Autor Robert Schneider hat sich in eine besondere Chronik vertieft und schildert, wie das kleine Vorarlberg übermäßig unter Feuerkatastrophen zu leiden hatte.
Bisweilen kann es lehrreich sein, einen Blick auf das Leben unserer Altvorderen zu werfen, auf ihre Nöte und Ängste, auf die Katastrophen, die sie ereilt haben. Noch bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts verbrachten sie ihre Existenz ohne die uns selbstverständlich erscheinenden sozialen Sicherungssysteme, zumeist ohne Krankenversicherung und Pension, besonders die bäuerliche Bevölkerung. In einem Zeitalter der Kerzen, Talglichter und Petroleumlampen stand die Angst vor einer Feuersbrunst verständlicherweise an erster Stelle. Eine kleine Abhandlung aus dem Jahr 1898 gibt darüber Auskunft. Ihr Verfasser Bernhard Dür hat ihr den vollmundigen Titel „Die größten Brandkatastrophen Vorarlbergs in unserem Jahrtausend“ gegeben.
Große Brandunglücke im Laufe der Jahrhunderte
Im Vorwort resümiert der passionierte Hobbyhistoriker: „Es ist höchst merkwürdig, wie das kleine Vorarlberg im Laufe der Jahrhunderte von so vielen und so großen Brandunglücken heimgesucht wurde. Ja ich glaube, behaupten zu dürfen, daß kein anderes, so kleines Land, mit ihm ein gleiches Geschick zu theilen hat.“ Dürs Chronologie hebt im Jahr 1079 an, als Abt Ulrich von S. Gallen „(...) die statt und schloss Bregentz mit gewalt gewunnen und verbrennt (...)“. 1348 ist „am St. Simons und Judae Tag zur Vesper-Zeit eine erschröckliche Brunst in Veldkirch entstanden, welche (...) schier die gantze Statt (...) verzehrt und in Aschen gelegt hat. 1404 äschern die Feldkircher Bürger das Dorf Nüziders ein (Dür erwähnt hierzu keine Gründe), und anno 1406 wird Götzis, Hohenems, Lauterach und die nähere Umgebung von Feldkirch durch die Appenzeller angezündet.
Eine entsetzliche Feuersnot ereignete sich 1491 in Bludenz, nachdem die Stadt bereits knapp 50 Jahre zuvor heftig gebrannt hatte. „Mitten in der Nacht vom 26. auf den 27. Juli“, schreibt Dür, „(...) brach bei heftigem Winde (...) der zweite und größte Brand aus und verbreitete sich binnen 2 Stunden dergestalt über die Stadt, daß an eine Rettung nicht mehr zu denken war. (...) Die Stadt verbrannte ganz und gar und mit ihr die Pfarrkirche, das Schloss und die Thore. (...) Es war alles Holzwerk und nicht ein gemauertes Haus für und für in der Stadt (...)“ So geht es in Dürs Chronik eilig fort, und je länger man darin liest, umso stärker wird der Eindruck, dass es in Vorarlberg tatsächlich oft gebrannt haben muss.
Vogel am Dach als Brandursache
Es gibt aber auch Feuersbrünste, deren Ursache einer gewissen Tragikomik nicht entbehren. 1682 brannten in Schruns die Kirche und zwölf nahe gelegene Häuser ab. „(...) und zwar durch einen gleichgültigen lüderlichen Soldaten, der nach einem Vogel auf dem Kirchendach geschossen hat.“ In der Nacht vom 6. auf den 7. August 1697 wütete ein verheerendes Feuer in Feldkirch und äscherte die Stadt vom Katzenturm bis zur Marktgasse ein. Insgesamt wurden 150 Häuser zerstört. Die Feldkircher waren nicht imstande, den Schaden aus eigenen Mitteln zu beheben, weshalb eine Sammlung in Graubünden, Schwaben, Bayern, Salzburg, Tirol und Kärnten durchgeführt werden musste. Allerdings sei so wenig Geld zusammengekommen, dass die Häuser nur „eilfertig und flüchtig“ wiederaufgebaut werden konnten. Als unmittelbare Folge auf den Brand erging der Erlass, das „Tabaktrinken“ (Tabakrauchen) zu verbieten, „ebenso das Hanfschlagen und Dörren.“
Hirt sah Feuer in Fraxern als erster
Lange Trockenheit, Föhnstürme, Hantieren mit offenem Licht, besonders aber die noch schwelende Asche in den Öfen gelten als hauptsächliche Ursachen für die weit um sich greifenden Brände. So geschehen am „Kilbenmontag“, dem 10. September 1761, in Fraxern. „Eine Magd hatte die Asche auf den Estrich hinaufgetragen, noch mottende Glut wurde zur Ursache des Brandes.“ Dür beschreibt den Ausbruch des Fraxner Feuers recht plastisch. „Statt ’blauenzumachen’ war das Männervolk auf die Hohe Kugel gestiegen, die Streu zu mähen. Wie man in der eifrigsten Arbeit war, rief ein Geishirt: ’Fürio! Es brennt in Fraxern!’ Anfangs wollten die Leute ihm nicht glauben und drohten mit Schlägen. Allein man musste sich leider überzeugen, daß er die Wahrheit sage. (...) Der Föhn hatte zuvor die Häuser recht ausgetrocknet und nun trieb er die Feuersfluten über dieselben hin, daß in kurzer Zeit das ganze Unterdorf (...), im Ganzen über 20 Haus-Nr. (...) total niederbrannten.“
Wie existenzvernichtend eine Feuersbrunst sein konnte, erhellt das Beispiel von Nenzing, wo am 1. Oktober 1895 durch die angebliche „Unvorsichtigkeit eines Kindes“ 14 Häuser und Ställe in Flammen aufgingen. „Der herrschende Föhn trug rasch das Feuer an die benachbarten Schindeldächer, welche (...) gleich Feuer fiengen (sic!).“ Unglücklicherweise, so Dür, besuchten „an diesem Tage viele Männer von Nenzing den Bludenzer Viehmarkt“ oder waren „theils auf dem Felde bei der Arbeit“, sodass eine „ausgiebige Hilfe“ nicht möglich war. „Die Häuser und Ställe waren nur mäßig, die Fahrnisse meist gering oder auch gar nicht versichert. Sehr viel Heu und eingeheimste Feldfrüchte gingen zugrunde. Viele Obstbäume verbrannten.
Das arme, liebe Vorarlberg
Unser Chronist, der sich auf Pfarrarchive, Stadtchroniken und sich – in seiner Lebenszeit – auf Zeitzeugen beruft, schließt seine Abhandlung mit den Worten: „So lieber Leser, somit habe ich mein Thema in Kürze behandelt und ich glaube, daß du zur Überzeugung gelangt bist, daß das liebe Vorarlberg im Laufe der Jahrhunderte wirklich von recht vielen und von sehr großen Brandunglücken betroffen wurde.“
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