Donald Trump steuert auf das wichtigste Treffen seiner bisherigen Amtszeit zu. Der US-Präsident will am Freitag Kremlchef Wladimir Putin in Richtung Frieden bewegen. Doch bereits im Vorfeld herrscht Chaos – und in Europa machen sich Horror-Szenarien breit.
Europas Spitzenpolitiker sitzen wieder einmal nicht am Verhandlungstisch, wenn Trump den Kremlchef am Freitag in Alaska zu einem Friedensgipfel bittet. Hierzulande geht die Angst um, dass der US-Präsident die Ukraine verraten könnte. Denn bereits im Vorfeld gab der Republikaner zu erkennen, dass er gewillt sei, über den Tausch von „Gebieten“ zu verhandeln.
In typischer Trump-Manier weiß jedoch niemand so genau, was vorab mit Putin besprochen wurde. Der US-Präsident erklärte am Montag in einer wirren Pressekonferenz, dass er „keinen Deal“ machen werde. Trump wolle sich lediglich anhören, was der russische Diktator zu sagen habe.
Was wurde bis jetzt besprochen?
Nur um wenige Augenblicke später wieder über „Deals“ zu sprechen. Er erklärte breitbeinig, dass er „wahrscheinlich in den ersten zwei Minuten genau wissen werde, ob eine Einigung möglich ist oder nicht“. Ein Versprecher sorgte für zusätzliche Verwirrung. Trump kündigte an, dass er „nach Russland“ gehen werde, um Putin zu treffen (siehe Tweet unten). Alaska gehört jedoch seit 1867 nicht mehr zum russischen Imperium. Das Weiße Haus hat bis dato noch keine Details zu dem Gipfel in Anchorage geliefert. Auch Steve Witkoff, Trumps Sondergesandter und Putin-Spezi, scheiterte in intensiven Gesprächen mit Europas Staatenführern daran, für eine klare inhaltliche Ausgangslage zu sorgen.
Witkoff hat Putin am vergangenen Mittwoch persönlich getroffen. Im Anschluss tischte er den Europäern dem „Wall Street Journal“ zufolge drei unterschiedliche Versionen auf, was im Kreml besprochen wurde. Am Ende blieb vom propagierten „Gebietstausch“ nur ein freiwilliger Rückzug der Ukraine aus dem Donbass übrig, was militärisch wenig Sinn ergeben würde.
Trumps Mann hat offenbar entscheidende Punkte im Gespräch mit Putin missverstanden, wird hinter vorgehaltener Hand gemunkelt. Der Kremlchef sei nicht von seinen Maximalforderungen abgewichen, heißt es inzwischen. Michael McFaul, früher US-Botschafter in Russland, sprach von „schädlicher Inkompetenz“. Er riet dem Sondergesandten, künftig einen Protokollführer aus der amerikanischen Botschaft mitzunehmen. Diese Disziplin nenne sich „professionelle Diplomatie“.
In Europa schrillen die Alarmglocken
Der Legende nach lernte Trump seinen Sondergesandten in einem Sandwichladen in New York im Jahr 1986 kennen. Der heutige US-Präsident hatte kein Geld dabei, aber Hunger. Witkoff schritt heldenhaft ein und bezahlte sein Essen. Seitdem „kämpfen“ sie sich durch die Immobilien-Welt von Manhattan und spielen an den Wochenenden Golf, so erzählt es zumindest Trumps „Schatten-Außenminister“.
Die europäische Spitzenpolitik ist entsprechend alarmiert. Dem „Spiegel“ zufolge macht sich vor allem im politischen Berlin „Hektik“ breit. In Europa geht die Angst um, dass in Alaska gefährliche Fakten geschaffen werden. Der US-Alleingang zeigt erneut, dass sich Trump und sein Gefolge ungern mit Details aufhalten. Ihre Währung ist eine andere: Deals! Und am Ende von diesem sieht der Republikaner bereits den Friedensnobelpreis funkeln.
Am Mittwoch wollen der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj und europäische Staatschefs wie Friedrich Merz, Keir Starmer und Emmanuel Macron dem US-Präsidenten noch einmal ins Gewissen reden. Es geht um Schadensbegrenzung, für sie steht nichts weniger als die europäische Friedensordnung auf dem Spiel. Trump soll bei Merz‘ „Notfallgipfel“ an jene Details erinnert werden, die am Ende den Unterschied zwischen einer Kapitulation oder neuen Spielräumen ausmachen können. Der knappe Zeitplan ist dabei kein Zufall. In diplomatischen Kreisen ist folgendes Motto weit verbreitet: Trump folgt jenem Rat, den er als Letztes gehört hat.
Wenige Stunden vor dem Alaska-Gipfel sollen alle heiklen Fragen debattiert werden, berichten internationale Medien: Wie könnte ein Zeitplan für Friedensgespräche aussehen? Was würde Putin dazu veranlassen, sich zu bewegen? Welche Sicherheitsgarantien könnte die Ukraine bekommen? Und: Zu welchen Zugeständnissen wären die Europäer bereit?
Denn alle Parteien wissen um die Situation auf dem Schlachtfeld. Moskau rückt so schnell vor wie lange nicht. Viele Ukrainer sind zudem kriegsmüde (siehe Grafik oben) und Europa liefert zu wenige Waffen, um eine effektive Gegenoffensive auf die Beine stellen zu können. Es gilt mittlerweile als unrealistisch, dass Kiew alle besetzten Gebiete im Osten des Landes zurückerhalten wird. NATO-Chef Mark Rutte hatte das am Wochenende laut ausgesprochen und als Fakt dargestellt – zum Ärger vieler.
NATO-Chef brüskiert mit Aussagen
Die eigene Verhandlungsposition vor einem Gipfel als schwach darzustellen, gilt mindestens als umstritten. Rutte sagte, ein künftiges Abkommen könnte anerkennen, dass Russland „de facto einen Teil des Territoriums der Ukraine kontrolliert“. Es müsse sich aber um eine „faktische“ Anerkennung handeln und keine juristische, fügte der NATO-Generalsekretär an.
Rutte bewirbt sozusagen eine Grauzone, die genug Spielraum bietet, ohne die eigenen Werte vollends zu verraten. Brüssel reagierte umgehend darauf. Alle EU-Länder bis auf Ungarn veröffentlichten am Dienstag eine gemeinsame Erklärung. Die 26 Staats- und Regierungschefs fordern darin, dass die Ukraine die Freiheit haben müsse, selbst über ihre Zukunft zu entscheiden.
Dabei wird betont, „dass internationale Grenzen nicht mit Gewalt verändert werden dürfen“ und ein gerechter und dauerhafter Frieden, der Stabilität und Sicherheit bringt, das Völkerrecht achten müsse. Berichten zufolge wird Rutte am Mittwoch nicht an der Schalte teilnehmen, um den US-Präsidenten auf sein Treffen vorzubereiten. Nicht ganz freiwillig, wie man hört ...
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