flüchtlingslager finden, sei die Wahrscheinlichkeit groß, dass das "Kompetenzzentrum für aufenthaltsbeendende Maßnahmen" doch in einem anderen Bundesland entstehe, betonte die Ressortchefin.

"Krisenfest und konjunkturunabhängig"
Die Vorteile eines Erstaufnahmezentrums für eine Gemeinde schilderte Fekter materiell: "Dieser Betrieb ist krisenfest und konjunkturunabhängig." Neben den zusätzlichen Arbeitsplätzen gebe es auch für die lokale Wirtschaft Vorteile. So würden in Thalham etwa 500 Semmeln zusätzlich pro Tag verkauft, informierte die Ministerin. Weitere Vorteile: Schul- und Kindergartenstandorte könnten erhalten bleiben und eine Polizeistelle werde neu errichtet oder die bereits bestehende ausgebaut.

Beworben wird die Erstaufnahmestelle mit einem knapp 20-seitigen Folder mit bunten Bildern und zahlreichen "Fragen und Antworten". Das Innenministerium versichert etwa, dass Asylwerber-Kinder nur dann in die Klassen integriert werden, wenn sie über ausreichende Deutschkenntnisse verfügen oder, dass die Polizei in und um das Zentrum für Sicherheit und Ordnung sorgen wird. Auch der Tagesablauf des Asylwerbers wird geschildert. Er muss sich Einvernahmen und ärztlichen Untersuchungen stellen sowie seine Mahlzeiten zu fixen Zeiten einnehmen, dazu komme noch die Nachtruhe. Daher bleibe im Zulassungsverfahren nur eine beschränkte Zeit zur eigenen Verwendung.

Ende der Bewerbungsfrist ist im September. Dann wird mit den Bewerbern in Verhandlungen getreten, sofern sich welche gemeldet haben. Nicht ausgeschlossen wurde von Fekter, dass es zusätzliche Infrastrukturzuschüsse oder ähnliches für die Gemeinden geben könnte, wenn dies im Zusammenhang mit der Errichtung des Lagers steht. Möglichst noch heuer will die Ministerin die Standort-Entscheidung durch haben. Eröffnet werden soll das Erstaufnahmezentrum dann 2011.

Kärnten: BZÖ lehnt Flüchtlingslager "entschieden" ab
Mit "entschiedener" Ablehnung hat das BZÖ auf die Pläne Fekters für eine Erstaufnahmestelle Süd reagiert. In Kärnten würde sich "garantiert" keine Gemeinde für ein Zentrum bewerben, erklärte Generalsekretär Martin Strutz. Das BZÖ werde "jedmöglichen Widerstand" leisten, warnte auch Generalsekretär Stefan Petzner vor einer möglichen "größten Bürgerprotestbewegung".

"Kärnten ist das sicherste Bundesland Österreichs. Aus gutem Grund", betonte Strutz bei einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz. "Es wird in Kärnten keine Erstaufnahmestelle a la Traiskirchen geben. Das lehnen wir entschieden ab", so Strutz, der ankündigte, alle rechtlichen und demokratischen Möglichkeiten ausschöpfen zu wollen. "Wir sehen keine Notwendigkeit für ein weiteres Zentrum." Ein restriktives Fremdenrecht und schnelle Verfahren sowie die bestehenden zwei Aufnahmestellen in Traiskirchen und Thalham sollten ausreichen, meinte Strutz. Das Bündnis forderte hingegen einmal mehr die Wiedereinführung der Grenzkontrollen.

Der Kärntner Landeshauptmann Gerhard Dörfler (BZÖ) ortet in dem "Preisausschreiben" für eine Erstaufnahmestelle einen "peinlichen Hilferuf" Fekters und Verfehlungen in der Asylpolitik. Zudem befürchtet er, dass durch die Errichtung eines Flüchtlingszentrums die Zahl der Straftaten in Kärnten "dramatisch" steigen würde. "Fekter wird aus Kärnten keine Unterstützung für solch peinliche und inkompetente Aktionen erhalten", so Dörfler.

Steiermark: Fekter-Pläne für Voves "nicht nachvollziehbar"
Auch der steirische Landeshauptmann Franz Voves (SPÖ) lehnt ein Erstaufnahmezentrum strikt ab und zeigte sich in einer Reaktion auf die Aussagen von Fekter verwundert, dass die Steiermark als Standort überhaupt in Erwägung gezogen werde. Dies sei für ihn "nicht nachvollziehbar". Voves beruft sich auch auf den entsprechenden Inhalt eines Vier-Augen-Gesprächs mit Fekter anlässlich des Österreichischen Städtetages. Die Steiermark habe in den letzten Jahren die Asylquote immer vorbildhaft erfüllt.

Voves hatte bis vor kurzem ein Schubhaftzentrum in Leoben als - verglichen mit dem Erstaufnahmezentrum - geringeres Übel angesehen, lenkte dann aber infolge der massiven Widerstände in der obersteirischen Stadt insofern ein, als er die strittige Raumordnungsfrage als "Angelegenheit von Ministerin und Gemeinde" bezeichnete und meinte, die mehrheitliche Ablehnung zur Kenntnis zu nehmen.

Burgenland: Soziallandesrat ortet "mehr als skurrile" Idee
Auch der der burgenländische Soziallandesrat Peter Rezar (SPÖ) hat sich gegen die Errichtung eines Erstaufnahmezentrums für Asylwerber im Burgenland ausgesprochen. Die Idee Fekter, einen Wettbewerb unter den Gemeinden um ein Erstaufnahmezentrum für Asylwerber zu starten, erscheine "mehr als skurril", erklärte Rezar. Er gehe davon aus, dass sich keine der 171 burgenländischen Gemeinden an diesem "Preisausschreiben" der Innenministerin beteiligen werde, meinte der Landesrat. Rezar betonte erneut, das Burgenland habe "stets seine Verpflichtungen und die vereinbarte Quote der zu versorgenden Asylwerber erfüllt."

Die Größe der Quartiere für die Grundversorgung sei der dörflichen Struktur des Burgenlandes angepasst. Das sei sowohl für die ansässige Bevölkerung als auch für die Asylwerber ein Vorteil, denn dadurch werde die Integration begünstigt. "Aus diesem Grund hat sich die burgenländische Landesregierung in ihrer Sitzung am 22. Dezember 2008 gegen eine burgenländische Erstaufnahmestelle ausgesprochen und dies der Frau Innenministerin auch schriftlich mitgeteilt", so Rezar. Dies müsse Fekter "endlich zur Kenntnis nehmen".

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