Werner Schwabs Radikalkomödie aus dem Jahr 1991 leidet im Akademietheater an der inkonsequenten Regie von Fritzi Wartenberg. Stefanie Reinsperger überragt ihre Partner bei Weitem.
Viertelstundenlang bedrängt einen an diesem Abend ein schlimmer Verdacht: 31 Jahre nach seiner frühen Selbstvernichtung sei der Grazer Genialbrachialist Werner Schwab nun zum zweiten und letzten Mal am Verlöschen. Dann erinnert man sich an Schwabs fabulöse „Präsidentinnen“ vor zwei Jahren in Reichenau und begreift: Am Dichter liegt es nicht, auch nicht an der Radikalkomödie „Volksvernichtung oder Meine Leber ist sinnlos“. Denn die langt gekonnt in den Fundus österreichischer Weltliteratur: Die Familien im Mehrparteienhaus zitieren Nestroys „Zu ebener Erde und erster Stock“. Die Jelinek’sche Schreckensmutter wird aus einer Thomas-Bernhard-Party direkt zur Hölle befördert. All das artikuliert sich in einer einzigartigen, massiv ordinären Sprache, die so kunstvoll ist, als habe einer mit der Fleischerhacke ein Meisterwerk ziseliert.
Fritzi Wartenberg, Regisseurin von Stefanie Reinspergers Vertrauen, lässt drei bürgerliche Wohnzimmer an die Bühnenwand applizieren (Bild: Jessica Rockstroh). Durch dieses nicht mehr überraschende Ambiente jonglieren die sieben Schauspieler Schwabs kühne Sprachkonstrukte. Für einen sehenswerten Abend fehlt es allerdings entschieden am Handwerk. Einsame Chefin im Ring ist Stefanie Reinsperger in der autobiografischen Bubenrolle. Sie holt ihren für „Liliom“ erfundenen androgynen Troll hervor, durch dessen papierdünne Haut das Elend schimmert. Derart magnetisch ist die Gestalt, dass sie in der ersten Szene auch Maresi Riegners Mutterscheusal Halt gibt.
Dann wechselt die Szene zur Familie Kovacic, prominent besetzt mit Zeynep Buyrac, Sebastian Wendelin, Jonas Hackmann und Tilman Tuppy. Hier zeigt sich, dass die Regie keinen überzeugenden Spiel- und Sprachstil, keinen schlüssigen Ton und Rhythmus herzustellen vermag: Schlampig überdrehendes Theater führt schicksalhaft zur Langweile.
Zuletzt spricht Franziska Hackl wortschön den langen Monolog der Hausherrin Grollfeuer. Aber vom versteinerten, ihre Kreaturen knechtenden Herrenmenschen bleibt nichts einer Gestalt Ähnliches: Man versteht nicht, was sie uns sagen will.
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