Der Konflikt zwischen Israel und dem Iran könnte eine neue Teuerungswelle auslösen. Die Ölpreise sind seit Kriegsausbruch bereits gestiegen. Bei einer kompletten Eskalation droht ein Ölpreis von 130 bis 150 US-Dollar und eine Inflation von fünf Prozent bis Jahresende. Ein stiller Gewinner könnte dabei Russland sein.
Derzeit beläuft sich der durch den Krieg ausgelöste Anstieg auf rund 15 US-Dollar pro Barrel (Sorte Brent). „Der natürliche Ölpreis liegt derzeit bei 65 US-Dollar und ist nun um 12 bis 15 US-Dollar höher“, so Johannes Benigni, Experte von JBC Vienna. Das könnte aber erst der Anfang eines kräftigen Anstiegs sein. Es gibt mehrere mögliche Drohszenarien, alle hätten einen Preisschock zur Folge, der unterschiedlich stark ausfällt und auch die allgemeine Inflation treiben würde.
Mit 1,5 Millionen Barrel pro Tag ist der Iran selbst ein wichtiger Ölproduzent. Sollte Israel Anlagen zerstören und der Iran könnte kein Öl mehr exportieren, würde das den Preis treiben. „Aber die Menge wäre nicht absolut spielentscheidend“, meint Benigni. Dennoch könnte der Ölpreis schon alleine deswegen Richtung 100 US-Dollar bewegen.
Der Iran möchte damit jene, die sich diesen Krieg jetzt erste Reihe fußfrei ansehen, für sich gewinnen. Denn eine Schließung der Hormus-Route würde alle betreffen.
Johannes Benigni, Energieexperte von JBC Vienna
Bild: JBC Energy
Eine andere Gefahr gibt es aber: Sollte das Regime seine Öl-Ausfuhren und damit eine wichtige Einnahmequelle verlieren, könnte er eher zu einer Eskalation verleitet sein. Dann wäre der Schaden in der eigenen Wirtschaft nämlich angerichtet und der Iran könnte in die Vollen gehen und Handelsrouten blockieren.
Iran-Verbündete im Jemen könnten „zündeln“
Benigni kann sich vorstellen, dass Teheran zuerst mithilfe der Huthi-Kämpfer im Jemen wichtige Handelsrouten indirekt behindern könnte. Die Meerenge Bab al-Mandab verbindet das Rote Meer im Süden mit dem Golf von Aden. Es wäre dann kein direkter Anschlag des Irans, sondern des Jemen, der unlängst seine Beteiligung am Krieg verkündete. Die Mengen über diese Route müssten dann teuer umgeleitet werden.
Das „Armageddon“ wäre aber die Schließung der Straße von Hormuz, so Benigni. Über die Meeresenge gehen täglich knapp 20 Millionen Barrel Öl, eine riesige Menge. Ein Ausfall würde 20 Prozent der weltweiten Kapazitäten betreffen. Sogar 30 Prozent der Flüssiggas-Transporte verlaufen darüber. Am Wochenende sprach sich bereits das iranische Parlament für eine Schließung aus. „Der Iran möchte damit jene, die sich diesen Krieg jetzt erste Reihe fußfrei ansehen, für sich gewinnen. Denn eine Schließung der Hormuz-Route würde alle betreffen.“
Versicherungsprämien für Tanker verdoppelt
Die große Frage bleibt, ob der Iran tatsächlich so weit geht, würde er doch die ganze Welt und vor allem China gegen sich aufbringen, auch Verbündete im Mittleren Osten wären empfindlich betroffen. Der Experte rechnet im Eskalationsfall mit einem Anstieg auf bis zu 150 Dollar, das wäre am Niveau des kompletten Allzeithochs. Ein weiterer Kostenfaktor sind teurere Versicherungen der Tanker aufgrund der hohen Unsicherheit. „Die Prämien in der Region haben sich in den vergangenen Wochen verdoppelt“, weiß Benigni.
Wifo: Inflation könnte auf fünf Prozent steigen
Auch Wifo-Ökonom Josef Baumgartner hält das im Fall einer kompletten Eskalation ein Niveau von 150 US-Dollar für nicht unrealistisch. Für den Fall eines Anstiegs auf 130 US-Dollar hat Baumgartner berechnet, dass die Inflation bis Jahresende auf fünf Prozent steigen könnte, fast eine Verdoppelung. Der jetzige Anstieg auf knapp 80 Dollar wäre noch verkraftbar und sollte sich in 0,1 bis 0,2 Prozent mehr Inflation widerspiegeln. Ein Anstieg auf rund 100 US-Dollar würde hingegen die Inflation um 1 Prozent anheizen.
Das hat nicht nur mit dem Ölpreis zu tun. Dieser würde ohne Zweifel auf die Spritpreise durchschlagen, was auch jetzt schon bemerkbar ist. Aber auch Transporte verschiedenster Güter würden sich verteuern. Zudem wirkt sich eine Verteuerung von Öl auch auf den Gas-Kurs aus, da viele Exporteure in ihrer Preisberechnung auch den Preis pro Barrel Brent-Öl einbeziehen. Die Märkte sind miteinander verbunden, die Rohstoffe teils auch miteinander ersetzbar, die Nachfrage hängt zusammen. Auch der Gaspreis stieg wieder auf den höchsten Stand seit April und liegt schon bei über 42 Euro pro Megawattstunde. Seit einem Jahr ist der Kurs um über 30 Prozent nach oben geschnellt.
Bei höheren Teuerungsraten dürften zudem die Lohnrunden im Herbst stärker ausfallen, was dann auch die Inflation 2026 treiben würde. Auch die Zentralbanken beobachten die Entwicklungen gespannt. Ein höherer Preisanstieg dieses Jahr dürfte die Aussicht auf weitere Zinssenkungen wieder einbremsen.
Russland kann seine Kriegskasse füllen
Heimlicher Gewinner des Konflikts könnte indes Russland sein. Das Land profitiert von hohen Energiepreisen und kann mit den Einnahmen seine Kriegskasse füllen. Sowohl für Öl als auch Gas hat das Land ausreichend Abnehmer, ein hoher Preis spielt dem Kreml in die Karten.
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