Spiel mit der DNA
Gen-Schock: Diese Babys entstanden aus drei Eltern
Acht Babys kamen in Großbritannien auf die Welt – mit Erbgut von drei verschiedenen Menschen. Möglich machte das eine neuartige Befruchtungsmethode, bei der Ärzte gezielt das Erbgut austauschen. Was manchen Hoffnung gibt, sorgt bei anderen für Angst vor „Designerkindern“ aus dem Labor.
Acht Babys mit dem Erbgut von je drei Menschen? Klingt wie Science-Fiction – ist aber Realität. In Großbritannien wurden acht gesunde Kinder geboren, bei denen nicht nur die Mutter und der Vater ihre Gene beigetragen haben, sondern auch eine fremde Frau. Diese dritte Person spendete Teile ihrer Eizelle, um eine gefährliche Erbkrankheit zu verhindern. Möglich wurde das durch eine besondere Methode der künstlichen Befruchtung.
Was wurde gemacht?
Normalerweise stammt das gesamte Erbgut eines Kindes von Vater und Mutter. Doch bei dieser speziellen Methode, die in Großbritannien unter strengen Auflagen erlaubt ist, wird das verändert. Aus der Eizelle der Mutter wird nur das wichtige Erbgut aus dem Zellkern entnommen. Das kommt dann in eine Eizelle einer gesunden Spenderin, die vorher „entkernt“ wurde.
So entstehen Babys, deren Haupt-Erbgut von Mutter und Vater stammt – aber deren Zellkraftwerke, die sogenannten Mitochondrien, von einer anderen Frau kommen. Diese Mitochondrien enthalten ebenfalls Gene – etwa 0,1 Prozent der gesamten DNA.
Warum ist das nötig?
Die Zellkraftwerke in den Eizellen der Mutter können defekt sein. Das führt bei Babys zu schweren, oft tödlichen Krankheiten. Besonders betroffen sind Nerven und Muskeln. Eine Heilung gibt es nicht. In Österreich wird jedes Jahr etwa ein Kind von 5000 mit so einem Gendefekt geboren. Weil die Mitochondrien nur über die Mutter vererbt werden, geben betroffene Frauen die Krankheit an ihre Kinder weiter – egal wie gesund der Vater ist.
Mitochondriale Erkrankungen können verheerende Auswirkungen auf ganze Familien haben. Wir erleben oft, wie Frauen mit dem Wissen leben müssen, diese schwere Krankheit an ihre Kinder weitergeben zu können.
Douglass Turnbull, Mitochondrien-Forscher an der Universität Newcastle
Acht Kinder wurden seit Beginn der Studie geboren, vier Mädchen und vier Buben. Und Genanalysen zeigen: Bei fünf Kindern wurde keinerlei krankmachende Mutation mehr festgestellt. Drei wiesen maximal 20 Prozent defekte Mitochondrien auf – deutlich unter der kritischen Schwelle. Erst ab 80 Prozent würde die Krankheit überhaupt ausbrechen. „Die heutige Nachricht gibt vielen weiteren Frauen neue Hoffnung“, sagt Douglass Turnbull, ein Forscher der Uni Newcastle.
„Designerbabys“ oder Lebensretter?
Doch nicht alle finden das gut. Viele Menschen fürchten, dass solche Methoden Tür und Tor für eine Zukunft öffnen, in der Kinder im Labor „geplant“ werden. Mit Wunschfarbe der Augen, gewünschter Größe oder Intelligenz. In Deutschland ist die Methode daher verboten. Auch, weil dort die Eizellspende nicht erlaubt ist – im Gegensatz zu Großbritannien. „Ob der Austausch der Mitochondrien strafbar ist, ist unter Juristen umstritten“, erklärt der Rechtsexperte Jochen Taupitz. Kritiker sprechen von einem ersten Schritt zu sogenannten Designerbabys.
2016 überlebte in Mexiko nur ein Embryo
Schon 2016 wurde weltweit über ein Baby mit drei genetischen Eltern berichtet. Ein US-Ärzte-Team unter der Leitung von Dr. John Zhang ermöglichte einem jordanischen Paar in Mexiko die Geburt ihres Sohnes – mithilfe einer riskanten Gen-Technik. Der Eingriff war nötig, weil die Mutter Trägerin eines schweren Gendefekts war (Leigh-Syndrom), an dem bereits zwei ihrer Kinder gestorben waren.
Weil das Verfahren in den USA verboten ist, wich das Team nach Mexiko aus – dort gibt es keine klaren Gesetze dafür. Kritiker sprachen von einem „Experiment ohne Regeln“. Tatsächlich entwickelte sich nur ein von fünf Embryonen normal. Das Kind kam gesund zur Welt – mit weniger als einem Prozent der defekten Mitochondrien im Körper.
Was bedeutet das für Österreich?
Auch bei uns ist der Eingriff nicht erlaubt. Frauen mit einem solchen Gendefekt bleibt nur die Hoffnung auf Präimplantationsdiagnostik. Dabei werden nach einer künstlichen Befruchtung nur gesunde Embryonen ausgewählt. Aber: Diese Methode hilft nur, wenn nicht alle Zellkraftwerke betroffen sind – was selten ist.
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