Fehlende Zuversicht sei das größte Problem, das die jüngste Konjunkturumfrage der Arbeiterkammer unter Betriebsräten von 217 Kärntner Unternehmen zutage gebracht hat. Inflation, „Shrinkflation“ und „Skimpflation“, Arbeitskräftemangel und sinkende Investitionsbereitschaft trüben die Aussicht stark.
„Die längste Rezessionszeit seit dem Zweiten Weltkrieg, hohe Energiepreise, Lieferengpässe, geschrumpfte Kaufkraft, das tägliche Leben hat sich drastisch verteuert: Im September lang die Inflation bei vier Prozent, in den vergangenen vier Jahren sind die Lebensmittelpreise um 25 Prozent gestiegen“, so Günther Goach, der Präsident der Kärntner Arbeiterkammer.
Die Hersteller würden zudem teils auf Shrinkflation setzen, also auf weniger Inhalt in der gleich großen Packung bei gleichem Preis, oder auf Skimpflation, sie verarbeiten also günstigere Zutaten, doch der Preis für den Konsumenten bleibt gleich. „Der Staat muss die Menschen vor diesen irreführenden Geschäftspraktiken schützen, Preissteigerungen rechtzeitig bremsen und die Grundversorgung erschwinglich halten, mit dem Ziel, den Menschen wieder ein leistbares Leben zu ermöglichen“, so Goach.
Die Situation ist nicht dramatisch, aber ernst.

Günther Goach
Bild: AK Kärnten_Gernot Gleiss
Wie sich die wirtschaftliche Lage entwickelt, erhebt die Arbeiterkammer Kärnten seit mehr als 40 Jahren in ihrer Konjunkturumfrage. Heuer haben Betriebsräte von 217 Unternehmen daran teilgenommen; sie repräsentieren rund 62.000 Arbeitnehmer oder 29 Prozent der Beschäftigten. „Eine Melange unterschiedlicher Dinge trägt zur derzeitigen Lage bei“, so Eric Kirschner, Forschungsgruppenleiter bei Joanneum Research, der die Konjunkturumfrage ausgewertet hat. Die trübe wirtschaftliche Lage ist unter anderem entstanden durch den Wirtschaftseinbruch in der Pandemie, die längste Rezession der Nachkriegszeit, die hohen Energiepreise, die Inflation, Zölle, schwächelnden Handelspartner, durch 20 Prozent höhere Arbeitskosten als in anderen Eurozonenländern, neue Mitbewerber, beispielsweise China.
Negative Auftragslage, trüber Arbeitsmarkt
Die Auftragslage beurteilen Befragte aller Branchen negativ; am schlimmsten sieht man im Bauwesen und im Handel die Situation.
„Der Arbeitsmarkt trübt sich weiter ein, ist aber verhältnismäßig stabil“, so Kirschner. Kärntner Unternehmen suchen weiter nach Arbeitskräften. „Der Fachkräftemangel ist ein Problem, das schon sehr lange besteht. Laut den Umfrageergebnissen wird weiterhin Personal gesucht, es werden weiterhin Lehrlinge ausgebildet“, so Jürgen Kopeinig, Leiter der AK-Abteilung Wirtschafts- & Steuerpolitik. Und, wie Kirschner ergänzt, gehe es nicht nur um einen Fachkräftemangel, sondern um einen generellen Arbeitskräftemangel. In allen Branchen werden Mitarbeiter gesucht, 55 Prozent der Befragten sprechen vom Wunsch nach Personalaufbau.
Es wird auch investiert; vor allem in bauliche Veränderungen, Maschinen und Anlagen, teils in Klima- und Umweltschutz. Für den Ausbau von Kapazitäten wird jedoch kaum Geld in die Hand genommen.
+ Mehr Bundesmittel für die Gemeinden für den Ausbau der erneuerbaren Energien, für die thermische Sanierung von Gebäuden, für den Ausbau des öffentlichen Verkehrs.
+ Verstärkte Förderung des gemeinnützigen Wohnbaus.
+ Keine weitere Kürzung der Lohnnebenkosten zu Lasten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.
+ Ein personell und finanziell top ausgestattetes AMS. Die arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen des AMS sind mit dem Land Kärnten weiterzuführen, zu erweitern und budgetär abzusichern.
+ Eine umfassende „Qualifizierungsoffensive“ mit Schwerpunkt Digitalisierung, Künstliche Intelligenz (KI) und Green Jobs ist umzusetzen, um den Fachkräftemangel zu bekämpfen und Arbeitslose fit für den Arbeitsmarkt zu machen.
+ Hebung der Frauenerwerbsquote durch eine flächendeckende Kinderbetreuung und Pflegeinfrastruktur sowie Ausbau von Ganztagesschulen.
+ Betriebe, die nicht selbst Lehrlinge aus- und weiterbilden (können), haben sich an einem „Weiterbildungsfonds“ zu beteiligen.
+ Anpassung der regionalen und überörtlichen Raumplanung an die Potenziale der Koralmbahn. Der neue Wirtschaftsraum Süd macht durch die Koralmbahn den Zugang zu einem größeren Fachkräftepool möglich, da dank der schnelleren Verbindung der Wohnortwechsel für den Job nicht mehr notwendig ist. Um diesen Fachkräftepool zu befüllen und optimal nützen zu können, sind regionsübergreifende Arbeitsmarktprojekte und Bildungsinitiativen zwingend notwendig.
+ Forcierung von überregionalen, interkommunalen Projekten wie Forschungseinrichtungen, Logistikzentren, Technolgie-, Gewerbe- und Industrieparks usw.
+ Durch qualitätsvolle Fördermaßnahmen Anreize für eine höhere Investitionsbereitschaft der Unternehmen in Bezug auf Neuinvestitionen und Kompetenzaufbau bei Arbeitnehmern schaffen.
Die Künstliche Intelligenz und die Digitalisierung haben für die Befragten geringe Bedeutung. 77 Prozent befürchten durch KI und Digitalisierung keine Zunahme des Leistungsdruckes.
Mit den Energiekosten sind wir nicht konkurrenzfähig. Österreich ist am schlechtesten durch die Pandemie gekommen, obwohl das meiste Geld ausgegeben wurde; das Geld fehlt nun. Es soll kein Abgesang auf die Kärntner Wirtschaft sein, aber die Erholung braucht Zeit, ein Turnaround ist noch nicht zu sehen.

Eric Kirschner, Forschugnsgruppenleiter Joanneum Research
Bild: Helge Bauer
Bildung, Steuern, Regulierungen – einiges möglich auf dem Weg nach oben
Zusammengefasst sei die Stimmung trüb, im internationalen Kontext drohen Kärnten, Österreich und die EU weiter an Wettbewerbsposition einzubüßen, so Kirschner. Hilfreich für den Standort wären die Senkung von Steuern und Abgaben, einfachere Regulierungen, Reformen des Bildungssystems, niedrigere Energiepreise und mehr Anstrengungen im Bereich Forschung & Entwicklung. „Und Bildung ist die wichtigste Stellschraube!“, betont Kirschner.
Wirtschaftliche Belebung erwartet sich Goach von der Koralmbahn: „Es gilt, die Klagenfurter Uni auszubauen, attraktive Studien in Nischen anzubieten.“
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