Natürlich existiert sie noch, unsere immerwährende Neutralität. Theoretisch gilt sie genauso wie am 26. Oktober 1955, als sie von allen 165 Abgeordneten der vier Parteien im Nationalrat beschlossen wurde. Praktisch aber haben wechselnde Regierungen unsere Neutralität in den letzten Jahren durch immer wiederkehrende Neuinterpretationen ausgehöhlt. Dieser Tage forderte die Außenministerin nicht nur mehr Druck auf Moskau, sondern auch eine Adaptierung der österreichischen Sicherheitsstrategie. Eine fatale Fehlentwicklung: Wer ständig „neutral, aber …“ sagt, ist am Ende weder neutral noch ernst zu nehmen. Genau dann verliert Österreich seine Glaubwürdigkeit.
Ich habe zuletzt im Juni 2024 gewarnt: Wer als offizielles Österreich dem russischen Präsidenten Putin droht, ihn im Falle einer Einreise zu verhaften, gefährdet unser Volk. Der ehemalige Außenminister sprach von „gleichem Recht für alle“. Doch wenn das gilt, müssten wir auch Israels Premier Netanyahu festnehmen. Gegen ihn liegt ebenfalls ein Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofes vor.
Mit solchen Drohgebärden machen wir uns nicht nur lächerlich. De facto sollte Österreich allen Staaten neutral begegnen und als sicherer Ort für Gespräche und Friedensverhandlungen dienen. Neutralität bedeutet nicht nur militärische Neutralität, sondern vor allem politische Neutralität. Nur so kann unser Land – wie einst unter Bruno Kreisky – glaubwürdig einen Beitrag zum Weltfrieden leisten.
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