Kraftwerks-Projekte

EU zahlt eine Milliarde, um CO2 zu “vergraben”

Ausland
10.12.2009 15:36
Die EU-Kommission hat rund eine Milliarde Euro an Fördergeldern für sechs Großprojekte vergeben, mit denen bei der Stromerzeugung entstehendes Kohlendioxid wieder in der Erde "vergraben" werden soll. Die Technologie ist nicht unumstritten, noch im Entwicklungsstadium und hemmt zudem die ohnehin nicht sehr effektiven Kraftwerke. Das Geld fließt mehrheitlich an große Stromkonzerne.

Die Klimaschutz-Technologie, die die Kommission mit rund einem Viertel der Summe, die die Mitgliedsländer im Frühjahr in ihrem Konjunkturprogramm den Energieprojekten gewidmet haben, fördern will, nennt sich CSS ("Carbon Dioxide Capture and Storage"), also CO2-Abscheidung und -Speicherung. Die Mitgliedsstaaten müssen die Entscheidung aber erst absegnen und die Subventionen formal beschließen.

"Wir wollen zeigen, dass es uns mit der CCS-Technologie ernst ist", sagte der scheidende Energiekommissar Andris Piebalgs in Brüssel. "Wenn die Klimakonferenz von Kopenhagen ein Erfolg wird, wird die Weiterentwicklung von CCS umso schneller vonstatten gehen", glaubt der ehemalige Physik- und Mathematiklehrer und Ex-Finanzminister von Lettland.

"CO2-Bunker" in 800 Metern Tiefe
Unter CCS versteht man die Abscheidung von Kohlenstoffdioxid aus Verbrennungs-Abgasen sowie deren Einlagerung ("Sequestrierung"), in unterirdische Speicherstätten. Diese müssen laut derzeitigem Stand der Forschung tiefer als 800 Meter liegen. In der bisher am häufigsten in Versuchen erprobten Methode wird das CO2 in salzwasserhältige Sedimentschichten gepumpt, wo es in den Poren das Salzwasser verdrängt und durch eine darüberliegende Dichtschicht, die geologisch passen muss, in der Tiefe gehalten wird. Eine andere Variante sieht etwa vor, das CO2 in tiefgelegene Kohleflöze zu pumpen, wo es sich mit der Kohleschicht verbindet und nebenbei das dort vorhandene Methangas verdrängt, das dann als sauberer Energieträger gefördert werden könnte. Auch könnte etwa in Ölfeldern endgelagertes CO2 den Förderdruck erhöhen.

Bei sämtlichen Varianten sind aber Rechtslage (die Projekte berühren Bergbaugesetze, Müllablagerungsvorschriften usw.) und die Langzeitfolgen nicht klar. Kritiker warnen, dass große Endlager unter Umständen Erdstöße induzieren könnten. Bei der Variante mit dem verdrängten Salzwasser sei unbekannt, ob dieses dann nicht etwa ins Grundwasser gelangen könnte. Umweltschützer sagen, es gehe den Stromkonzernen bei CSS nur darum, ihre Kraftwerke aus dem fossilen Zeitalter länger in Betrieb halten zu können. Für Deutschland wurde laut Wikipedia errechnet, dass die Einlagerungskapazitäten bei 20 Milliarden Tonnen CO2 liegen würden. Das entspreche den deutschen Kraftwerksemissionen von 30 bis 60 Jahren.

CSS reduziert Kraftwerk-Effizienz um ein Viertel
Zusammengefasst: Aktuell ist der Stand der CCS-Technik alles andere als überzeugend. Piebalgs räumte auch ein, dass CCS einem Kraftwerk rund zehn Prozentpunkte seines Wirkungsgrads kostet. Zum Vergleich: Der durchschnittliche Wirkungsgrad der thermischen Kraftwerke in Österreich beträgt 41 Prozent und würde damit um ein Viertel sinken. Die Effizienzverluste eingerechnet beziffert die EU-Kommission die Gesamtkosten für die Einlagerung eine Tonne CO2 mit 60 bis 90 Euro. Zum Vergleich: An der EEX, der europäischen Energiebörse in Leipzig, werden Emissionszertifikate für eine Tonne mit 14 Euro gehandelt. Piebalgs schätzt, dass die Technologie frühestens 2020 ökonomisch gangbar sein wird.

Gefördert werden sollen übrigens nur Projekte großer Stromkonzerne, was die Optik nicht gerade verbessert: Vattenfall (Jaenschwalde; 180 Mio. Euro), Enel (Porto-Tolle; 100 Mio. Euro), E.ON (Rotterdam; 180 Mio. Euro), PGE (Belchatow; 180 Mio. Euro), Endesa (Compostilla; 180 Mio. Euro) und Powerfuel Power (Hatfield; 180 Mio. Euro). Laut Kommission beträgt der Förderungsgrad dieser Projekte 20 bis 30 Prozent des gesamten Investitionsvolumens.

565 Millionen Euro für Windkraftwerke
Aber zum Glück nicht nur in fossile Kraftwerke wird investiert: Neben den Kohlendioxid-Projekten gewährte die Kommission am Mittwoch für neun Offshore-Windkraftprojekte insgesamt 565 Millionen Euro.

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