Immigranten-Anreiz

EU wünscht sich “Blue Card”

Ausland
23.10.2007 19:14
Die EU-Kommission will hoch qualifizierten Arbeitskräften die Zuwanderung nach Europa erleichtern. Dazu hat Justizkommissar Franco Frattini am Dienstag eine „Blue Card“ nach amerikanischem Vorbild („Green Card“) und ein Schnellverfahren für Schlüsselarbeitskräfte vorgeschlagen. „Europa ist ein Immigrationskontinent“, betonte Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso angesichts der Überalterung des Kontinents. In Österreich stoßen die Pläne auf Skepsis. Die 27 EU-Länder müssen dem Entwurf noch zustimmen.

Kernpunkt des Kommissions-Vorschlags: Qualifizierte Arbeitskräfte sollen künftig eine „Blue Card“ erhalten, die wie die amerikanische Green Card als Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigung gilt. Anders als das US-Vorbild wird das europäische Pendant aber nicht für den ganzen Kontinent gelten, sondern nur für jeweils ein EU-Land. Grund: Zuwanderung ist Sache der Mitgliedsländer und die wollen diese Kompetenz nicht nach Brüssel abgeben.

Daher sollen laut dem Frattini-Vorschlag auch die Mitgliedsländer entscheiden, an welche Zuwanderer die „Blue Card“ vergeben wird - das aber im Schnellverfahren bis maximal 90 Tage nach Antragstellung. Grundvoraussetzung: Ein Arbeitsvertrag für mindestens ein Jahr und ein Gehalt in Höhe des dreifachen Mindestlohnes im jeweiligen EU-Land. Gelten soll die Karte für mindestens zwei Jahre. Nach Ablauf der Frist ist ein Bleiberecht für weitere drei Monate zur Arbeitssuche vorgesehen. Wer in dieser Zeit einen neuen Arbeitsvertrag vorweisen kann, soll dann auch in anderen EU-Ländern arbeiten dürfen.

Blue-Card-Inhaber stehen auf einer Ebende mit EU-Bürgern
Weitere Vorteile für Blue Card-Inhaber: Nach sechs Monaten können sie ihre Familie in die EU nachholen. Außerdem sollen alle ausländischen Arbeitskräfte im sozial- und arbeitsrechtlichen Bereich EU-Bürgern gleichgestellt werden. Dies bezieht sich sowohl auf Arbeitsbedingungen (Bezahlung, Arbeitsrecht) als auch auf Weiterbildung, die Anerkennung von Qualifikationen sowie auf die Sozialversicherung und den Zugang zu Gütern und Dienstleistungen (z.B. Wohnbau).

Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso verteidigte den Vorschlag gegen Kritik aus Österreich und Deutschland. „Europa ist ein Immigrationskontinent“, sagte Barroso in Straßburg und verwies auf die Überalterung des Kontinents. Frattini verwies aber auf die mangelnde Attraktivität Europas für qualifizierte Zuwanderer. Demnach sind in der EU nur 0,9 Prozent Arbeitskräfte hoch qualifizierte Ausländer. In Australien sind es dagegen 9,9 Prozent, in Kanada 7,3 und in den USA 3,5 Prozent. „Das zeigt dass die Attraktivität Europas nur begrenzt ist“, so Frattini.

Großteils Skepsis unter Österreichs Politikern
In Österreich stößt der Vorschlag auf Ablehnung: SPÖ-Sozialminister Erwin Buchinger sieht die Kontrolle über den österreichischen Arbeitsmarkt gefährdet und ist „skeptisch“. ÖVP-Arbeits-Staatssekretärin Christine Marek will zuerst die stufenweise Öffnung des Arbeitsmarktes für die osteuropäischen EU-Länder über die Bühne bringen und nicht „den zweiten Schritt vor dem ersten setzen“. Auch die deutsche Regierung hatte den Vorschlag zuletzt abgelehnt.

Zustimmung kommt lediglich von den roten und schwarzen EU-Abgeordneten. „Wir brauchen geordnete, europaweite Regeln“, sagte der Leiter der ÖVP-Delegation, Othmar Karas. Und seine SP-Kollegin Karin Scheele begrüßt die Pläne als eine Möglichkeit  „Beschäftigung in der EU viel attraktiver zu machen. Klar abgelehnt wird der Vorstoß dagegen von FP-Mandatar Andreas Mölzer und vom BZÖ.

Auch ÖGB-Präsident Rudolf Hundstorfer (SPÖ) fordert die Konzentration auf Aus- und Weiterbildung heimischer Arbeitskräfte und warnt vor Lohndumping. Lediglich dem stellvertretenden Wirtschaftskammer-Generalsekretär Reinhold Mitterlehner (ÖVP) gehen die Pläne nicht weit genug: „Wir haben raschen Handlungsbedarf, sonst geht es uns wie bei den Fachkräften aus den neuen EU-Mitgliedsstaaten: die besten sind meist schon weg.“

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