Nach Skandalurteil

Ministerin kündigt Reform des Sexualstrafrechts an

Innenpolitik
29.09.2025 15:02

Die zehn Freisprüche im Prozess um die Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung des zwölfjährigen Mädchens Anna in Wien sorgten für einen Aufschrei im Land. Justizministerin Anna Sporrer (SPÖ) reagiert und kündigt eine Reform des Sexualstrafrechts an: Das Zustimmungsprinzip „Nur Ja heißt Ja“ soll umgesetzt werden.

Das Urteil nach der Entscheidung des Gerichts am vergangenen Freitag saß tief: Alle zehn Angeklagten, von denen fünf vorbestraft sind, verlassen den Gerichtssaal nach zweitägiger Verhandlung als freie Männer. Obwohl sie an verschiedenen Orten in Wien, unter anderem in einem eigens dafür angemieteten Hotel in Favoriten, hintereinander Geschlechtsverkehr mit einer Zwölfjährigen hatten. Das Kind habe sich älter gemacht und zugestimmt, hieß es im Urteil.

In der Anklage hieß es indes, dass Anna (Name geändert) „Nein“ gesagt hätte, aber aus Angst und aufgrund der körperlichen Unterlegenheit gegenüber den Angeklagten mitgemacht hätte. Dass das Gericht nun einen Freispruch verkündete, sorgt sowohl in Österreich als auch international für Unverständnis und heftige Kritik.

Ein Meilenstein für den Opferschutz
Die Entscheidung des Gerichts ließ offenbar auch Justizministerin Anna Sporrer (SPÖ) aufhorchen. Überraschend kündigte sie am Montag eine „Weiterentwicklung des Sexualstrafrechts“ an. Österreich soll mit gutem Beispiel vorangehen: Künftig wird das Zustimmungsprinzip rechtlich verankert – „Nur Ja heißt Ja“.

Die Justizministerin zieht Konsequenzen aus dem Fall Anna und kündigt eine Reform des ...
Die Justizministerin zieht Konsequenzen aus dem Fall Anna und kündigt eine Reform des Sexualstrafrechts an.(Bild: SEPA Media, Gerhard Bartel)
Auch Verteidigungsministerin Klaudia Tanner verfolgte die Berichterstattung über den Fall Anna ...
Auch Verteidigungsministerin Klaudia Tanner verfolgte die Berichterstattung über den Fall Anna in der „Krone“:(Bild: X/Klaudia Tanner)

Die Reform des Sexualstrafrechts ist auch im Regierungsprogramm verankert. Bereits am Samstag hatte sich Verteidigungsministerin Klaudia Tanner empört zu Wort gemeldet. Sie verstehe „die Welt nicht mehr“ und halte die Freisprüche „als Mutter und Politikerin für falsch“, sie würden „ein fatales Signal der falschen Toleranz“ aussenden.

Auch die Justizministerin zeigt Mitgefühl: Sie äußere sich grundsätzlich nicht zu Urteilen der unabhängigen Rechtsprechung, könne aber „die große Betroffenheit und das öffentliche Interesse an diesem Fall gut nachvollziehen“. Der Schutz vor Gewalt begleite sie schon ihr ganzes berufliches Leben und sei ihr daher auch als Justizministerin ein zentrales Anliegen: „Die Stärkung der sexuellen Selbstbestimmung sowie ein wirksamer Schutz von Frauen und Mädchen vor Gewalt haben für mich oberste Priorität.“  Vor diesem Hintergrund wird derzeit geprüft, „wie das geltende Sexualstrafrecht weiterentwickelt werden kann“.

Was bedeutet „Nur Ja heißt Ja“?
Die künftig auf rechtlicher Grundlage verankerte Maßnahme trägt den Titel „Nur Ja heißt Ja“ und stellt eine grundlegend neue Herangehensweise der Gerichte dar. Künftig soll laut Sporrer geprüft werden, ob eine ausdrückliche Zustimmung vorlag, statt wie bisher zu beurteilen, ob sich die Betroffene gewehrt oder deutlich gemacht hat, dass der Sexualakt gegen ihren Willen erfolgt. Auch wenn dies für Außenstehende unbedeutend erscheinen mag, stellt es ein Novum im österreichischen Strafrecht dar und einen wichtigen Schritt zur Stärkung des Opferschutzes.

Ein weiterer zentraler Schritt sei der flächendeckende Ausbau von Gewaltambulanzen, deren Grundstein Ex-Justizministerin Zadić in ihrer Amtszeit gelegt hat. „Diese Einrichtungen leisten einen unverzichtbaren Beitrag: Sie unterstützen Gewaltopfer rasch und unkompliziert und sichern Beweise gerichtsfest – eine entscheidende Hilfe für spätere Gerichtsverfahren“, betonte die Justizministerin.

Urteil war ohne Zustimmungsprinzip rechtens
In der Hauptverhandlung am vergangenen Freitag ging es nicht um eine sexuelle Handlung, die mit Gewalt oder Drohung vorgenommen oder erduldet wurde. Das Urteil lag im rechtlich zulässigen Strafrahmen und ist dementsprechend zu akzeptieren. Selbst den Vorwurf des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen hatte die Staatsanwaltschaft bereits im Ermittlungsverfahren aus Beweisgründen fallengelassen.

Kern des Prozesses war die Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung und der geschlechtlichen Nötigung eines zwölfjährigen Mädchens. Bleibt die Frage, wie der Prozess verlaufen wäre, wenn das Zustimmungsprinzip „Nur Ja heißt Ja“ schon damals gegolten hätte. Laut Anklage soll Anna ausdrücklich „Nein“ gesagt haben.

Loading...
00:00 / 00:00
Abspielen
Schließen
Aufklappen
kein Artikelbild
Loading...
Vorige 10 Sekunden
Zum Vorigen Wechseln
Abspielen
Zum Nächsten Wechseln
Nächste 10 Sekunden
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
Loading
Kommentare
Eingeloggt als 
Nicht der richtige User? Logout

Willkommen in unserer Community! Eingehende Beiträge werden geprüft und anschließend veröffentlicht. Bitte achten Sie auf Einhaltung unserer Netiquette und AGB. Für ausführliche Diskussionen steht Ihnen ebenso das krone.at-Forum zur Verfügung. Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.

User-Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Betreibers/der Redaktion bzw. von Krone Multimedia (KMM) wieder. In diesem Sinne distanziert sich die Redaktion/der Betreiber von den Inhalten in diesem Diskussionsforum. KMM behält sich insbesondere vor, gegen geltendes Recht verstoßende, den guten Sitten oder der Netiquette widersprechende bzw. dem Ansehen von KMM zuwiderlaufende Beiträge zu löschen, diesbezüglichen Schadenersatz gegenüber dem betreffenden User geltend zu machen, die Nutzer-Daten zu Zwecken der Rechtsverfolgung zu verwenden und strafrechtlich relevante Beiträge zur Anzeige zu bringen (siehe auch AGB). Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.

Kostenlose Spiele
Vorteilswelt