Wichtige Weichenstellung im Abgas-Skandal, der seit Jahren juristisch aufgearbeitet wird: Ein Tiroler Polizist erkämpfte nun die Rückgabe seines „Stinkers“ samt Zinsen. Sein Anwalt sieht im Urteil des Innsbrucker Oberlandesgerichts eine Signalwirkung. Wie stehen Chancen für andere?
Zehn Jahre nach dem Auffliegen beschäftigt der Abgas-Skandal weiterhin auch heimische Gerichte. Darauf spezialisiert ist Martin J. Moser – er wurde als „Abgasanwalt“ mit seiner Innsbrucker Kanzlei bekannt.
Nun freut er sich über einen „abschreckend hohen Schadenersatz“ für einen seiner Klienten. Konkret hat das OLG ein abweisendes Urteil des Landesgerichts „umgedreht“.
Sechszylindermotor auf den Prüfstand gestellt
Der Fall: Ein Tiroler Polizist hat einen Audi mit einem Drei-Liter-Sechszylindermotor (auch in VW- und Porsche-Modellen verbaut), Baujahr 2013. „Eine aufwendige Prüfstandsmessung belegte, dass die Motorsteuerung die Abgasreinigung außerhalb eines engen Temperaturfensters und bei Seehöhen ab rund 1000 Meter stark reduzierte – ein klares Indiz auf eine Abschaltung der kompletten Abgasreinigung, die natürlich verboten ist“, klärt Moser auf.
Das Urteil zeigt exemplarisch, wie sich die Hinhaltetaktik vieler Autohersteller in Österreich finanziell nachteilig für sie auswirkt.

Rechtsanwalt Martin J. Moser
Bild: Kanzlei Moser
Händlerpreis plus Zinsen retour
Sein Mandant erhält für das Fahrzeug mit 95.000 gefahrenen Kilometern exakt 18.894,50 Euro retour. Hinzu kommen rund 4000 Euro Zinsen durch den lange verschleppten Prozess und rund 46.000 Euro Kostenersatz für den Kläger! „Das Urteil zeigt exemplarisch, wie sich die Hinhaltetaktik vieler Autohersteller in Österreich finanziell nachteilig für sie auswirkt“, erklärt der erfahrene Jurist.
Der Abgasskandal rund um Volkswagen und Audi wurde 2015 öffentlich, als US-Behörden entdeckten, dass in Dieselmodellen eine Software („Defeat Device“) eingesetzt wurde, die Prüfstandssituationen erkannte und die Abgasreinigung künstlich optimierte. Im realen Straßenbetrieb stießen bestimmte Motoren hingegen deutlich mehr Stickoxide aus als gesetzlich erlaubt. Gerichtlich hatte der Skandal weitreichende Konsequenzen. In den USA erreichten Behörden und geschädigte Kunden milliardenschwere Vergleiche. In Europa verlief die juristische Aufarbeitung komplexer, da Sammelklagen lange Zeit nicht möglich waren. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschied jedoch mehrfach zugunsten der Verbraucher, indem er unzulässige Abschalteinrichtungen klar definierte und Herstellern die Beweislast für deren Notwendigkeit auferlegte. Gegen Führungskräfte wurden zudem strafrechtliche Verfahren geführt, insbesondere in den USA und Deutschland. Reformen in der Emissionsprüfung waren die Folge.
Anwalt: „Urteil geht weit über den Einzelfall hinaus“
Was heißt das für Besitzer ähnlicher Autos? „Das Urteil geht weit über den Einzelfall hinaus. Fahrzeughalter könnten vermehrt auf Rückzahlung oder Preisminderung klagen – mit klar besseren Chancen als im Autobauerland Deutschland“, lädt Moser mögliche Betroffene zu einer Prüfung der Chancen ein.
Konzern schöpfte Rechtsmittel teils nicht voll aus
Rechtskräftig ist diese jüngste Tiroler Entscheidung noch nicht. „Doch der Konzern ließ andere Urteile in Parallelverfahren zuletzt rechtskräftig werden – man spürt offenbar den Kostendruck.“ Insgesamt zeige sich, dass sich der Kampf für saubere Luft und ehrliche Autos lohne. Mosers Innsbrucker Kanzlei zählt zu den führenden Einheimischen in Sachen Abgas-Klagen.
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