Talk mit "Krone"/ORF

Hofer: Diese Regierung begeht “Suizid mit Anlauf”

Österreich
10.04.2016 13:04

Die "Krone" am Küniglberg: Am Sonntag fühlte Klaus Herrmann, Geschäftsführender Chefredakteur der Kronen Zeitung, dem FPÖ-Bundespräsidentschaftskandidaten Norbert Hofer auf den Zahn. Hofer erklärte unter anderem, dass die Bundesregierung derzeit hinsichtlich Asylpolitik und plötzlicher Personalrochaden "Suizid mit Anlauf" begehe (Video oben). Zuvor hatte sich noch Alexander Van der Bellen den Fragen von "Standard" und ORF gestellt.

"Wissen Sie, was auf Amtsanmaßung steht?"
Norbert Hofer wurde gleich zu Beginn von ORF-Moderatorin Patricia Pawlicki scharf attackiert - sein aktuelles Wahlplakat grenze an "Amtsanmaßung". "Wissen Sie, was darauf steht?", wollte die ORF-Interviewerin wissen. Hofer wies die Anschuldigung zurück und befand das Plakat, auf dem er sich bereits als Bundespräsident bezeichnet, für rechtlich in Ordnung. "Ich kann ja nicht Hustinettenbär hinschreiben."

Auch bezüglich seiner Burschenschafter-Mitgliedschaft musste sich Hofer verteidigen - ein Austritt komme für ihn aber nicht infrage. Seine Ausdrucksweise im Wahlkampf ("Nichts und niemand kann uns aufhalten" oder die Titulierung Van der Bellens als "faschistischer grüner Diktator") verteidigte er ebenfalls. "Ich sage die Dinge so, wie sie sind, weil die Menschen vom Politsprech wirklich die Nase vollhaben." Und: "Den Kuschelfaktor habe ich nur zu Hause."

"Wenn die Türkei beitritt, sollte Österreich austreten"
Von "Krone"-Chef Klaus Herrmann auf die Verhandlungen mit der Türkei angesprochen, bestätigte Hofer, dass er im Falle eines EU-Beitrittes des Landes dafür sorgen wolle, dass Österreich aus der EU austrete. Die Türkei entwickle sich unter Staatschef Recep Tayyip Erdogan zurück und sei "brandgefährlich". Den aktuellen Deal der Union mit der Türkei bezeichnete Hofer als "fatal". Auch das Schließen der Balkanroute für Flüchtlinge bringe lediglich eine vorübergehende Atempause. Die Lösung liegt für Hofer in der Grenzsicherung.

"Was die Regierung macht, ist Suizid mit Anlauf"
"Was können Sie als Bundespräsident in der Asylkrise ausrichten?", wollte Klaus Herrmann wissen. Hofer war sich sicher: "Allein die Tatsache, dass ich gewählt werde, würde zu starken Veränderungen in der Linie der Bundesregierung führen." Schon jetzt wirke sich die FPÖ-Politik auf die Bundesregierung aus - ein blauer Bundespräsident würde diesen Effekt noch verstärken, so Hofer. Weiters würde auch der Zuspruch der Bevölkerung für das Amt des Präsidenten wieder steigen.

Was die Bundesregierung derzeit tue, gleiche einem "Suizid mit Anlauf": "Da gibt's den Parteitag in Wien, wo die SPÖ streitet", außerdem komme es in der ÖVP plötzlich vor einer Wahl zu einem Wechsel. Sollten die Kandidaten der Großparteien nicht in die Stichwahl kommen - oder es nur einer schaffen -, "ist die Koalition Geschichte".

"Ja, ich habe eine Waffe"
Er besitze eine Glock-Pistole, die er auch manchmal bei sich geführt habe, sagte Hofer schließlich im "persönlichen" Teil des Doppelinterviews. "Ich schieße gerne, auch mit Pfeil und Bogen oder dem Luftdruckgewehr." Das sei ein schöner, entspannender Sport, führte der Präsidentschaftskandidat aus. Es gebe leider sehr viele Verrückte auf der Welt - jetzt brauche er aber keine Waffe mehr mitzunehmen, der Personenschutz reiche aus.

Van der Bellen: "Strache nicht angeloben"
Alexander Van der Bellen hatte zuvor im Gespräch mit Alexandra Föderl-Schmid vom "Standard" und ORF-Mann Thomas Langpaul erneut erklärt, dass er eine "Strache-Regierung" nicht angeloben würde. Grund dafür sei vor allem die undiplomatische Europapolitik der Freiheitlichen. "Selbst wenn die FPÖ ein Drittel der Mandate hat, heißt das noch immer, dass die anderen Parteien zwei Drittel haben." Eine absolute Mehrheit der FPÖ bei der nächsten Nationalratswahl schloss Van der Bellen aus.

Über die jüngste Rochade in der ÖVP gab sich der in den meisten Umfragen vorne liegende Hofburg-Anwärter nicht überrascht - so etwas sei in der heimischen Parteipolitik nichts Ungewöhnliches. Beim Freihandelsabkommen TTIP gestand Van der Bellen, seine Meinung geändert zu haben. Er sei als Ökonom für Freihandel, habe bei TTIP aber die Fragen zu Gentechnik und Biolandwirtschaft anfangs nicht im Auge gehabt.

"Asylpaket beschneidet Grundrechte"
Das Paket zur Verschärfung der Asylgesetzgebung, das von der Regierung derzeit im Eiltempo durchgezogen wird, sieht Van der Bellen "extrem kritisch" - die Regierung könne dadurch von sich aus voreilig einen Notstand erklären. Er selbst bezweifelt, dass es in Österreich einen solchen Notstand gibt - oder auch bald geben könnte.

Gesetze müssten grundsätzlich strenger kontrolliert, Grundrechte dürften nicht beschnitten werden. "Die Bundesregierung kann nicht einfach schalten und walten wie sie will", sagte Van der Bellen. Auch eine etwaige "Schließung" der Grenze am Brenner sei ein völlig falsches Signal - man solle sich einmal anhören, wie man in Südtirol darüber denke.

"Überparteilich und unabhängig"
Fragen dazu, wie er selbst die Asylpolitik gestalten würde, wich Van der Bellen aus. "Der Bundespräsident ist nicht der Ersatz-Innenminister." Der Hofburg-Kandidat, langjähriger Parteichef der Grünen, betonte einmal mehr: Der Bundespräsident habe überparteilich zu agieren und unabhängig zu sein.

Van der Bellen nahm bezüglich Asylpolitik vor allem die anderen EU-Mitgliedsstaaten in die Verantwortung - diese müssten "sich endlich am Riemen reißen". Ein Grundproblem der EU sei die "Überbetonung des Rates". Angesicht der aktuellen Beschlussunfähigkeit drohe "das Gebilde der Europäischen Union zu zerbröseln", mahnte Van der Bellen. Und dann habe "unser Freund in Moskau ein leichtes Spiel".

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