Fotos veröffentlicht

Erschossener Teenager soll Überfall begangen haben

Ausland
16.08.2014 11:15
Knapp eine Woche nach den tödlichen Schüssen auf den schwarzen Teenager Michael Brown in der US-Stadt Ferguson hat die Polizei nicht nur den Namen des weißen Schützen, sondern auch Bilder einer Überwachungskamera veröffentlicht. Die Aufnahmen sollen den Ladendiebstahl sowie das "handgreifliche Verhalten" des Teenagers beweisen, heißt es. Die Zeugenaussagen zu den tödlichen Schüssen sind allerdings widersprüchlich.

Auf den Aufnahmen der Überwachungskamera ist zu erkennen, wie ein großer, dunkelhäutiger Mann in einem weißen T-Shirt mit einem schmalen, deutlich kleineren Mann aneinandergerät. Es soll sich dabei um Michael Brown handeln, der einen Verkäufer am Kragen packt. Brown hatte Polizeichef Thomas Jackson zufolge zusammen mit einem Freund versucht, in dem kleinen Gemischtwarengeschäft mehrere Päckchen Zigarillos im Wert von 49 Dollar (rund 37 Euro) zu stehlen.

Einer Zeugin zufolge forderte der Mitarbeiter Brown auf, die Tabakwaren zu bezahlen. Als der Teenager jedoch Anstalten machte, den Shop zu verlassen, habe der Verkäufer sich in die Tür gestellt. "Daraufhin packte Brown ihn am Hemd und schubste ihn mit Gewalt rückwärts in einen Warenständer", zitiert die "Washington Post" aus einem Polizeibericht. Der Mann in dem Video trägt T-Shirt, Khaki-Shorts und Sandalen, die gleiche Kleidung, die Brown trug.

Schilderungen zu Tathergang widersprüchlich
Was danach passiert, ist allerdings noch unklar. Der Beamte Darren Wilson, der Brown später erschoss, soll dem Bericht zufolge bereits wegen eines anderen Notrufs in der Gegend gewesen sein und nur durch Zufall auf den Alarm des Verkäufers aufmerksam geworden sein. Er habe anschließend eine Beschreibung des möglichen Verdächtigen bekommen und Brown schließlich auf dem Canfield Drive in Ferguson entdeckt, heißt es.

Wie es anschließend zu den umstrittenen Todesschüssen kam, vor denen Brown Wilson in sein Dienstfahrzeug gedrängt haben soll, erläuterte der Polizeichef nicht. Die "Washington Post" berichtet unter Berufung auf Polizeikreise, dass es im Wagen des Polizisten zu einem Handgemenge gekommen sei. Anschließend seien erste Schüsse gefallen. Das FBI und auch die Polizei ermitteln derzeit. Polizeichef Jackson hatte am Freitag erklärt, der erste Kontakt zwischen Wilson und Brown habe "nicht mit dem Diebstahl" zusammengehangen. Vielmehr habe der Polizist Brown angehalten, "weil er auf der Straße lief und den Verkehr aufhielt. Das war's".

Dorian Johnson, der gemeinsam mit Brown zum Zeitpunkt der tödlichen Schüsse unterwegs war, hatte dagegen einen anderen Tathergang geschildert: Brown sei auf dem Weg zu seiner Großmutter gewesen. Als auf ihn geschossen worden sei, habe er die Hände in die Höhe gehalten. Brown sei unbewaffnet gewesen und habe auch nicht versucht, nach der Waffe des Polizisten zu greifen, so Dorian.

"Sie versuchen, seinen Charakter zu töten"
Der Anwalt der Familie Brown kritisierte die Informationspolitik der Polizei. Die Mitteilung habe die Eltern des Toten unvorbereitet getroffen, sie seien erzürnt. Der Jurist sprach von einer Verschleierungstaktik. Man bemühe sich, den Toten schlecht zu machen. "Es ist schlimm genug, dass sie ihn getötet haben. Und nun versuchen sie, auch noch seinen Charakter zu töten."

Browns Eltern warfen der Polizei vor, ihren Sohn, der keine kriminelle Vergangenheit habe, in ein schlechtes Licht zu rücken. Keine der vorgelegten Fakten könne "die hinrichtungsartige Tötung ihres Kindes durch einen Polizisten rechtfertigen, während er die Hände hoch hielt, was weltweit das Zeichen des Sich-Ergebens ist", erklärte der Anwalt der Familie.

Die Bewohner der Kleinstadt im US-Staat Missouri hatten in der Nacht zum Freitag erneut protestiert und eine umfassende Aufklärung des Falls gefordert. Laut Berichten von US-Medien blieb es dabei friedlich, nachdem es in den Nächten zuvor teilweise zu Zusammenstößen mit der Polizei gekommen war. In zahlreichen anderen Städten der USA gingen die Menschen ebenfalls auf die Straße, um dem getöteten Michael Brown ihre Solidarität zu zeigen und sich gegen Polizeigewalt zu wenden, darunter in New York, Detroit, Chicago, Orlando und Los Angeles.

Schweigeminute auf Twitter
Zum gemeinsamen Erkennungszeichen wurden die erhobenen Hände der Demonstranten, die darauf anspielten, dass auch der erschossene Brown die Hände vor seinem Tod gehoben haben soll. Auf Twitter machte ein Foto der Howard-Universität in Washington die Runde, auf der Hunderte Studenten mit erhobenen Händen zu sehen sind. Unter dem Hashtag #NMOS14 wurde auf Twitter zu einer landesweiten Schweigeminute aufgerufen.

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