Missbrauch, Armut, Psychoterror: Der aktuelle Bericht der Kinder- und Jugendanwaltschaft Wien zeigt erschütternde Zustände. Wo Kinder Schutz suchen, herrscht leider oft das Chaos. Das Leid hat viele Gesichter.
Es sind Geschichten, die weh tun. Und Zahlen, die alarmieren: Im Jahr 2024 lebten rund 2500 Kinder in Wien nicht bei ihren Eltern - weil sie geschlagen, vernachlässigt oder schlicht vergessen wurden. Die Kinder- und Jugendanwaltschaft (KIJA) hat in 57 Krisenzentren und Wohngemeinschaften nachgesehen. Das Ergebnis: dramatisch.
Warnung vor überlasteten System
„In manchen Fällen können Kinder aufgrund von Personalmangel nicht einmal Gesundheits- oder Bildungsangebote wahrnehmen“, heißt es im Bericht. Besonders erschütternd sind die Einzelschicksale. Bernhard (12) mit riskantem Drogenkonsum, verschwindet nach Psychiatrieaufenthalten regelmäßig in der Szene. Anita (14) verletzt sich mehrmals wöchentlich selbst, wird ins Krankenhaus gebracht – und danach wieder in dieselbe Wohngruppe zurückgeschickt. Verena (16) mit geistiger Behinderung, landet im Krisenzentrum, weil keine andere Einrichtung sie aufnimmt. „Unter solchen Umständen kann weder der Schutz von Minderjährigen gewährleistet noch Beziehungsarbeit sichergestellt werden“, warnt die KIJA. Überbelegung, fehlende Plätze, überforderte Pädagogen – das System steht am Rand des Zusammenbruchs.
Wir sind dort, wo Kinder besondere Fürsorge brauchen und junge Menschen auf funktionierende Systeme angewiesen sind.

Kinder- und Jugendanwalt Sebastian Öhner
Bild: Stadt Wien / David Bohmann
Bei Kochworkshops wegen Essen dabei
Doch das Elend beginnt oft früher. Armut frisst sich durch Kindheiten. Alina erfindet nach den Ferien einen Urlaub am Meer, damit sie in ihrer Klasse nicht als arm gilt. „Diese unbeschwerte Zeit mit ihrer Familie kann sie leider nur erfinden“, heißt es im Bericht. Der Vater arbeitet auch am Wochenende – ein Urlaub zu fünft ist unmöglich.
Emma (16) geht fast jeden Nachmittag ins Jugendzentrum: „Manchmal haben die Workshops zur Berufsorientierung oder zum Kochen – oft gehen wir auch hauptsächlich wegen dem Essen hin!“ Ein Satz, der mehr sagt als jede Statistik.
Und dann ist da Leon (9) der nicht mit seiner Klasse auf Ausflug durfte – ohne Sozialversicherung kein Ticket in den Tiergarten. Kinder, die auf warme Mahlzeiten warten oder vom Schulalltag ausgeschlossen sind - mitten in einer der reichsten Städte Europas.
Prekäre Verhältnisse in Hafteinrichtungen
Denn das Versagen zieht sich durch alle Ebenen. In der Jugendhaft sind laut Bericht neun von zehn Jugendlichen psychisch krank. Viele stammen aus Familien mit Gewalt, Alkohol oder fehlenden Strukturen. „Armut, Misshandlung und Vernachlässigung prägen das Verhalten junger Menschen“, heißt es. „Kinderrechte enden nicht an der Tür eines Klassenzimmers oder einer Wohngruppe“, betont Öhner.

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