Die Ukraine und Russland haben den bisher größten Gefangenenaustausch erfolgreich eingeleitet. Die Vereinbarung wurde bei der jüngsten Verhandlungsrunde in Istanbul eingefädelt. US-Präsident Donald Trump störte mit einer voreiligen Vollzugsmeldung jedoch den Ablauf.
„Ein wichtiger Gefangenenaustausch zwischen Russland und der Ukraine wurde gerade abgeschlossen. Er wird in Kürze in Kraft treten. Glückwunsch an beide Seiten zu diesen Verhandlungen. Könnte das zu etwas Großem führen???“, schrieb Trump in einem Beitrag auf seiner Plattform Truth Social.
Die Fragezeichen indizierten, dass er sich wohl selbst nicht sicher war. Der Gefangenenaustausch war laut ukrainischen Quellen zu diesem Zeitpunkt noch gar abgeschlossen, berichtete zuerst die „Financial Times“. Auch gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters wurde der Version von Trump vehement widersprochen.
Am Nachmittag bestätigte Kiew, dass der Prozess gerade begonnen habe und in Tranchen gestaltet werde. Der Austausch soll in drei Teilen an drei Tagen stattfinden und hauptsächlich Militärangehörige, aber auch einige Zivilisten betreffen. Laut offiziellen Angaben hätten am Freitag jeweils 390 Gefangene die Seiten gewechselt. Der Vorgang werde noch bis Sonntag dauern. Es seien jeweils 270 Kriegsgefangene und 120 Zivilisten übergeben worden, teilte auch das Verteidigungsministerium in Moskau mit.
Russland zieht sich zurück
Der bisher größte Austausch von jeweils 1000 Kriegsgefangenen war Anfang des Monats in Istanbul vereinbart worden. Es handelte sich um die ersten direkten Gesprächen zwischen Vertretern Russlands und der Ukraine seit mehr als drei Jahren.
Das Vorgreifen des US-Präsidenten hätte den Prozess gefährden können. Seine Zuversicht entbehrt zudem jeglicher Basis. Trump selbst torpedierte zuletzt Friedensbemühungen, indem er dem Türkei-Gipfel seine Wertigkeit absprach, da er nicht anwesend war. Zudem hatte er zur Verblüffung der Europäer Putin in seinem jüngsten Telefonat versprochen, von weiteren Strafmaßnahmen gegen Moskau abzusehen. Seine voreilige Ankündigung reiht sich somit wunderbar in die diplomatischen „Meisterleistungen“ der vergangenen Wochen ein, die es Moskau erlauben, seine Aggressionen weiter hochzufahren.
Der Kremlchef nutzte das grüne Licht aus Washington bereits dafür, eine „Pufferzone entlang der Grenze“ anzukündigen. Experten gehen davon aus, dass damit eine neue Sommeroffensive gemeint sein könnte. Entsprechende Truppenbewegungen wurden bereits festgestellt. Putins Außenminister Sergei Lawrow ätzte im Lichte von Trumps erneuter Kehrtwende, dass es keinen Frieden geben könne, solange Wolodymyr Selenskyj Präsident der Ukraine sei. Laut dem russischen Außenminister könnte Moskau die Anerkennung eines Friedensabkommens verweigern, wenn es von der „falschen Person“ unterzeichnet werde.
Wie geht es weiter?
Lawrow zufolge solle es zwar eine neue Verhandlungsrunde geben, aber Ort und Zeitpunkt seien noch nicht fixiert. Der Vatikan als neutraler Boden sei jedoch abzulehnen, da orthodoxe Russen von Rom unterdrückt werden würden. Die USA kündigten zuletzt an, auf einen Vorschlag aus dem Kreml über das weitere Vorgehen warten zu wollen.
Trumps Außenminister Marco Rubio erklärte jüngst, aus dem Kontext des avisierten russischen Vorschlags werde man dann wissen, wie die Denkweise des Kreml sei. „Ich denke, Putin wird immer dann einen Deal eingehen, wenn er glaubt, dass dies in seinem besten Interesse ist, für das Land, für Russland und für seine Sicht der Welt.“ Aktuell wird dem Diktator vermittelt, dass er weitermachen kann wie bisher …
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