Diktatoren-Sandkiste

So schön kann Regieren sein: “Tropico 5” im Test

Spiele
21.06.2014 09:00
Mit der Aufbauspiel-Reihe "Tropico" hat PopTop Software 2001 so etwas wie den bösen Zwilling der "Anno"-Serie erschaffen. Statt brave Bürger auf neu besiedelten Inseln seriösen Arbeiten nachgehen zu lassen und ein florierendes mittelalterliches Städtchen zu bauen, erschafft der Spieler in "Tropico" eine Bananenrepublik – mit sich selbst als "El Presidente". Kalypso Media führt dieses Spielprinzip mit "Tropico 5" nun in die nächste Runde. Und krone.at hat ausprobiert, ob die Erschaffung eines sozialistischen Paradieses immer noch so fesselt wie im sehr guten ersten Teil.

In "Tropico 5" übernimmt der Spieler die Kontrolle über eine Diktatorendynastie, die – wenn die Bevölkerung des regierten Eilands mitspielt – von der Kolonialzeit über die Weltkriege und den kalten Krieg bis in die Moderne, mit wechselnder Besetzung die Geschicke eines Inselparadieses lenkt. Muss man sich anfangs noch mit der Monarchie herumschlagen und darum bangen, weiter regieren zu dürfen, hat man spätestens nach der ersten gelungenen Revolution die Zügel fest in der Hand und führt die eigene Insel in eine glorreiche sozialistische Zukunft.

Zumindest, wenn man Wirtschaft und Politik geschickt steuert und dabei auch ein wenig auf die Zufriedenheit der eigenen Bevölkerung achtet. Sind die Bewohner des eigenen Diktatorenparadieses nämlich unzufrieden, steigen sie schnell auf die Barrikaden – und nötigen den Spieler, statt des gutherzigen Diktators, der er eigentlich sein wollte, den eisernen Despoten zu mimen.

Im Kern eine Aufbausimulation
So ernst die Diktatoren-Thematik eigentlich ist, so unterhaltsam wird sie in "Tropico 5" rübergebracht. Das fängt bei der Vertonung mit spanischem Diktatoren-Akzent an und setzt sich bei den unterhaltsamen Anliegen und Aufgaben, die einem die Inselbewohner vorlegen, konsequent fort. Im Kern spielt sich "Tropico 5" dabei als klassische Aufbausimulation mit zynisch-satirischen Elementen.

Der Spieler baut Straßen, Plantagen, Fabriken und Wohnviertel. Er sorgt für einen steten Warenfluss und ausreichend Rohstoffexporte, um den Ausbau seines Paradieses zu finanzieren. Und nebenbei achtet er darauf, die Bewohner mit ausreichend Freizeiteinrichtungen wie Kirchen oder Wirtshäusern bei Laune zu halten. Wer mag, kann auch Touristen auf sein Eiland locken. All das gelang im Test durch den standardmäßig eher niedrig gehaltenen Schwierigkeitsgrad ohne größere Probleme und sei ausdrücklich auch Einsteigern ans Herz gelegt. Wer mag, kann die Schwierigkeit freilich auch erhöhen.

Politisches Geschick ist gefragt
Herausfordernd ist "Tropico 5" aber ohnedies nicht nur durch seine Aufbau-Komponente, sondern vor allem auch durch die politische Bühne, auf der sich die Diktatorendynastie des Spielers bewegt. Ständig gilt es, penibel auf die Unterstützung der Bevölkerung zu achten und es sich diplomatisch nicht mit dem Ausland zu verscherzen.

Immer wieder treten Bewohner des Inselparadieses an ihren "El Presidente" heran, und fordern bestimmte Reformen. Diesen Forderungen sollte man Gehör schenken, falls man es vermeiden möchte, einen Umsturz zu erleben. Nachgeben und sich an größerer Unterstützung in der Bevölkerung erfreuen, oder etwaige Unruhen kurzerhand niederschlagen – mit dieser Frage ist man im Spielverlauf immer wieder konfrontiert.

Schlagkräftiges Militär lohnt sich - nicht nur wegen Rebellen
Dass es sich lohnt, eine schlagkräftige Armee zu unterhalten, um sich im Zweifelsfall gegen Invasoren verteidigen zu können, spricht für das Regieren mit harter Hand. Wer diesen Stil wählt, kann politische Gegner auch gleich diskreditieren oder verschwinden lassen, sollte sich aber nicht wundern, wenn sich im Verborgenen Rebellentruppen formieren. Friedlicher, aber nicht weniger fordernd ist es da schon, die Wünsche verschiedener Bevölkerungsgruppen – Kapitalisten, Revolutionäre, Umweltschützer – unter einen Hut zu bringen und die Gruppen für die gelegentlich stattfindenden Wahlen auf die eigene Seite zu ziehen, statt ihre Kandidaten verschwinden zu lassen.

Neben dem wirtschaftlichen und politischen Alltagsgeschäft obliegt es dem Spieler auch, zahlreiche von den Bewohnern vergebene Aufträge zu erfüllen. Mal soll eine bestimmte Menge einer Ware produziert und exportiert werden, mal fordert das Volk den Bau eines bestimmten Gebäudes. Kommt man den Bitten nach, erhält man teils stattliche Belohnungen, mit denen man den Staatshaushalt aufbessern darf.

Hübsche Südsee-Optik und geschäftiges Treiben
Optisch erfreut "Tropico 5" den Spieler in jedem Fall mit sehr hübschen und detailreichen Tropeninseln, die bis ins Detail erforscht werden können und ausgesprochen farbenfroh daherkommen. Die Gebäude sind mit viel Liebe zum Detail designt und auch die einzelnen Bewohner sind beim Hineinzoomen noch ansehnlich und gut bei ihrem Tagwerk zu beobachten. Sich auf Knopfdruck einem Bewohner an die Fersen zu heften, ist möglich – und höchst unterhaltsam, gehen die einzelnen Bürger doch alle einem eigenen Tagesablauf nach und verfügen sogar über ihre ganz eigene Meinung zur Politik.

Auch wenn hie und da – etwa, wenn Bürger durch Wände gehen – kleinere Fehler das Gesamtbild trüben, kam beim Testen durch die hübschen 3D-Inseln doch immer wieder Urlaubs-Feeling auf. Selbst dann, wenn wir nur unseren Plantagenarbeitern bloß vom Strand aus beim Schuften zusahen. Die Inseln, die man im Spiel besiedeln darf, sind zum Teil vorgefertigt, zusätzlich gibt es aber auch einen Zufallsgenerator für neue Karten. Schade: Die einzelnen Inseln sind relativ schnell zugebaut, die vom Spieler erschaffenen sozialistischen Paradiese bleiben so meist überschaubar.

Stimmiger Soundtrack, erstmals Multiplayer-Modus
Als gelungen kann man die Vertonung von "Tropico 5" bezeichnen. Der Soundtrack passt ins Südsee-Setting wie die Faust aufs Auge und auch die Umgebungsgeräusche sind gut getroffen und tragen zum stimmigen Gesamteindruck bei. Die Vertonung der einzelnen Charaktere und Gesprächspartner mit ihrem immer wieder deutlich hörbaren spanischen Akzent mag manche Spieler mit der Zeit nerven, trug im Test alles in allem aber zum Diktatoren-Feeling bei. Besonders unseren Berater mit seinem schwarzen Humor haben wir ins Herz geschlossen.

Die Steuerung ist intuitiv und stellt all jene, die schon einmal ein Aufbauspiel am PC gespielt haben, vor keine unlösbaren Probleme. Das Spiel bietet in der Übersichts-Ansicht die wichtigsten Infos zu Wirtschaft, Bevölkerung und Politik auf einen Blick. Und will man genauere Informationen über den Zustand einer Fabrik, einer Plantage oder eines einzelnen Bewohners, klickt man das betreffende Ding einfach an. Kleine Mankos wie den etwas mühsamen Straßenbau gibt es zwar auch, insgesamt ist "Tropico 5" aber in puncto Steuerung gut gelungen.

Erstmals in der "Tropico"-Reihe bietet Teil 5 zusätzlich zum Einzelspielermodus mit seiner durch die Epochen führenden Kampagne auch einen Mehrspielermodus. Der schickt bis zu vier Spieler als rivalisierende Diktatoren auf eine Insel und lässt sie um Rohstoffe und Baugrund kämpfen. Wer es lieber kooperativ mag, kann auch gemeinsam für eine florierende Bananenrepublik eintreten und sich die vorhandenen Rohstoffe aufteilen.

Fazit: Insgesamt gelingt es "Tropico 5" sehr gut, den sympathischen Karibik-Charme, den schon der erste Teil versprühte, im frischen Gewand und mit neuen Spielelementen angereichert, ins Jahr 2014 zu transportieren. Der Diktatoren-Sandkasten überzeugt durch das durchdacht wirkende Zusammenspiel von Aufbau-, Politik- und Militärelementen, wobei der Fokus klar auf Aufbau und Politik liegt. Die hübsche optische Aufbereitung, der schöne Soundtrack und die generell grundsolide Umsetzung tun ihr Übriges dazu, dass wir "Tropico 5" als eines der bislang empfehlenswertesten Aufbauspiele des Jahres sehen. Der Diktatorensimulator dürfte nicht nur Genre-Fans ausgesprochen spaßige Stunden bereiten.

Plattform: PC (getestet); Geplant: Mac, PS4, Xbox 360
Publisher: Kalypso Media
krone.at-Wertung: 8/10

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