Zwei minderjährige Brüder hatten wie berichtet im Zuge eines Ferienlagers in Vorarlberg ihre Zimmerkameraden brutal misshandelt. Aufgrund der unfassbaren Vorfälle pochen jetzt nicht nur Vertreter des Instituts für Sozialdienste (ifs) auf verpflichtende Konzepte zum Kinderschutz in Ferienbetreuungseinrichtungen.
Die abscheulichen Vorfälle liegen bereits zwei Jahre zurück, erst am Montag sind sie im Zuge eines Prozesses am Bezirksgericht Dornbirn öffentlich geworden. Der Schock sitzt tief, es stellt sich die Frage nach dem Warum – und wie derartige Übergriffe künftig verhindert werden können. Beim Institut für Sozialdienste (ifs) hat man im Beratungsalltag immer wieder mit Gewalt von Kindern an Kindern zu tun. Der Fall der zwei Brüder sei aber außergewöhnlich, betont Jutta Lutz-Diem, Leiterin des ifs-Kinderschutzes. Die Gründe für übergriffiges Verhalten von Kindern seien sehr verschieden, zum konkreten Fall könne sie diesbezüglich nichts sagen. Generell seien aber Verbesserungen bei der Ferienbetreuung notwendig. Österreichweit gebe es für Ferienheime keine einheitlichen Standards, in Vorarlberg gibt es zwar Empfehlungen, aber keine Verpflichtung, kritisiert die Expertin.
Zwar sind im Ländle gewisse Vorgaben für Ferienlager im Kinderbildungs- und Betreuungsgesetz verankert. Demnach müssen Betreuungspersonen das 18. Lebensjahr vollendet haben, verlässlich und für den Umgang mit Kindern geeignet sein. Im Gegensatz zu früheren Zeiten muss ein Ferienlager aber nicht einmal offiziell angemeldet werden.
Strafregisterbescheinigung vorlegen lassen
„Aktuell ist der präventive Ansatz eher zurückhaltend“, resümiert auch der Vorarlberger Kinder- und Jugendanwalt Christian Netzer. Aus seiner Sicht wäre es sinnvoll, die Ferienlager wieder bei einer Behörde anzuzeigen und Strafregisterbescheinigungen des Personals zu verlangen. Somit wäre gleich ersichtlich, ob Verurteilungen gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung im Strafregister eingetragen sind. Auch Kinderschutzkonzepte seien zielführend, schließt sich Netzer der Meinung von Lutz-Diem an. „Es sind im Grunde alle Vereine, die mit Kindern arbeiten, angehalten, sich mit der Thematik zu beschäftigen – auch aus Eigenschutz und im Interesse der Mitarbeitenden“, betont die Leiterin des ifs-Kinderschutzes.
So definiere eine Einrichtung mit einem Kinderschutzkonzept klar ihre Haltung zu Gewalt und das Vorgehen bei einer Meldung. Aus der Praxis wisse man, dass solche Fälle oft eine hohe Dynamik entfalten. „Kinderschutz ist Erwachsenensache“, betont die Expertin: Kinder müssten gestärkt werden, Ansprechpartner haben und über ihre Gefühle sprechen dürfen. „Gewalt muss bei einer Meldung sofort gestoppt werden. Man darf das nicht abtun als kindliches Spiel.“
Kinderschutz ist Erwachsenensache.
Jutta Lutz-Diem, ifs
Träger vom Land kontrolliert
Auf Nachfrage des ORF Vorarlberg teilte die zuständige Landesrätin Barbara Schöbi-Fink am Montag mit, dass das Land unmittelbar nach Erhalt der Informationen über den Missbrauchsfall tätig geworden sei. Der Träger der Einrichtung sei kontrolliert worden, Maßnahmen wurden vorgeschrieben und zeitnah umgesetzt. So seien unter anderem ein Nachtdienst mit zwei Betreuungspersonen sowie regelmäßige Rundgänge eingeführt und konkrete Abläufe für den Umgang mit Vorkommnissen (etwa auffälliges Verhalten von Kindern, Gewalt und Grenzüberschreitung zwischen Kindern) festgelegt worden. „Zudem wurden klare Vorgaben an das Personal formuliert – etwa zum Umgang mit Kindern und zum Ausschluss von Alkoholkonsum während des Dienstes.“
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