Razzia bei Meinl

Justiz nach Hausdurchsuchung “zufrieden”

Österreich
19.02.2009 13:22
Ein Aufsehen erregender Blitz-Einsatz der Polizei mit zahlreichen Hausdurchsuchungen in Bezug auf Julius Meinl V. und den Aktien-Skandal um das Börseunternehmen "Meinl European Land" ist am Mittwoch über die Bühne gegangen. Zeitgleich durchforsteten in der Früh rund 60 Beamte Villen und Büros des Unternehmers und seiner Vorstände in Wien, aber auch Anwesen im Ausland. Der 49-jährige Bankier steht unter Betrugs- und Untreueverdacht. Es geht um angeblich zu Unrecht von der Meinl-Bank in einem heftig kritisierten Geldkarussell erhaltene Millionen.

"Zufrieden" zeigt man sich am Tag nach der großangelegten Polizei-Razzia wegen Verdacht des Betruges bei Milliardär Julius Meinl V. von Seiten der Wiener Staatsanwaltschaft mit dem gefundenen Material. Die von den Kriminalbeamten sichergestellten Laptops und Datenträger werden nun durchforstet.

Laptops und Datenträger sichergestellt
Wie berichtet, hatten etwa 60 Ermittler stundenlang mehr als 10 Villen, Wohnungen und Büros des Milliardärs und drei seiner Vorstände im In- und Ausland durchsucht. Während die Bank von Julius Meinl V. die Justiz wegen einer "medienwirksamen, sachlich nicht nachvollziehbaren Aktion" heftig kritisiert, zeigt sich die Wiener Staatsanwaltschaft zufrieden. In den nächsten Wochen wird das sichergestellte Material - hauptsächlich Laptops und Datenträger - nun genauestens gesichtet. Weitere Aktionen soll es vorerst nicht geben.

Im Visier der Polizei-Razzia stand unter anderem die erst vor einem Jahr von Tresorknackern ausgeräumte Meinl-Privatvilla im noblen Grinzing. Aber auch Domizile in der Wiener Innenstadt sowie im benachbarten Bratislava. Zudem durchstöberten Ermittler die Computer sowie Akten der Privatbank. Die Wirtschafts- und EDV-Experten suchen nach Hinweisen auf die Geschäftsverbindungen zwischen dem Geldinstitut und Meinl European Land.

Während der stundenlangen Hausdurchsuchungen war auch Meinl-Anwalt Herbert Eichenseder vor Ort in der Bank: "Die Durchsuchung kam überraschend und ist für uns unverständlich. Von Beginn der Ermittlungen an wurden der Justiz alle geforderten Unterlagen übergeben, und das geschah auch heute so." Julius Meinl V. (im Bild erwischt von "Krone"-Fotograf Andi Schiel am Mittwochvormittag in Wien) sei "selbst an einer raschen Aufklärung interessiert und wird weiterhin wie bisher mit der Justiz kooperieren"...

Meinl V. seit Sommer 2007 unter Beschuss
Seit Sommer 2007 ziehen über der bekannten österreichischen Industriellen-Dynastie dunkle Gewitterwolken auf. Julius Meinl V. steht wegen des undurchsichtigen Firmengeflechts rund um seine Privatbank und der früheren Meinl European Land schwer unter Beschuss. Die MEL-Immobilienverwaltungsgesellschaft war im Vorjahr von einem israelischen Finanzkonsortium übernommen und auf "Atrium European Real Estate" umgetauft worden.

Tausende Kleinanleger - darunter auch Gemeinden - fühlen sich nicht zuletzt wegen des abgestürzten Kurses hinters Licht geführt und fordern Schadenersatz. Es geht aber auch um insgesamt 322 Millionen Euro, die die MEL an die Meinl-Bank überwiesen hat. Parallel zu zwei Musterklagen vor dem Handelsgericht ermittelt seit Monaten auch die Staatsanwaltschaft Wien. Und zwar wegen des Verdachts des Betruges bzw. der Untreue. Julius Meinl V. selbst bestreitet bisher alle Vorwürfe energisch.

Der MEL-Skandal
Die Meinl European Land wurde gegründet, um Handelsimmobilien in Osteuropa zu Einkaufszentren zu entwickeln. Die Idee kam von der Meinl Bank, das Geld von Anlegern, die sogenannte "Zertifikate" (Anteile) an MEL zeichnen konnten. Dass diese Gesellschaft ihren Sitz auf der Kanalinsel Jersey hatte, war nicht nur steuerlich von Vorteil, sondern entzog sie so manchen strengen Regeln, die für heimische Aktiengesellschaften gelten.

Seit Monaten wird nun untersucht, ob durch das Verschweigen von Rückkäufen, irreführende Werbung, Verschweigen der Gebühren- und Provisionsstruktur usw. Anleger geschädigt oder gar betrogen worden sind. Anfang Februar 2008 hat die Arbeiterkammer Klagen gegen die Meinl Bank bzw. den Finanzdienstleister Meinl Success eingebracht, weil MEL-Werbeprospekte angeblich irreführten und Risiken verschwiegen wurden. Im Sommer des Vorjahres hat die AK in der zweiten Instanz vor dem OLG Recht bekommen.

Die Staatsanwaltschaft Wien hat zuletzt im Herbst 2008 einen Gutachter bestellt, der klären soll, ob Julius Meinl V. und seine Manager strafrechtlich belangt werden können.

Von Gabriela Gödel und Christoph Budin, Kronen Zeitung, und krone.at

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