Russland hat die vergangenen Stunden dafür genutzt, die eigene Macht zu demonstrieren. Noch während des Spitzentreffens im Weißen Haus übermittelte Wladimir Putin dem US-Präsidenten ein vergiftetes Angebot – und verwandelte sogar den Austausch von Soldatenleichen in ein politisches Kräftemessen.
Nach dem Gipfeltreffen in Washington zwischen europäischen Spitzenpolitikern und US-Präsident Donald Trump läuft die internationale Diplomatie zur Beilegung des Konfliktes weiter auf Hochtouren. Der Republikaner erklärte, er bereite ein Treffen zwischen Wladimir Putin und Wolodymyr Selenskyj vor.
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron schlug dafür Genf als Ort vor. Die Schweiz garantierte dem russischen Diktator trotz des gegen ihn vorliegenden internationalen Haftbefehls bei einer Teilnahme an einem Treffen Immunität. Aus Moskau kommt hingegen das Übliche: ein Spiel auf Zeit und Untergriffigkeiten.
Russlands Außenminister Sergei Lawrow stellte in einem Interview mit dem russischen Staatsfernsehen Bedingungen für ein Friedensabkommen mit der Ukraine. „Ohne eine Berücksichtigung der russischen Sicherheitsinteressen, ohne die Achtung der Rechte der Russen und Russischsprachigen, die in der Ukraine leben, kann von einem langfristigen Abkommen nicht die Rede sein“, sagte der Chefdiplomat.
Putins vergiftetes Gesprächsangebot
Der Nachrichtenagentur AFP zufolge soll Putin in einem Telefonat mit Trump Moskau für ein Dreiertreffen mit Selenskyj vorgeschlagen haben, was die Ernsthaftigkeit des Kremls weiter in Zweifel ziehen dürfte.
„Putin erwähnte Moskau“, erklärte eine mit den Vorgängen vertraute Person gegenüber der Nachrichtenagentur. Der ukrainische Präsident, der sich zu diesem Zeitpunkt mit europäischen Staats- und Regierungschefs im Weißen Haus befand, soll den Vorschlag unverzüglich zurückgewiesen haben.
Zur Erinnerung: Trump unterbrach den Gipfel mit europäischen Spitzenpolitikern, um Putin auf Stand zu bringen. Ein höchst ungewöhnlicher Vorgang, da so etwas normalerweise nach und nicht während eines Treffens passiert. Der US-Präsident hoffte offenbar, gleich Nägel mit Köpfen machen zu können. Der Kremlchef ließ ihn auflaufen und schlug Moskau für ein Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten vor.
Trump verteidigte sein eiliges Vorgehen gegenüber seinem Haussender Fox News: „Ich habe es ja nicht vor ihnen (den europäischen Staatsführern, Anm.) gemacht. Ich dachte, das wäre respektlos gegenüber Präsident Putin. Das würde ich nicht tun. Sie haben nicht das wärmste Verhältnis.“
Moskau macht Leichenübergabe zum Machtbeweis
Putin arbeitet hingegen weiter an seinem Vorhaben, die Ukraine schwach erscheinen zu lassen. Ein Puzzlestück dieses Plans stellt der Austausch von getöteten Soldaten dar. Russland hat der Ukraine am Dienstag gleich 1000 Tote übergeben. Dies sei in Übereinstimmung mit den Abmachungen von Istanbul geschehen, schrieb der russische Chefunterhändler Wladimir Medinski bei Telegram. Im Gegenzug habe die Ukraine 19 russische Gefallene überstellt.
„Genauso wie vor einem Monat“, fügte der russische Diplomat hinzu. Kiew bestätigte den Erhalt der Leichen. In dem seit dreieinhalb Jahren währenden Krieg sind auf beiden Seiten bereits Zehntausende Soldaten ums Leben gekommen.
Seit Mai verhandeln in Istanbul Russland und die Ukraine erstmals seit drei Jahren wieder direkt miteinander über mögliche Wege zur Beendigung des Kriegs. Dabei wurden mehrere Gefangenenaustausche vereinbart.
Die Rückführung der Leichen hat sich dabei zum Politikum entwickelt: Moskau hatte bereits vor der Übergabe am Dienstag 7000 Leichen übergeben. Offiziellen russischen Angaben nach hat die Ukraine gleichzeitig weniger als 100 Gefallene überstellt.
Nach Ansicht Moskaus ist dies ein Indiz dafür, dass die Ukraine wesentlich mehr Tote an der Front zu beklagen hat als Russland.
Kiew wiederum betonte, dass unter den Leichen auch fünf Soldaten seien, die in russischer Gefangenschaft gewesen seien. Diese hätten dem Abkommen von Istanbul nach zuletzt bei einem Austausch schwerverwundeter Soldaten freikommen sollen, teilte der Koordinierungsstab für Fragen der Kriegsgefangenen mit. Die Ukraine hat Russland bereits mehrfach die Misshandlung von Kriegsgefangenen vorgeworfen.
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