Die Diskussion um die Aussagen des frisch gekürten österreichischen ESC-Siegers Johannes JJ Pietsch zur möglichen Teilnahme Israels beim nächsten Eurovision Song Contest hat in Österreich eine breite politische und gesellschaftliche Debatte ausgelöst. Nachdem Pietsch in einem Interview einen brisanten Vergleich Israels mit Russland wagte, äußerte sich nun auch Bundespräsident Alexander Van der Bellen – mit einem klaren Appell.
„Ich bin dagegen, eine Einzelperson bzw. einen Künstler für das Verhalten einer Regierung verantwortlich zu machen“, so Van der Bellen in einem Statement, das der „Krone“ vorliegt. Gleichzeitig betonte er, dass zwischen einer „unverrückbaren Haltung zum Staat Israel“ und der Kritik an der „aktuellen Regierung Netanjahu, speziell im Fall Gaza“ unterschieden werden müsse.
Der Bundespräsident stellte sich damit gegen pauschale Urteile, sowohl in Richtung des israelischen Staats als auch gegen Künstler. Es sei wichtig, den Staat Israel zu unterstützen, ohne notwendige Kritik an Regierungshandlungen auszuklammern.
Heftige Kritik an Pietschs Aussagen
Pietsch hatte zuvor im Interview mit der spanischen Zeitung „El Pais“ erklärt, er wünsche sich einen ESC 2025 ohne israelische Beteiligung und äußerte sich „enttäuscht“, dass Israel in diesem Jahr nicht ausgeschlossen worden war – ähnlich wie Russland infolge des Ukraine-Kriegs. Diese Aussagen stießen auf scharfe Kritik. Die Österreichisch-Israelische Gesellschaft (ÖIG) warf Pietsch nun etwa mangelnde Empathie gegenüber der israelischen ESC-Konkurrentin Yuval Raphael vor, die das Massaker der Hamas am Nova-Festival nur knapp überlebt hatte.
Peter Florianschütz, Präsident der ÖIG, sprach von einer „Desavouierung“ durch Pietsch und bezeichnete dessen Aussagen als entweder „antisemitisch“ oder „dumm“. Beides sei problematisch, betonte er.
Politische Reaktionen aus allen Lagern
Auch führende Politiker kritisierten die Wortmeldungen des Künstlers scharf. Staatssekretär Alexander Pröll nannte den Vergleich zwischen Israel und Russland eine „Geschichtsfälschung“. Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner forderte gar, Pietsch solle eine „Geschichtslektion“ erhalten, und betonte: „Antisemitismus hat in Europa keinen Platz – egal, wie er sich tarnt.“
Ex-Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka sprach von einer „inakzeptablen Dämonisierung Israels“ und warnte vor der Reproduktion antisemitischer Muster durch Pietschs Aussagen.
Relativierung und Rückzug von Pietsch
Am Donnerstag versuchte Pietsch über seine Plattenfirma Warner, seine Aussagen zu relativieren. Er erklärte, es tue ihm leid, „falls seine Worte missverstanden wurden“. Er verurteile Gewalt gegen Zivilisten „überall auf der Welt – sei es gegen Israelis oder Palästinenser“. Weiter äußern wolle er sich zu dem Thema nicht.
EBU: ESC soll unpolitisch bleiben
Auch die Europäische Rundfunkunion (EBU), Veranstalterin des Song Contests, bezog Stellung: Man sei eine Union öffentlich-rechtlicher Sender, nicht der Regierungen. Die Teilnahme eines Landes hänge nicht von politischem Verhalten ab. Der ESC solle ein Ort für Musik, Vielfalt und Verbindung bleiben.
Die Intervention Van der Bellens bringt nun einen deutlich versöhnlicheren Ton in die aufgeheizte Debatte. Der Bundespräsident mahnt zur Trennung von Regierungskritik und Staatsidentität sowie zur Zurückhaltung in der Beurteilung einzelner Künstler.
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