Die Zeiten waren schon einmal rosiger – auch beim Tiroler Kristallriesen Swarovski. Seit Jahren kämpft man mit starken Turbulenzen, sowohl was die Konzernführung betrifft, als auch die wirtschaftliche Situation. Am Donnerstag gab die Standortleitung nun bekannt, dass von den aktuell 2480 Jobs bis Jahresende 2026 weitere 400 wegfallen müssen. In Wattens soll aber bis 2030 kräftig investiert werden.
Das Bangen am Swarovski-Stammsitz im Tiroler Wattens (Bezirk Innsbruck-Land) nimmt kein Ende. Seit mittlerweile gut zwei Jahrzehnten werden nach und nach Jobs abgebaut. Zu Glanzzeiten zählte der weltweit bekannte Kristallkonzern mehr als 6000 Mitarbeiter. Aktuell sind es noch knapp über 2500 – doch schon bald wird es in Richtung 2000er-Marke gehen.
Stellenabbau bis Ende 2026, Freiwillige vor
Am Donnerstagnachmittag bestätigte die Konzernführung, dass am Stammsitz in Wattens 400 weitere Stellen abgebaut werden! Gründe seien Kostendruck durch hohe Löhne und der Rückgang im Luxussegment, vor allem in China. Fatalerweise besteht das Wattener Produktionsvolumen zu 42 Prozent aus Kristallen, die andere Unternehmen abnehmen und zu Schmuck verarbeiten. Genau diese Sparte leidet derzeit besonders.
„Wir fühlen, dass jeder gestresst ist“
Bis Jahresende 2026 müssten die Stellen abgebaut werden, hieß es. Bis 12. Dezember 2025 werden Freiwillige gesucht, die ihre Arbeitszeit um 10 bis 15 Prozent reduzieren. Falls dies nicht reicht müssen Kündigungen erfolgen. Die Mitarbeiter wurden am Donnerstag ab 8 Uhr bereits informiert. „Wir fühlen, dass jeder gestresst ist. Und hinter jedem Mitarbeiter steht eine Familie“, erklärte Standortleiter Jérôme Dandrieux in einem kurzfristig einberufenen Pressetermin. Allen Befürchtungen zum Trotz bekräftigte der Manager: „Wattens ist unsere Wiege, der Standort bleibt!“ Wenn man nichts unternommen hätte, stünden in einem Jahr womöglich „noch schwierigere Entscheidungen“ an. Fix ist, dass die dritte Schicht (Nachtschicht) wegfällt.
Details zum Sozialplan bekannt gegeben
Der Abbau von 400 Stellen soll sich aus den erwähnten Freiwilligen, Pensionierungen und der üblichen Fluktuation zusammensetzen. Wer geht oder gehen muss, soll zwei bis sieben Monatsgehälter erhalten. Zudem fließen pro Betroffenem 11.000 Euro in einen Ausbildungsfonds. Die Mittel werden von Swarovski alleine – also ohne öffentliche Hilfe – bereitgestellt, wurde betont.
Betriebsrat: Zweifel, ob Strategien greifen
Wie sieht der Betriebsrat die aktuelle Situation und den Jobabbau? „Es kam nicht ganz überraschend, daher sind viele gefasst. Andere aber trotzdem schockiert, es ist zweigeteilt“, sagte Arbeiter-Betriebsratschef Patrick Hamberger zur „Krone“. Seit längere Zeit habe man natürlich bemerkt, dass „kaum Arbeit“ vorhanden sei. Die Umstellung auf zwei Schichten habe für viele nun gravierende Änderungen – „etwa dass sie aus der Schwerarbeiterregelung hinausfallen, mit allen Folgen für die Pension“. Der Standortleitung attestiert er ein großes Bemühen. Nach 17 Jahren der Abwärtsentwicklung in Wattens zeigt er sich aber skeptisch, ob die neuen Strategien auch wirklich greifen. Erneut betonte die Standortleitung, dass man weiter investieren werde, und zwar 150 Millionen Euro bis 2030.
„Wenn ein global agierendes Industrieunternehmen, das sich am Weltmarkt behaupten muss, ein klares Bekenntnis zum Produktionsstandort Wattens abgibt, dann ist das ein starkes Zeichen“, sagt dazu Tirols WK-Präsidentin Thaler: „Umso mehr, wenn trotz aller Standortnachteile und Hürden auch noch mit 150 Millionen Euro in den nächsten fünf Jahre massiv investiert wird, um Technologieführerschaft und Innovation in Österreich zu halten.“
AK-Boss: „Das ist die Bankrotterklärung“
Die Arbeiterkammer Tirol ging bereits am Donnerstagvormittag wegen des kolportierten Personalabbaus auf die Barrikaden: „Die Zahl könnte sich noch auf 500 erhöhen, sollte der überwiegende Teil der restlichen Belegschaft nicht auf eine von der Konzernführung angestrebte Arbeitszeitreduktion eingehen“, hieß es in einer Aussendung.
Es zeigt sich, dass die von der Konzernführung abgelegten Bekenntnisse zum Standort, wie befürchtet, bloß Lippenbekenntnisse gewesen sind, die Zukunft von Swarovski in Wattens ist ungewiss.

AK-Präsident Erwin Zangerl
Bild: Johanna Birbaumer
Tirols AK-Boss Erwin Zangerl sprach von einer „Bankrotterklärung für die Strategie der Konzernführung und für den Standort Wattens“ insgesamt. „Es zeigt sich, dass die von der Konzernführung abgelegten Bekenntnisse zum Standort, wie befürchtet, bloß Lippenbekenntnisse gewesen sind, die Zukunft von Swarovski in Wattens ist ungewiss.“
Zangerl forderte die Konzernführung auf, endlich Klartext zu sprechen. Immerhin hätten „Bund und Land über Jahrzehnte mit viel Steuergeld Swarovski immer wieder unterstützt und aus zahlreichen Krisen geholfen.“
„Swarovski muss Verantwortung übernehmen“
Betroffen zeigte man sich nach dem angekündigten Stellenabbau auch vonseiten des Landes: „Es ist ein schwerer Schlag für alle betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, für die Marktgemeinde Wattens und das Land Tirol. Die Entwicklung am Standort Wattens bereitet uns große Sorge“, reagierte etwa sich Arbeitslandesrätin Astrid Mair (ÖVP) auf die Hiobsbotschaft. Die Firma müsse nun Verantwortung übernehmen.
Wir fordern die Firma Swarovski auf, Verantwortung zu übernehmen.

Arbeitslandesrätin Astrid Mair (ÖVP)
Bild: Birbaumer Christof
„Ein Sozialpaket für die Betroffenen sowie die Unterstützung durch eine Unternehmensstiftung sind dringend gebotene Signale, die vom Unternehmen kommen müssen“, forderte Mair.
Gemeinsam mit Wirtschaftslandesrat Mario Gerber (ÖVP) sei Mair zudem bereits mit den Sozialpartnern, dem AMS sowie der Arbeitsmarktförderungs GmbH (amg-tirol) in Abstimmung, welche weiteren Maßnahmen den betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern angeboten werden können.
Hintergrundgespräch am Donnerstag
Von Swarovski selbst gab es zunächst keine Stellungnahme. Am Donnerstagnachmittag lud man jedoch zu einem Hintergrundgespräch, bei dem offiziell über den neuerlichen, bevorstehenden Mitarbeiterabbau informiert wurde. Ziel des Gesprächs war es unter anderem gewesen, „Klarheit zu schaffen, Hintergründe zu erläutern“, hieß es.
Kristallgeschäft 2024 mit leichtem Umsatzanstieg
Im Frühjahr hatte es vonseiten der Konzernführung noch positive Nachrichten gegeben. Der Umsatz im Geschäftsjahr 2024 stieg gegenüber dem Jahr davor von 1,8 auf 1,9 Mrd. Euro. Insbesondere mit der Entwicklung in Österreich und Amerika zeigte sich das Management zufrieden, denn dort seien „Rekordumsätze erzielt“, hieß es. Das Jahr 2025 werde herausfordernd, hatte es damals schon geheißen. 2026 dürfte es nicht besser werden.
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