In den USA ist erstmals ein Mensch mit einer seltenen Erbkrankheit mit einer personalisierten Methode, der sogenannten Genom-Editierung, behandelt worden. Wie behandelnde Ärzte am Donnerstag mitteilten, kam die maßgeschneiderte Therapie bei dem mittlerweile neuneinhalb Monate alten KJ Muldoon zum Einsatz.
Bei dem Buben war kurz nach der Geburt die lebensgefährliche Erbkrankheit CPS1-Defizit diagnostiziert worden war. Die neue Therapie weckt Hoffnungen für andere Menschen mit seltenen Erbkrankheiten. Bei der Therapie kam die sogenannte CRISPR/Cas9-Technik – auch bekannt als Gen-Schere – zur Anwendung, deren Entwickler im Jahr 2020 mit dem Chemie-Nobelpreis ausgezeichnet worden waren.
Bei Menschen mit einem CPS1-Defizit ist ein Gen mutiert, das ein für die Leberfunktion entscheidendes Enzym produziert. Bei den Betroffenen werden deshalb bestimmte giftige Stoffwechsel-Abfallprodukte nicht abgebaut.
„Wenn man ,CPS1-Defizit‘ googelt, kommt entweder etwas zur Todesrate oder zu Lebertransplantationen“, schilderte die Mutter des Babys, Nicole Muldoon, in einem Video, das vom behandelnden Children‘s Hospital in Philadelphia veröffentlicht wurde.
Lebertransplantation als Alternative
Angesichts der schlechten Prognose schlugen KJs Ärzte etwas vor, das zuvor noch niemals versucht wurde: Eine personalisierte Behandlung, um das Erbgut des Babys mithilfe der Gen-Schere zu reparieren. Die Entscheidung darüber sei äußerst schwierig gewesen, sagte KJs Vater.
„Unser Kind ist krank. Wir werden entweder eine Lebertransplantation haben oder ihm diese Medizin geben, die noch nie jemandem verabreicht wurde, stimmt‘s?“, fasste Kyle Muldoon zusammen. Letztlich entschieden sich die Eltern für die Behandlung, die in einer am Donnerstag im Fachblatt „New England Journal of Medicine“ veröffentlichten Studie dokumentiert wurde.
Für KJ wurde ein Gen-Medikament „entworfen“, sagte Rebecca Ahrens-Nicklas vom Ärzteteam des Kindes. Es sei auf seine Gen-Varianten abgestimmt und damit richtiggehend „personalisierte Medizin“. KJ bekam die erste Infusion mit dem maßgefertigten Medikament im Februar, danach folgten zwei weitere. Die darin enthaltenen Genscheren drangen in die Leberzellen ein, um dort die defekten Gene zu reparieren.
Langzeitbeobachtung ist nötig
Nach der Behandlung kann KJ nun proteinreichere Kost zu sich nehmen, die ihm vorher wegen seiner Erbkrankheit geschadet hätte. Außerdem braucht er nicht mehr so viele Medikamente wie vor der Gen-Therapie. Wie sicher und wirksam die Behandlung ist, kann aber erst eine Langzeitbeobachtung zeigen.
Ahrens-Nicklas hat die Hoffnung, dass KJ eines Tages nur noch wenige oder gar keine Medikamente mehr nehmen muss. „Wir hoffen, dass er der erste von vielen ist, die von einer Methode profitieren, die an die individuellen Bedürfnisse des Patienten angepasst werden können“, erklärte die Ärztin.
Bis April erhielt KJ insgesamt drei Dosen der Gentherapie – bislang offenbar ohne ernsthafte Nebenwirkungen, wie das Kinderkrankenhaus in Philadelphia mitteilte.
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