Sechs-Punkte-Plan

So will Merkel eine neue Asyl-Krise verhindern

Ausland
21.03.2018 16:55

Mit ungewöhnlich klaren Worten hat Bundeskanzlerin Angela Merkel in ihrer ersten Regierungserklärung nach der Wiederwahl den Zustand Deutschlands infolge der Flüchtlings- und der Euro-Krise beschrieben. Die beiden Entwicklungen hätten ihr Land „in beispielloser Weise gefordert“. Die Gesellschaft sei „gespalten“ und „polarisiert“. Nach dieser schonungslosen Analyse stellte die Regierungschefin einen Sechs-Punkte-Plan vor, mit dessen Umsetzung eine ähnliche „humanitäre Ausnahmesituation“ wie im Jahr 2015 vermieden werden soll.

  • EU-Türkei-Abkommen: Merkel weiß, dass es viele Gegner des Flüchtlingsabkommens gibt. Aber dieses sei noch immer besser, als dem Sterben in der Ägäis und den Taten der Schleppern tatenlos zuzusehen, so die Kanzlerin. Ein ähnliches Abkommen versuche ihre Regierung derzeit auch mit Libyen abzuschließen.
  • UNO-Hilfsprogramme: Das Welternährungsprogramm oder das Flüchtlingshochkommissariat benötigten mehr Kapital. Es dürfe nicht mehr zu einer Unterfinanzierung dieser und ähnlicher Hilfsprogramme kommen.
  • Bekämpfung der Fluchtursachen: Wie bereits vor ihr andere EU-Politiker betonte auch Merkel, dass man die Flüchtlingskrise nur dann lösen könne, wenn man die Fluchtursachen vor Ort bekämpfe. In diesem Zusammenhang verurteilte die CDU-Politikerin sowohl das türkische Vorgehen in der syrischen Region Afrin als auch die Luftangriffe in der Region Ost-Ghouta durch das syrische Regime von Präsident Bashar al-Assad. Dabei wurde auch Russland, das die syrische Armee unterstützt, erwähnt. Merkel betonte zugleich, dass die EU trotz der Streitpunkte weitere drei Milliarden Euro bereitstellen werde, um vornehmlich syrischen Bürgerkriegsflüchtlingen in türkischen Aufnahmelagern zu helfen.
  • Schutz der EU-Außengrenzen: Zur Reisefreizügigkeit der EU gehören für Merkel auch sichere EU-Außengrenzen. Die Gründung einer gemeinsamen Grenzsicherungsagentur sei dafür wichtig, genauso ein Ein- und Ausreiseregister für den Schengenraum. „Wir brauchen eine solche Kontrolle, denn wir mussten erleben, dass unter den so vielen friedlichen und unbescholtenen Flüchtlingen auch islamistische Terroristen waren“, sagte Merkel am Mittwoch.
  • Schutz nur für Berechtigte: Zwar werde Deutschland auch in Zukunft Menschen, die sich in einer humanitären oder politischen Notlage befinden, helfen und diese als Flüchtlinge aufnehmen. Das bedeute aber auch, dass Menschen, die keinen Anspruch auf Schutz hätten, das Land verlassen müssten. Der Fokus soll auf freiwilliger Rückkehr liegen, aber notfalls müssten auch staatlich angeordnete Rückführungen erfolgen. An einem europaweiten Asylsystem werde derzeit „mit Hochdruck“ gearbeitet, betonte Merkel.
  • Integration: Mit der Aufnahme der Schutzberechtigten beginnt für Merkel gleichzeitig die Integration der Neuankömmlinge. Dazu gehörten vor allem das Erlernen der deutschen Sprache und die Chance auf einen Ausbildungsplatz. Hier versprach die Regierungschefin den Bundesländern finanzielle Unterstützung.

„Islam ist ein Teil Deutschlands“
Merkel ging auch auf die aktuelle Debatte über den Islam in Deutschland ein. „Es steht völlig außer Frage, dass die historische Prägung unseres Landes christlich und jüdisch ist“, sagte die Kanzlerin. Richtig sei aber auch, dass die Religion der 4,5 Millionen Muslime hierzulande „inzwischen ein Teil Deutschlands geworden ist“. Der neue Innenminister Horst Seehofer (CSU) hatte in der vergangenen Woche gesagt, der Islam gehöre nicht zu Deutschland. Damit stieß er eine erneute Diskussion um den Islam an und handelte sich den Vorwurf ein, mit solchen Aussagen die Gesellschaft zu spalten.

Merkel erntet Lob von AfD
Lob gab es für Merkels Regierungserklärung von überraschender Seite: AfD-Chef Alexander Gauland hätte sich zwar „ein bisschen mehr Pathos oder Tiefgang“ gewünscht, zeigte sich aber erfreut, dass Merkel „das erste Mal wieder von Deutschen“ gesprochen habe. Das sei ein Erfolg der AfD, so Gauland. Allerdings kritisierte der Fraktionsvorsitzende der rechtspopulistischen Partei neuerlich Merkels Flüchtlingspolitik, die Europa spalte. Außerdem tue die Kanzlerin nichts für die Kontrolle der Zuwanderung. „Die Masseneinwanderung geht ungebremst weiter, alleine der Zufall und die Wetterkonditionen auf dem Mittelmeer entscheiden über die Zahl der Neuankömmlinge“, sagte Gauland. Die AfD ist derzeit die größte Oppositionspartei im Bundestag.

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