"Neuanfang"

VW-Chef Winterkorn tritt nach Dieselskandal zurück

Wirtschaft
23.09.2015 18:56
Martin Winterkorn zieht nun doch die Konsequenzen aus dem Diesel-Skandal und tritt als Vorstandschef von Europas größtem Autohersteller Volkswagen zurück. Das gab der Konzern am Mittwoch nach einer Krisensitzung des Aufsichtsrats in Wolfsburg bekannt.

Der Konzern war in den vergangenen Tagen sprichwörtlich mit Vollgas in den Graben gefahren. Das Image hat mehr als nur ein paar Lackkratzer abbekommen, der Aktienkurs stürzte zwischenzeitlich um rund 40 Prozent ab. Nun macht Winterkorn den Fahrersitz frei und überlässt das Steuer einem noch zu bestimmenden Nachfolger. Der Volkswagen-Konzern brauche "einen Neuanfang, auch personell". In Analystenkreisen wird der Schritt einmütig begrüßt.

Der 68-Jährige war durch den Abgas-Skandal in den USA schwer in Bedrängnis gekommen. Laut seiner Aussage wusste er nichts von den Manipulationen an der Software von Dieselmotoren, allerdings bleibt unklar, wie das möglich ist, da gerade Winterkorn grundsätzlich hautnah an der Autoentwicklung dran war und sich oft mehr einmischte, als es seinen Mitarbeitern lieb war. "Ich bin bestürzt über das, was in den vergangenen Tagen geschehen ist. Vor allem bin ich fassungslos, dass Verfehlungen dieser Tragweite im Volkswagen-Konzern möglich waren", heißt es in einer Erklärung Winterkorns.

Als Vorstandschef übernehme er die Verantwortung für die bekannt gewordenen Unregelmäßigkeiten. Er habe daher den Aufsichtsrat gebeten, mit ihm eine Vereinbarung zur Beendigung seiner Funktion als Vorstandsvorsitzender des Konzerns zu treffen. "Ich tue dies im Interesse des Unternehmens, obwohl ich mir keines Fehlverhaltes bewusst bin", erklärte Winterkorn.

VW drohen Miliarden-Strafen
In den USA drohen VW wegen der 482.000 dort zurückgerufenen Fahrzeuge allein von offizieller Seite Strafzahlungen von bis zu 18 Milliarden US-Dollar (16 Milliarden Euro), wobei man sich wohl außergerichtlich auf einen geringeren Betrag einigen wird. Eventuelle Klagen von Kunden oder Aktionären sind dabei noch nicht berücksichtigt. Bei internen Untersuchungen war zudem herausgekommen, dass weltweit bis zu elf Millionen Diesel-Autos von manipulierten Abgaswerten betroffen sein könnten. Allein für Rückrufe und weitere Schritte, um Vertrauen in die VW-Technik zurückzugewinnen, legt der Konzern rund 6,5 Milliarden Euro zur Seite und kappt seine Gewinnziele für 2015. Seit Bekanntwerden des Abgas-Skandals hat VW zeitweise bis zu 30 Milliarden Euro seines Börsenwerts eingebüßt.

Winterkorn war 2007 von der VW-Tochter Audi an die Konzernspitze in Wolfsburg gewechselt. Unter seiner Führung ist Europas größter Autohersteller in den vergangenen Jahren rasant gewachsen. Über seine Nachfolge will der Volkswagen-Aufsichtsrat nicht vor Freitag entscheiden, sagte dessen Vorsitzender Berthold Huber am Mittwoch in Wolfsburg.

Weitere personelle Konsequenzen möglich
Die Mitglieder des engeren Führungszirkels um Betriebsratschef Bernd Osterloh, Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil und Wolfgang Porsche als Sprecher der Familien Porsche und Piech erklärten, es sei in den nächsten Tagen mit weiteren personellen Konsequenzen zu rechnen. Die internen Untersuchungen liefen auf Hochtouren.

"Alle Beteiligten an diesen Vorgängen, die einen unermesslichen Schaden für Volkswagen angerichtet haben, werden mit aller Konsequenz belangt", hieß es in der Erklärung. Zudem soll ein Sonderausschuss eingerichtet werden, um die weitere Aufklärung voranzutreiben. Der Konzern stellte darüber hinaus Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft Braunschweig. Damit will man das durch die Abgasmanipulationen verlorene Vertrauen zurückgewinnen.

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