Außenministerin Beate Meinl-Reisinger hat sich am Donnerstagabend bei der UNO-Vollversammlung in New York über die Zukunft besorgt gezeigt. Krisen würden einen langen Schatten werfen. Es habe den Anschein, der Blick nach vorne sei „für die Generation unserer Kinder nicht strahlender als die Gegenwart“.
In einer phasenweise betont persönlichen Rede sprach die NEOS-Politikerin von grundlegenden Ängsten vor Krieg und Konflikten, Klimawandel und Radikalisierung sowie Fundamentalismus und gesellschaftlicher Spaltung.
Als Mutter von drei Töchtern belaste sie dies zutiefst, erklärte Meinl-Reisinger laut Redetext. Für Politiker sei „das wichtigste Versprechen, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um sicherzustellen, dass unsere Zukunft zumindest ein wenig besser ist als die Vergangenheit“, so die Außenministerin.
Aktuell „können wir unsere Augen nicht vor der Kluft zwischen diesem Anspruch und der harten Realität, in der wir leben, verschließen“, zog die NEOS-Politikerin jedoch eine ernüchternde Bilanz.
Die Rede in voller Länge:
Als Beispiel nannte Meinl-Reisinger den Nahost-Konflikt. Der schreckliche Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober sei „absolut verwerflich“ gewesen, betonte sie. Die radikalislamische Terrorgruppe Hamas müsse zudem alle Geiseln „unverzüglich und bedingungslos freilassen, ihre Herrschaft in Gaza beenden und ihre Waffen abgeben“.
Gleichzeitig rechtfertige „nichts die verheerende humanitäre Katastrophe, die wir in Gaza erleben“, übte die Außenministerin aber auch Kritik am militärischen Vorgehen der israelischen Regierung unter Ministerpräsident Benjamin Netanyahu. „Zivilisten müssen jederzeit geschützt werden. Es gibt keine Rechtfertigung für Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht.“
„Anerkennung Palästinas bei richtigen Voraussetzung“
Österreichs Unterstützung für die Zwei-Staaten-Lösung bestehe nicht nur aus Worten, argumentierte Meinl-Reisinger, „wir unterstützen die Palästinensische Autonomiebehörde seit vielen Jahrzehnten und werden Palästina auch als Staat anerkennen, sobald dieser Schritt den bedeutendsten Beitrag zum Frieden leisten kann und die richtigen Voraussetzungen dafür gegeben sind.“
Bezüglich des „illegalen und unprovozierten russischen Angriffskriegs auf die Ukraine“ merkte die Außenministerin an: „Während die russische Regierung tagsüber von Frieden spricht, feuert sie nachts weiterhin Raketen auf die Ukraine ab. Auf Städte und Dörfer, auf Schulen, Krankenhäuser und Kindergärten. Zehntausende Zivilisten sind ums Leben gekommen. Auch dieser Krieg muss so schnell wie möglich beendet werden.“
Österreich fordere dringend einen sofortigen Waffenstillstand, „als Voraussetzung für echte Gespräche zur Beendigung dieses Krieges“. Bezüglich der Bemühungen der USA, den Krieg durch hochrangige Diplomatie zu beenden, gelte aber: „Die Ukraine und Europa als Ganzes müssen mit am Tisch sitzen, wenn Entscheidungen über die Zukunft der Ukraine und die europäische Sicherheitsarchitektur getroffen werden.“
Investition in Verteidigung „notwendig“
„Vor dem Hintergrund zunehmender Unsicherheit und bewaffneter Konflikte investieren die Länder derzeit massiv in Sicherheit und Verteidigung – auch in Europa“, erklärte Meinl-Reisiger. „Dies ist notwendig, da wir mit dem größten Krieg auf unserem Kontinent seit 1945 konfrontiert sind“.
Doch sei eines klar: „Wachsende Atomwaffenarsenale oder unkontrollierte autonome Waffensysteme werden unsere Welt nicht sicherer machen. Wir alle müssen zwar für die Sicherheit unserer Bevölkerung sorgen, aber wir dürfen niemals das humanitäre Völkerrecht aufgeben und wir müssen Waffen verbieten, die wahllos töten.“
Die Vereinten Nationen seien 1945 aus den Trümmern des Krieges und dem Versprechen „Nie wieder“ entstanden, erinnerte die Außenministerin. Aktuell sei die Welt aber „mit einem gefährlichen Vertrauensverlust in multilaterale Institutionen“ konfrontiert. „Wir beobachten eine zunehmende Missachtung der UNO-Charta selbst und eine steigende Flut von Zwangsmaßnahmen und Unilateralismus, die Dialog und Zusammenarbeit ersetzen.“ In diesem Umfeld sei die Notwendigkeit einer effektiven, legitimen und reaktionsfähigen Vereinten Nationen größer denn je.
Wir setzen uns für das Völkerrecht, den Schutz der Zivilbevölkerung, Frieden und Abrüstung ein.
Beate Meinl-Reisinger
zu Österreichs Bewerbung für UNO-Sicherheitsrat
Bild: APA/CHRISTOPHER DUNKER
Österreich – „als eher kleines, militärisch neutrales Land“ – habe sich stets für einen effektiven Multilateralismus, für die friedliche Beilegung von Streitigkeiten und für die Herrschaft des Völkerrechts eingesetzt.
Werbung für UNO-Kandidatur Österreichs
Österreich sei bereit, seinen Teil „zu einem offenen und fairen Dialog“, „zum Aufbau echter Partnerschaften“ und zum „Wiederaufbau des Vertrauens, das durch rücksichtslosen Unilateralismus untergraben wurde“ beizutragen, sagte Meinl-Reisinger und erinnerte daran, dass Österreich bereits 2011 seine Kandidatur für den UNO-Sicherheitsrat für die Amtszeit 2027/28 eingereicht habe. Gerade kleine Länder – wie Österreich – seien auf „Rechtsstaatlichkeit, Zusammenarbeit, Solidarität und gemeinsame Institutionen“ angewiesen. Österreich gehörte dem mächtigsten UNO-Gremium bisher dreimal an, und zwar in den Jahren 1973/74, 1991/92 und 2009/2010.
Österreich lege daher „Wert auf Diplomatie, Transparenz und Inklusivität“, rührte die Außenministerin die Werbetrommel für die Wahl im Juni 2026. „Wir setzen uns für das Völkerrecht, den Schutz der Zivilbevölkerung, Frieden und Abrüstung ein“, betonte Meinl-Reisinger und verwies darauf, dass Österreich 2023 die erste Resolution der UNO-Generalversammlung zur Regulierung von tödlichen autonomen Waffensystemen eingebracht habe.
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