Messungen ungenau

Wie fein ist der Feinstaub wirklich?

Steiermark
09.02.2017 09:43

Nach Wochen massiver Grenzwert-Überschreitungen brachten die letzten Tage etwas Entspannung beim Feinstaub; heute kratzen die Werte schon wieder an der bedenklichen Zone. Doch wird in den Messungen zu viel in einen Topf geworfen, ohne Rücksicht auf die tatsächliche Gesundheitsgefährdung, erklärt der Grazer Umweltamts-Leiter Werner Prutsch. Noch fataler: Die Konzentration des gefährlichen Stickstoffdioxid (NO2) liegt dauernd außerhalb der Toleranz.

Der Dreck, den wir sehen, ist nicht das Problem. "Feinstaub sieht man nicht", so Werner Prutsch, studierter Chemiker und Mikrobiologe. "Was man wahrnimmt, ist aufgewirbelter Staub. Der ist eher ungefährlich." Das Wort "Feinstaub" hingegen bezeichnet in der Fachwelt Partikel, die kleiner als 10 Mikrometer sind, das heißt kleiner als einen hundertstel Millimeter. Zum Vergleich: Ein Haar ist etwa 70 Mikrometer dick.

Prutsch sagt: "Je kleiner die Teile, desto gesundheitsrelevanter." Ultrafeine Partikel mit einem Durchmesser von 0,1 Mikrometern (ein zehntausendstel Millimeter) gelangen durch die Lunge ins Blut - und somit überall hin im Körper. Sie verursachen Herzinfarkte, Schlaganfälle oder Lungenkrebs. Das Problem dabei: Eine Million Nanopartikel sind so schwer wie ein einziges größeres Feinstaubkorn, das mit dem selben Apparat gemessen wird. Prutsch: "Das Gewicht zu messen, ist nicht genug. Wichtig wäre die Anzahl der Teilchen."

4.000.000 Autokilometer in Graz pro Tag
Und dann ist da noch das Stickstoffdioxid (NO2), ein gasförmiger Verbrennungsrückstand, doppelt so gefährlich wie Feinstaub. Gut 70 Prozent kommen aus dem Diesel-Auspuff, weshalb auch der Hunderter auf der A2 südlich von Graz gilt. Aber Prutsch weiß, dass das nicht reichen wird: "In Graz werden pro Tag vier Millionen Kilometer mit dem Auto gefahren, mehr als die zehnfache Distanz zum Mond. Wir müssen einfach die Fahrleistung reduzieren."

Nun, ein guter Schritt wurde gesetzt: Im Februar gelten die Stundenkarten der öffentlichen Verkehrsmittel als Tageskarten. Die Steirer sollen vom Auto auf Bus und Bim umsteigen. Langfristig wird man sich noch mehr überlegen müssen. Prutsch: "Wie wir den Autoverkehr reduzieren, ist Sache der Politiker. Sie müssen Lösungen anbieten, die ihre Wähler gutheißen."

Von Rauchern und Höhlenmenschen
Übrigens: Für eine Gruppe der Bevölkerung sind die Feinstaubwerte fast vernachlässigbar, so Prutsch: "In Räumen, wo geraucht wird, ist die Belastung zigfach höher als der Grenzwert im Freien." Alles also relativ? Wohl kaum. Die seltsame Ausrede, dass Feinstaub eben unvermeidlich sei, will Prutsch nicht gelten lassen. "Manche sagen, das sei ganz normal, schon die Höhenmenschen seien am Feuer gesessen. Ich sage dann immer: Die Höhlenmenschen sind auch nur 25 Jahre alt geworden."

Matthias Wagner, Kronen Zeitung

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