Fund im Sudan zeigt:

Arteriosklerose gab es schon vor über 3.000 Jahren

Wissenschaft
09.04.2014 13:55
Wie ein internationales Wissenschaftlerteam, dem auch die Österreicherin Michaela Binder angehört, herausgefunden hat, litten Menschen schon vor über 3.000 Jahren an Arteriosklerose. An menschlichen Überresten, die sie im Sudan ausgegraben haben, fand es deutliche Hinweise auf verkalkte Arterien - vermutlich der frühesten Nachweis dieser vermeintlichen Zivilisationserkrankung an Skeletten.

Bereits im März haben Binder und ihre Kollegen in der Fachzeitschrift "PLOS One" über ein mehr als 3.200 Jahre altes männliches Skelett mit Krebs-Metastasen berichtet (siehe Infobox). Wie dieser im Alter von 25 bis 35 Jahren verstorbene Mann wurden auch die Skelette, an denen nun die Arterienverkalkung (weiß markiert) nachgewiesen wurde, im 750 Kilometer südlich der sudanesischen Hauptstadt Khartum gelegenen Amara ausgegraben. Verantwortlich dafür war ein Team des British Museum und der Durham University, wo Binder derzeit ihr Doktorat macht.

Doch keine Wohlstandserkrankung?
Bei der Arteriosklerose setzen sich verschiedene Ablagerungen an den Gefäßwänden ab. Das Ausmaß an Arterienverhärtungen gilt als Gradmesser für die Gefahr, etwa Herzinfarkte oder Schlaganfälle zu erleiden. Bisher wurde die Krankheit vor allem als Wohlstandserkrankung gesehen, die mit der Lebensweise in modernen Gesellschaften zusammenhängt. Es gab zwar bereits Hinweise auf Arteriosklerose bei Mumien. An Skeletten stand der Beleg allerdings noch aus, berichten die Forscher im Fachblatt "International Journal of Palaeopathology".

Die untersuchten Überreste stammen von Menschen, die ungefähr zwischen 1.300 und 800 vor Christus gelebt haben und zum Todeszeitpunkt zwischen 35 und 50 Jahre alt waren. Warum gerade anhand der Überreste aus genau dieser Grabung sowohl der früheste Beleg vor Krebs-Metastasen als auch für Arterienverkalkung gelang, sei noch nicht klar. "Ich glaube nicht, dass die Lebensbedingungen dort so viel schlechter waren als irgendwo anders", erklärt Binder.

Nachgewiesen hat die Forscherin die Krankheit anhand von kleinen verknöcherten Überbleibseln der Ablagerungen an mehreren Skeletten. Diese blieben ungefähr dort erhalten, wo sie sich beim Lebenden befunden hatten. Beim Ausgraben sei man besonders vorsichtig gewesen, um diese Rückstände nicht zu zerstören. Die Forscherin glaubt, dass so etwas in prähistorischen Skelettserien insgesamt öfter gefunden werden könnte. Kollegen hätten ihr auch bestätigt, bereits Ähnliches gesehen zu haben, ohne es allerdings zuordnen zu können.

Verbindung mit Zahnerkrankungen
Würde man mehrere einschlägige Belege finden, könnte "man auch sehr viel mehr über vergangene Lebensbedingungen und Krankheiten herausfinden", erklärte Binder. Der Nachweis in Mumien sei zwar wichtig gewesen, doch können die Wissenschaftler aufgrund ihrer Seltenheit wenig Aussagen über die Gesamtverbreitung solcher Krankheiten machen. Dazu komme, dass etwa im alten Ägypten meist Menschen aus höheren Gesellschaftsschichten mumifiziert wurden. Binder: "Diese Menschen in Amara waren ganz sicher Mitglieder einer einfachen Bauerngesellschaft."

Das lange vorherrschende Bild der Arteriosklerose als Wohlstandserkrankung gerate durch diese Funde ins Wanken. Ganz überraschend komme diese Erkenntnis allerdings auch nicht, da die Krankheit heute beispielsweise stark mit Zahnerkrankungen in Verbindung steht. "Die Leute damals hatten fürchterliche Zahnerkrankungen, und wenn es heute damit zusammenhängt, warum soll es damals anders gewesen sei?", fragt Binder. Sie rechnet damit, dass mit modernen Forschungsmethoden noch weit mehr über die Entstehung von angeblicher Zivilisationskrankheiten herausgefunden werden wird. Am Ende könnte die Erkenntnis stehen, dass "das nicht unbedingt Neuerscheinungen sind".

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