Kaum Auslastung, da waren die Befürchtungen groß und seit Donnerstag ist der Stellenabbau am Swarovski-Stammsitz im Tiroler Wattens fix. Bis Ende 2026 sollen 400 Mitarbeiter abgebaut werden. Beim Betriebsrat zeigt man sich „nicht ganz überrascht“. Die Arbeiterkammer spricht indes von „Landesverrat“ und einer „Bankrotterklärung“. Das Land nimmt die Konzernführung in die Pflicht – diese bekräftigt indes: „Der Standort bleibt!“
„Bisher hat man mit einer Salamitaktik gearbeitet und den Standort scheibchenweise filetiert, jetzt wird der übrig gebliebene Teil im Schnellverfahren durch den Fleischwolf gedreht – und zwar mit einer Planlosigkeit, die nur einen Schluss zulässt: Wattens wird als Standort nicht mehr benötigt. Das ist Landesverrat und wir werden uns hier ganz klar auf die Seite von Land und Leuten stellen“, polterte Tirols AK-Boss Erwin Zangerl.
„Bankrotterklärung für Standort“
Der AK-Präsident sprach auch von einer „Bankrotterklärung für die Strategie der Konzernführung und für den Standort Wattens“ insgesamt. Das war am Donnerstagvormittag, bevor die Konzernführung am Nachmittag den Stellenabbau öffentlich bekanntgab. Zu diesem Zeitpunkt waren die Mitarbeiter im Wattener Swarovski-Werk aber schon aufgeklärt worden.
Kostendruck und Rückgang im Luxussegment
Standortleiter Jérôme Dandrieux informierte ab 8 Uhr in der Früh die Mitarbeiter, dass 400 weitere Stellen abgebaut werden! Gründe seien der Kostendruck und der Rückgang im Luxussegment, vor allem in China. Fatalerweise besteht das Wattener Produktionsvolumen zu 42 Prozent aus Kristallen, die andere Unternehmen abnehmen und zu Schmuck verarbeiten. Genau diese Sparte leidet derzeit besonders.
Bis 12. Dezember werden nun Freiwillige gesucht, die ihre Stundenzahl um 10 bis 15 Prozent reduzieren. „Wir fühlen, dass jeder gestresst ist. Und hinter jedem Mitarbeiter steht eine Familie“, erklärte Dandrieux.
Wattens ist unsere Wiege, der Standort bleibt!

Jérôme Dandrieux, Standortleiter
Bild: Swarovski
„Kostet Millionen“: Nachtschicht gestrichen
Der Manager bekräftigte jedoch: „Wattens ist unsere Wiege, der Standort bleibt!“ Um dies zu untermauern, wurde betont, dass man am Investitionsplan (bis 2030 rund 150 Millionen Euro) festhalten wolle. Fix ist, dass die dritte Schicht (Nacht) wegfällt. Diese würde Millionen kosten. Der Stellenabbau soll sich aus den erwähnten Freiwilligen, Pensionierungen und der üblichen Fluktuation zusammensetzen.
Wer geht oder gehen muss, soll zwei bis sieben Monatsgehälter erhalten. Zudem fließen pro Betroffenem 11.000 Euro in einen Ausbildungsfonds. Die Mittel werden von Swarovski alleine – also ohne öffentliche Hilfe – bereitgestellt, wurde betont.
Industrie-Boss: „Ein weiteres Signal“
Auch bei der Industrie schlug die Nachricht vom weiteren Stellenabbau bei Swarovski in Wattens wie eine Bombe ein. Dieser sei ein „weiteres Signal für die abnehmende industrielle Wettbewerbsfähigkeit in Tirol“, heißt es vonseiten der Industriellenvereinigung (IV). Die Krise des Produktionsstandorts sei jedoch kein Einzelfall, sondern reihe sich nahtlos in eine Entwicklung ein, vor der die IV Tirol seit Jahren warnt: Seit 2023 seien in der Tiroler Industrie mehr als 2500 Arbeitsplätze verloren gegangen.
Was wir aktuell erleben, ist nicht das Ergebnis eines plötzlichen Schocks, sondern die Konsequenz jahrelanger Fehlentwicklungen in der Standortpolitik.

Tirols IV-Chef Max Kloger
Bild: Die Fotografen Charly Lair
„Die Dynamik industrieller Entwicklung bricht nicht über Nacht weg – sie wird von steigenden Kosten, überbordender Bürokratie und fehlender Planbarkeit schrittweise ausgehöhlt“, betont IV-Tirol-Präsident Max Kloger: „Was wir aktuell erleben, ist nicht das Ergebnis eines plötzlichen Schocks, sondern die Konsequenz jahrelanger Fehlentwicklungen in der Standortpolitik.“
„Warnungen nicht ernst genommen“
Aus der Wirtschaftskammer Tirol hieß es indes, dass „die nachdrücklichen Warnungen leider nicht ernst genug genommen wurden“. Der Stellenabbau bei Swarovski sei auch Symbol dafür, wie sehr der Wirtschafts- und Industriestandort Österreich unter Druck stehe.
„Wenn ein global agierendes Industrieunternehmen, das sich am Weltmarkt behaupten muss, ein klares Bekenntnis zum Produktionsstandort Wattens abgibt, dann ist das ein starkes Zeichen“, sagt dazu WK-Präsidentin Barbara Thaler: „Umso mehr, wenn trotz aller Standortnachteile und Hürden auch noch mit 150 Millionen Euro in den nächsten fünf Jahre massiv investiert wird, um Technologieführerschaft und Innovation in Österreich zu halten.“
„Swarovski muss Verantwortung übernehmen“
Betroffen zeigte man sich nach dem angekündigten Stellenabbau auch vonseiten des Landes: „Es ist ein schwerer Schlag für alle betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, für die Marktgemeinde Wattens und das Land Tirol. Die Entwicklung am Standort Wattens bereitet uns große Sorge“, reagierte etwa sich Arbeitslandesrätin Astrid Mair (ÖVP) auf die Hiobsbotschaft. Die Firma müsse nun Verantwortung übernehmen.
„Ein Sozialpaket für die Betroffenen sowie die Unterstützung durch eine Unternehmensstiftung sind dringend gebotene Signale, die vom Unternehmen kommen müssen“, forderte Mair.
Betriebsratschef: Schock, aber auch erwartet
Wie sieht der Betriebsrat die Situation? „Es kam nicht ganz überraschend, daher sind viele gefasst. Andere sind trotzdem schockiert, es ist zweigeteilt“, sagte Arbeiter-Betriebsratschef Patrick Hamberger zur „Krone“. Seit längerer Zeit habe man bemerkt, dass „kaum Arbeit“ vorhanden sei. Die Umstellung auf zwei Schichten habe für viele nun gravierende Änderungen – „etwa dass sie aus der Schwerarbeiterregelung hinausfallen, mit allen Folgen für die Pension“. Der Standortleitung attestiert er Bemühen und die (teils harten) Gespräche seien auf Augenhöhe. Nach 17 Jahren der Abwärtsentwicklung in Wattens zeigt er sich aber skeptisch, ob die neuen Strategien greifen.
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