Laute Rufe nach Reform

„Bonzentum“: Hitzige Debatte um WKO im Nationalrat

Innenpolitik
19.11.2025 11:36

Die Turbulenzen in der Wirtschaftskammer (WKO) haben am Mittwoch zu einer hitzigen Debatte im Nationalrat geführt. FPÖ und NEOS forderten eine Abschaffung der Pflicht-Mitgliedschaft, ÖVP und SPÖ verteidigten die Sozialpartnerschaft. In ihren Rufen nach einer Reform der Kammer waren sich alle einig.

Zum Aufruf kam das Thema auf Wunsch der Freiheitlichen in einer „Aktuellen Stunde“. Generalsekretär Michael Schnedlitz prangerte vor allem die Gagen-Erhöhungen in der Wirtschaftskammer an, die teils sogar über 60 Prozent ausgefallen seien: „Man bereichert sich nicht an den Geldern von anderen, liebe ÖVP.“ Klubchef Herbert Kickl legte mit einer Fundamentalkritik am gesamten Kammer-System nach: „Kammern haben nur Bedeutung für die Systemparteien.“ Wo Selbstverwaltung draufstehe, sei Selbstbedienung drinnen. Er prangerte das „Kammer-Bonzentum Marke Mahrer“ an.

„Komplett andere Kammer“
Speziell der Wirtschaftskammer widmeten sich die NEOS, die grundlegende Reformen forderten: „Es braucht eine komplett andere Unternehmerinnen- und Unternehmer-Kammer“, meinte der Abgeordnete Michael Bernhard, der eine Verschlankung der Strukturen und ein neues Wahlsystem forderte. Klubobmann Yannick Shetty wandte sich gegen die „Zwangsmitgliedschaft“: „Wenn sich eine Organisation nicht mehr um ihre Mitglieder kümmern muss, dann hebt man ab.“ Schließlich funktioniere der ÖGB auch ohne die Pflichtmitgliedschaft und habe sogar steigende Mitgliederzahlen. Shetty verwies zudem auf Rücklagen von mehr als zwei Milliarden Euro, weshalb man die Kammer-Umlage 2 abschaffen könne.

Wirtschaftsminister Hattmannsdorfer musste sich einiges anhören.
Wirtschaftsminister Hattmannsdorfer musste sich einiges anhören.(Bild: APA/ROLAND SCHLAGER)

Es brauche einen Neustart in der Wirtschaftskammer, befand auch Grünen-Klubobfrau Leonore Gewessler: „Es ist das Bewusstsein verloren gegangen, dass die Kammer für die Wirtschaft da ist und nicht die Wirtschaft für die Kammer.“ Die Unternehmen verdienten sich eine verlässliche Interessensvertretung, die „Mut zur Bodenhaftung“ haben müsse. Auch Gewessler warb für die Abschaffung der Kammer-Umlage 2: „Wie kann es sein, dass die Kammer in einer krisenhaften Zeit zwei Milliarden an Rücklagen anhäufen kann?“, fragte sich die grüne Wirtschaftssprecherin Elisabeth Götze. Die Beiträge gingen an der wirtschaftlichen Realität vorbei.

SPÖ-Lob für Wirtschaftskammer
Verteidigung der Sozialpartnerschaft war das Ziel der SPÖ. Reinhold Binder, Vorsitzender der Gewerkschaft pro-ge, wandte sich gegen „pauschales Schlechtreden“. Die FPÖ greife alle Interessensvertretungen an und gefährde damit auch noch die Wirtschaft. Die Wirtschaftskammer mache etwa einen „ordentlichen Job“, wenn es um die Unterstützung der Exportwirtschaft gehe. Immerhin gestand Binder zu, dass sehr viele Fehler passiert seien, weshalb sich die Kammer selbst reformieren müsse.

„Reformieren ja, zerstören nein“, gab VP-Generalsekretär Nico Marchetti als Devise aus. Grundton der VP-Abgeordneten war, die FPÖ in die Affäre mit hineinzuziehen, indem wiederholt darauf verwiesen wurde, dass deren Vertreter Matthias Krenn in der Kammer alle umstrittenen Beschlüsse zu Gehältern mitgetragen habe. Der langjährige Wirtschaftskammer-Funktionär Laurenz Pöttinger (ÖVP) erkannte überhaupt eine „Neid-Diskussion“ und lieferte sich ein kurzes Wortgefecht mit FPÖ-Chef Kickl.

Der Debatte live im Plenarsaal lauschen durfte erstmals NEOS-Abgeordnete Lisa Aldali. Sie wurde ...
Der Debatte live im Plenarsaal lauschen durfte erstmals NEOS-Abgeordnete Lisa Aldali. Sie wurde am Mittwoch als Nachfolgerin von Stephanie Krisper angelobt.(Bild: APA/ROLAND SCHLAGER)

Minister: Reformweg schon eingeschlagen
Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP) wandte sich gegen das pauschale Verurteilen von Unternehmern, die sich in der WKO engagierten. Ohnehin dürfe man nicht zulassen, dass – bei aller berechtigten Kritik – die Sozialpartnerschaft infrage gestellt werde: „Gerade in wirtschaftlich fordernden Zeiten braucht es eine starke Interessensvertretung der Wirtschaft.“ Er habe kein Verständnis für das Bild, das in den vergangenen Wochen abgegeben worden sei. Mit Interimschefin Martha Schultz gebe es aber ein unmissverständliches Signal, dass ein konsequenter Reformweg eingeschlagen werde.

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