Darf er das?

„Es gibt Wege“: Trump flirtet mit dritter Amtszeit

Außenpolitik
27.10.2025 22:30

Donald Trump spricht wieder offen über eine dritte Amtszeit – obwohl die US-Verfassung sie klar verbietet. Zwischen Provokation und Kalkül testet er, wie dehnbar das Fundament der amerikanischen Demokratie ist. Ein Spiel mit Grenzen – und womöglich mit der Verfassung selbst.

Donald Trump hat wieder einmal ein Thema gesetzt – und ein Land in Aufruhr versetzt. Auf dem Flug mit der Air Force One nach Japan sagte der US-Präsident, er würde „gerne“ ein drittes Mal kandidieren. „Ich habe die besten Zahlen überhaupt“, fügte er hinzu. „Ich würde es liebend gerne tun.“ Was zunächst wie eine spontane Bemerkung klang, wirkt inzwischen wie ein kalkuliertes Signal.

In Trumps Online-Shop sind seit dem Frühjahr rote Kappen mit der Aufschrift „Trump 2028“ erhältlich, verkauft für 50 Dollar. Sohn Eric posiert mit einem breiten Grinsen auf der Produktseite. „Die Zukunft sieht rosig aus“, lautet der Werbeslogan. Für viele Beobachter ist das längst mehr als ein Marketing-Gag: Es ist eine Botschaft an die eigene Bewegung – und ein Test, wie weit sich die Grenzen des politisch Denkbaren verschieben lassen.

Die US-Verfassung: Eindeutig uneindeutig
Dabei scheint die Lage auf den ersten Blick eindeutig: Die US-Verfassung verbietet eine dritte Amtszeit. Der 22. Zusatzartikel von 1951 wurde nach den vier Amtszeiten Franklin D. Roosevelts eingeführt und begrenzt die Wiederwahl eines Präsidenten auf zweimal. Davor war es ein ungeschriebenes Gesetz, nach zwei Amtszeiten freiwillig abzutreten. Seit Roosevelt ist diese Grenze fest verankert – und gilt seither als unantastbar.

Doch so klar die Intention ist, so schwammig bleibt der Wortlaut: Er untersagt, „mehr als zweimal gewählt“ zu werden, verbietet aber nicht ausdrücklich, das Amt ein drittes Mal anzutreten. Diese sprachliche Grauzone hat in Trumps Umfeld neue Fantasien geweckt.

JD Vance: Würde er zugunsten Trumps als Präsident abtreten?
JD Vance: Würde er zugunsten Trumps als Präsident abtreten?(Bild: AFP/LEO CORREA)

Der ehemalige Chefstratege Steve Bannon erklärte in einem Interview mit The Economist: „Er wird eine dritte Amtszeit bekommen.“ Es gebe, so Bannon weiter, „einen Plan“. Auf Nachfrage, wie dieser mit der Verfassung vereinbar sei, wich Bannon aus: „Es gibt verschiedene Möglichkeiten. Zur richtigen Zeit werden wir erklären, wie.“

Trump selbst nannte den 22. Zusatzartikel „interessant“ und deutete an, „es gebe Wege, das zu tun“. Ein Szenario schloss er zwar aus – als Vizepräsident für seinen jetzigen JD Vance zu kandidieren, der dann freiwillig zurücktreten würde, um ihn wieder ins Amt zu bringen. Doch allein, dass dieses Szenario überhaupt diskutiert wird, zeigt, wie weit sich die politische Realität in Trumps Amerika verschoben hat.

Für Änderung Verfassungskonvent nötig
Juristisch wäre eine solche Variante klar verfassungswidrig. Der 12. Zusatzartikel legt fest, dass niemand Vizepräsident werden darf, der nicht auch Präsident werden kann. Wer also die Amtszeitbegrenzung erreicht hat, ist automatisch für beide Ämter disqualifiziert. Verfassungsrechtler wie Derek Muller von der University of Notre Dame halten die Bannon-Theorie deshalb für absurd. Es gebe, so Muller, „keinen seltsamen Trick, mit dem man die Amtszeitbegrenzung umgehen könnte“.

Heinz Gärtner, Politikwissenschaftler an der Universität Wien, bestätigt das: Der 22. Zusatzartikel lasse keine Wiederwahl zu. Zwar hätten mehrere Präsidenten, darunter Eisenhower, Reagan und Clinton, eine Verfassungsänderung vorgeschlagen, doch sei keiner dieser Vorstöße je aufgegriffen worden. Eine solche Änderung sei grundsätzlich möglich, „aber sehr aufwendig und kann Jahre, ja Jahrzehnte dauern“, erklärt Gärtner. Der Kongress könne einen Vorschlag einbringen oder auf Antrag von zwei Dritteln der Bundesstaaten einen Verfassungskonvent einberufen. „Beide Häuser und drei Viertel der Bundesstaaten müssten zustimmen“, so Gärtner.

Trumps Strategie scheint weniger juristisch als politisch motiviert. Die US-Verfassung ist in ihrer Intention eindeutig, in ihrer Sprache aber offen genug, um politisch instrumentalisiert zu werden. Genau das nutzt der Präsident: Er bespielt den Graubereich zwischen Buchstabe und Geist des Gesetzes, um Aufmerksamkeit zu erzeugen und Macht zu demonstrieren. Wenn Trump sagt, viele Menschen wünschten sich, er solle „noch ein paar Jahre bleiben“, klingt das nach Koketterie – ist aber auch ein Testlauf, wie empfänglich die Öffentlichkeit für den Gedanken einer verlängerten Präsidentschaft ist.

Für seine Anhänger wird daraus ein Mythos: Wenn der „Volkswille“ ihn erneut ins Amt tragen wolle, dürfe die Verfassung dem nicht im Weg stehen. Steve Bannon formulierte es so: „Wenn das amerikanische Volk ihn zurückwill, dann ist das der Wille Gottes.“ Juristen wie Jeremy Paul von der Northeastern University sehen darin weniger Glauben als Gefahr. „Er spielt mit der Idee, dass Macht über Recht steht“, sagt Paul. „Damit testet er, wie viel die amerikanischen Institutionen aushalten.“

Was, wenn Wahlen nicht stattfinden können?
Nicht wenige Beobachter befürchten, dass Trump im Krisenfall versuchen könnte, seine Macht durch einen Notstand zu verlängern. Der National Emergencies Act erlaubt dem Präsidenten, weitreichende Befugnisse zu beanspruchen – etwa zur Umleitung von Haushaltsgeldern oder zur Mobilisierung der Nationalgarde. Aber auch hier gilt: Eine Amtszeitverlängerung ist ausgeschlossen. Selbst in Kriegszeiten endet sie laut Verfassung am 20. Jänner um 12 Uhr mittags.

Politikwissenschafter Heinz Gärtner ist US-Experte an der Universtität Wien
Politikwissenschafter Heinz Gärtner ist US-Experte an der Universtität Wien(Bild: krone.tv)

Gärtner weist darauf hin, dass die US-Verfassung den Fall nicht vorsieht, dass Wahlen gar nicht stattfinden können. „In einem solchen Fall würde wohl der Vizepräsident die Amtsgeschäfte übernehmen“, sagt er. Eine Alternative wäre, dass der Präsident einen neuen Vizepräsidenten ernennt, da keine neuen Wahlen stattgefunden haben – geregelt wäre das im 25. Verfassungszusatz.

Trumps Gegner halten all das für Machtspielerei, seine Anhänger für göttliche Vorsehung. Sicher ist: Rechtlich ist eine dritte Amtszeit ausgeschlossen, politisch aber ist die Idee längst Teil seiner Inszenierung. Sie hält ihn im Gespräch, bindet seine Basis – und zwingt die Institutionen, sich immer wieder zu positionieren. Die amerikanische Verfassung ist klar genug, um Trumps Wiederwahl zu verhindern, und zugleich vage genug, dass er über sie reden kann, ohne sie zu brechen. Genau in diesem Spannungsfeld zwischen Eindeutigkeit und Auslegung liegt die eigentliche Gefahr. Denn wer ständig über die Grenzen des Machbaren spricht, beginnt, sie zu verschieben.

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