"Abzockerpartie"

Grüne: Schwere Vorwürfe gegen Graf und ARC

Österreich
20.02.2009 12:38
"Eine Abzockerpartie seltenen Ausmaßes" sind für den grünen Sozialsprecher Karl Öllinger die Vorgänge um die Austria Research Centers (ARC) in Seibersorf und die Auflösung des Dienstvertrages des nunmehrigen Dritten Nationalratspräsidenten Martin Graf (FPÖ). Bei einer Pressekonferenz in Wien widerlegte der Mandatar am Freitag FPÖ-Vorwürfe gegen die Staatsanwaltschaft und deutet indirekt Umfärbeaktionen in dem ehemals beinahe banktrott gegangenem Unternehmen an. "Das schreit nach Aufklärung", so Öllinger.

Der Grüne wies die FPÖ-Vorwürfe gegen die Staatsanwaltschaft in Zusammenhang mit deren Auslieferungsbegehren zurück, in denen von Verfassungsbruch und Politjustiz die Rede gewesen sei. Nach einer anonymen Anzeige gegen fünf Personen im Jahr 2006 in Zusammenhang mit den ARC habe die Staatsanwaltschaft die Polizei mit der Causa beauftragt, die unter Hinweis auf die laufende Prüfung des Rechnungshofes empfahl abzuwarten, so Öllinger.

Nach Vorliegen des Rohberichts habe die StA Ermittlungen eingeleitet, wobei Verdachtsmomente gegen sechs Personen, darunter Graf aufgetaucht seien. Daher habe man den Auslieferungsantrag gestellt. "Was bitte soll hier Politjustiz sein? Beziehungsweise Verfassungsbruch?", fragte der Abgeordnete.

Neuer Dienstvertrag trotz Wahlkandidatur
"Interessiert" zeigte sich Öllinger an Grafs politischer Tätigkeit während seiner Zeit bei den ARC, so als er 2006 als Wiener FPÖ-Spitzenkandidat bei den Nationalratswahlen aufgetreten sei. Ein Schreiben an die Eigentümervertreter kündigte Graf zufolge die bevorstehende Kandidatur an, so Öllinger. Einem Gutachten zufolge habe er keine Genehmigung eingeholt, ARC-Geschäftsführer Helmut Krünes habe in einem Schreiben aber Wohlwollen signalisiert.

"Trotz dieses Schreibens wird in den Folgewochen an einem neuen Dienstvertrag gearbeitet", sagte der Mandatar. "Keine zeitliche Einschränkung, eine faktische Unkündbarkeit für die ersten drei Jahre und mit Wirksamkeit für den 1. Oktober 2006 - dem Tag der Nationalratswahl", beschrieb Öllinger die Umstände in dem Vertrag. Vor der Wahl - der Grüne vermutete im September - gab es zudem ein Zeitungs-Inserat in NÖ mit dem Titel "Graf fix im Parlament".

Burschenschafter in Chefetage befördert
Fünf Tage nach der Nationalratswahl habe es ein Gespräch mit der neuen Geschäftsführung gegeben. Neben Erich Gornik saß nun Hans Rinnhofer, laut Öllinger wie Graf Mitglied der Burschenschaft Olympia, in der Chefetage. "Wem die Groteske dieser Situation nicht ins Auge springt, dem ist nicht zu helfen", meinte der grüne Sozialsprecher. Graf behaupte über dieses Gespräch, sein Bundesbruder Rinnhofer habe ihm wegen der politischen Tätigkeit die Entlassung ausgesprochen, und er habe arbeitsrechtliche Schritte eingeleitet. Öllinger bezweifelt dies, es gebe zudem keine Graf-Klage.

"Eine politische Tätigkeit ist absolut kein Entlassungsgrund", sagte Öllinger am Freitag. Das wäre eine "grob fahrlässige" Entlassung gewesen. Der Grüne vermutete, dass es Graf darum gegangen sei, mehr Geld für seine Abfindung herauszuschlagen. "Er sagt: 'Ich bin jeden einzelnen Euro wert'. Ich sehe das anders." Öllinger kündigte eine parlamentarische Anfrage an die zuständige Ministerin Doris Bures (SPÖ) "betreffend Martin Graf, der Spitzenmanager und Spitzenkandidat der FPÖ" an.

Graf wehrt sich und sieht "Erfolgsbilanz"
Graf selbst wies Öllingers Vorwürfe zurück und bekräftigte in seinem Blog (siehe Infobox) seine Sicht der Dinge. In seinem Zuständigkeitsbereich innerhalb des ARC-Konzerns, der Dienstleistungsgesellschaft ARC Business Service GmbH, sei es "zu massiven Einsparungen" gekommen. Er habe alle gesteckten Ziele "nicht nur erreicht, sondern bei weitem übertroffen". Graf: "Hätten meine Geschäftsführer- und Prokuristen-Kollegen im ARC alle so gearbeitet, gäbe es heute keine Rechnungshof-Kritik, sondern überschwängliches Lob."

Der jetzige Dritte Nationalratspräsident nannte seine Tätigkeit bei den ARC eine "Erfolgsbilanz" und führte als Beispiele an: eine "deutliche Reduktion der zentralen Verwaltungskosten pro Konzernmitarbeiter", "wesentlich effizienteren Einsatz der Mitarbeiter" sowie "Einsparungen von insgesamt 3,6 Millionen Euro in der ARC Business Service GmbH und noch einmal soviel im Gesamt-Konzern durch seine Vorschläge und Aktivitäten".

Graf sieht Entlassung aus politischen Gründen
Sein Rauswurf aus dem ARC habe daher nichts mit seinen Leistungen zu tun gehabt, so Graf. "Geschäftsführung und Aufsichtsrat der ARC haben keinen Hehl daraus gemacht, dass sie mich aus politischen Gründen loswerden wollen."

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