Regierungsklausur

Einigung bei Krankenkassen und Steuerreform

Österreich
10.02.2009 18:30
Die Regierung hat am Dienstag bei ihrer Arbeitsklausur in Sillian die Steuerreform und ein Paket zur Sanierung der Kassen fixiert. In der Steuerreform finden sich zwei Neuerungen: ein Zuckerl für Kirchenbeitragszahler und der Wegfall der Begünstigung von Aktienoptionen für Manager. Weniger großzügig als von Gesundheitsminister Alois Stöger vorgeschlagen zeigte sich die Regierung mit den maroden Krankenkassen. Diese bekommen im heurigen Jahr zur Sicherung der Liquidität zwischen 30 und 50 Millionen Euro. Ab 2010 werden aus einem mit 100 Millionen Euro dotierten Fonds weitere Mittel fließen, wenn die Kassen im Gegenzug ihre Ausgaben senken. Finanzminister Josef Pröll sprach von einer "Karotte", die man den Kassen hinhalte.

Gesundheitsminister Alois Stöger hat nun die Aufgabe, den Krankenkassenfonds bis Juni des Jahres auf die Beine zu stellen. Ab 2010 soll er jährlich mit 100 Millionen Euro gefüllt werden. Allerdings könne das "Geld nicht abgeholt werden ohne Zustimmung des Finanzministers, mit klaren Vorgaben und Kriterien", betonte Pröll. Die Kassen müssten "im Gegenzug auch kostendämpfende Strukturmaßnahmen und Vorschläge" vorlegen. Es mangle im Gesundheitswesen bisher an direkten Steuerungsmöglichkeiten, dies sei ein erster Schritt, meinte er.

Faymann: "Sparpotenziale heben"
Vizekanzler Pröll sprach von einem Anreizsystem zum Sparen und zur Selbstverbesserung der Struktur, "das wir anbieten, aber das klare Vorleistungen erzwingen wird". Der Fonds soll zwischen Gesundheits- und Finanzministerium so eingerichtet werden, dass Sparpotenziale "Zug um Zug, wie in einem Zahnrad, gehoben werden können", erklärte Bundeskanzler Werner Faymann. Er betonte auch, dass es sich dabei nicht um eine langfristige Gesundheitsfinanzierung handle. Gesundheitsminister Alois Stöger zeigte sich mit dem Kassenpaket zufrieden, rechnete aber auch "mit Irritationen" bei den Kassen. In Zeiten angespannter Wirtschaftslage sei es aber keine Selbstverständlichkeit, dass man 100 Millionen Euro in die Hand nehme. Ob das Geld ausreichen werde, könne man nicht sagen, denn das hänge auch von der wirtschaftlichen Entwicklung ab.

450 Millionen Euro als Überbrückungshilfe
Zusätzlich zu diesem Fonds und der heurigen Überbrückungshilfe soll es ab 2010 in drei Tranchen jene insgesamt 450 Millionen Euro für die Kassen geben, die sich die Bundesregierung schon länger vorgenommen hat, versicherte Faymann. Zudem verwies er auf die bereits in Kraft getretene Senkung der Mehrwertsteuer auf Medikamente, die den Kassen heuer weitere 100 Millionen Euro bringe. "Die kurzfristige Sicherung der Kassen wird niemals zur absoluten Zufriedenheit führen", so der Kanzler. "Im Gesundheitssystem kannst du immer viel mehr brauchen." Faymann kündigte die Einsetzung von Arbeitsgruppen für eine langfristige Sicherung des Gesundheitssystems für die nähere Zukunft an, wobei man auch auf Rechnungshofpräsident Josef Moser hören will.

Ärztekammer zurückhaltend positiv
Das Paket zur Sanierung der Krankenkassen ist auf teils verhaltenes Lob, teils scharfe Kritik gestoßen. "Verhalten positiv" fiel die Reaktion der Ärztekammer auf den Regierungsbeschluss aus: Das Paket sei ein erstes Zeichen dafür, "die Krankenkassen nicht total aushungern zu lassen", erklärte ÖÄK-Viezepräsident Artur Wechselberger. Kritik übte er daran, dass die "versicherungsfremden Leistungen" (wie etwa das Wochengeld oder Leistungen für Pensionisten) "bei weitem" nicht abgegolten würden. Durch diesen "schweren Systemfehler" gebe es keine Chance, dass die Krankenkassen aus dem finanziellen Dilemma finden, meinte er.

Lob von Wirtschaftskammer, ÖGB skeptisch
Unterschiedliche Bewertungen der Regierungsmaßnahmen kamen vonseiten der Wirtschaft und Arbeitnehmervertreter: Während Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl den geplanten Fonds als "wichtigen Schritt in die richtige Richtung" bezeichnete, äußerte AK-Präsident Herbert Tumpel Befürchtungen, dass den Kassen durch die ebenfalls geplante steuerliche Begünstigung von atypischen Dienstverhältnissen viel Geld entgehen werde. Skepsis kam auch vom ÖGB: Präsident Erich Foglar begrüßte zwar, "dass endlich Bewegung in das Thema Gesundheitssystem gekommen ist", befürchtet aber, dass die bisher bekanntgewordenen Pläne nicht genügen werden.

Kritik von Opposition und Arbeiterkammer
Wenig Freude mit dem Sanierungspaket hat die Opposition. Die FPÖ forderte eine "wirkliche Reform an Haupt und Gliedern", das Paket sei "nicht mehr als eine kurze Verschnaufpause für die maroden Krankenkassen". BZÖ-Chef Herbert Scheibner schlug vor, die Hälfte der Arbeiterkammer-Umlage für eine Strukturreform zu verwenden. Und der Grüne Gesundheitssprecher Kurt Grünewald sprach von einer "bewussten Irreführung" der Patienten, wenn man ihnen verspreche, es werde zu keinen neuen Belastungen oder Leistungseinschränkungen kommen.

Einigung bei der Steuerreform
Bei der Steuerreform haben SPÖ und ÖVP kurzfristig noch zwei Änderungen vorgenommen: Die Absetzbarkeit der Kirchensteuer wird von 100 auf 200 Euro angehoben, während die Begünstigung für Aktienoptionen für Manager (Stock Options) wegfällt. Beide Maßnahmen haben ein Volumen von rund 30 Millionen Euro und neutralisieren sich kostenmäßig. Das Gesamtvolumen der Steuerreform bleibt damit unverändert bei etwas über drei Mrd. Euro. Die heftig umstrittene Entlastung für Unternehmer und Freiberufler kommt wie von Finanzminister Josef Pröll geplant, die SPÖ, der die Kosten zu hoch waren, hat hier nachgegeben.

Mehr Geld für Familien mit Kindern
In Kraft tritt die Reform rückwirkend mit 1. Jänner 2009. Im April soll das Geld am Konto der Steuerzahler landen. Den größten Brocken (2,3 Milliarden Euro) macht dabei die Tarifreform aus, 510 Millionen Euro bekommen Familien mit Kindern über eine Anhebung der Kinderabsetzbeträge, die Einführung eines Kinderfreibetrags und das Absetzen von Kinderbetreuungskosten.

Bei letzterem hat es auf Wunsch der SPÖ eine kleine Änderung gegeben: Die Betreuung muss durch "pädagogisch qualifizierte" Personen erfolgen, im Pröll-Entwurf war nur von "pädagogisch vergleichbar tätigen Personen" die Rede. Über diese Qualifizierung bestimmt das ÖVP-geführte Finanzministerium mittels Erlass.

Faymann bei Gehaltsobergrenzen "zurückhaltend"
Zur Frage der Managergehälter meinte Faymann, wo der Staat mitbestimme, sei mit "höchster Sparsamkeit" vorzugehen. So könnten die Boni nicht dort zu einem fixen System werden, wo dies die Lage des jeweiligen Unternehmens nicht rechtfertige. In der Diskussion von Beschränkungen bei Managergehältern in der Privatwirtschaft sei er hingegen "zurückhaltend", so Faymann. Er sprach sich hier gegen ein "dirigistisches System quer durch die Wirtschaft" aus, ein solches "wäre maßlos übertrieben". Auch sei ein Katalog mit dirigistischen Maßnahmen "nicht durchschaubar und nicht handhabbar", so der Kanzler.

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