Seit mehr als fünf Jahrzehnten nutzte eine Familie ein Grundstück in Wien – ohne zu wissen, dass es längst der Stadt gehörte.
Karin H. staunte nicht schlecht, als sie erfuhr, dass 174 Quadratmeter ihres Grundstücks im 14. Wiener Gemeindebezirk gar nicht mehr im Eigentum ihrer Familie standen. Ursprünglich sei das gesamte Grundstück 658 Quadratmeter groß gewesen, erklärte sie. Doch laut aktuellem Abteilungsplan verblieben nur 484 Quadratmeter im Besitz der Familie.
Teilstück wurde ohne Entschädigung abgetreten
Auch ihre Mutter Helga G., die jahrzehntelang dort gelebt hatte, wusste nichts davon. Die Familie konnte sich die überraschende Entwicklung nur mit dem in den 60er-Jahren geplanten Ausbau der Westautobahn erklären. „Der Grund war damals für einen Straßenausbau vorgesehen, der aber nie stattgefunden hat. Unser Teilstück wurde einfach abgetreten, ohne dass meine Familie dafür eine Entschädigung bekommen hat“, schilderte Frau H.
Der Garten ist eigentlich eine Verkehrsfläche der Stadt Wien
Mehr als 55 Jahre lang nutzten die Angehörigen das Areal als Garten und später als Parkplatz – in gutem Glauben. Die Sorge war nun groß: Könnte ihnen dieser Bereich jederzeit weggenommen werden?
Die Ombudsfrau fragte bei der Stadt Wien nach. Dort wurde bestätigt, dass das betreffende Teilstück schon längst als Eigentum der Stadt Wien im Grundbuch als Verkehrsfläche eingetragen war. Die Nutzung durch die Familie sei laut geltender Bauordnung zwar weiterhin erlaubt, allerdings nur bis zu einem tatsächlichen Ausbau.
Pläne gab es bereits seit 1898
Die Stadt erklärte weiters, dass bereits 1898 vorgesehen gewesen sei, den Bereich als Teil des öffentlichen Straßennetzes zu verwenden – konkret für die Verlängerung einer angrenzenden Gasse. Diese Widmung sei unabhängig von späteren Schnellstraßenprojekten erfolgt und solle die gesetzliche Aufschließung angrenzender Grundstücke sichern.
Rückübertragung ins Eigentum nicht ausgeschlossen
Eine Rückübertragung ins Privateigentum der Familie wäre möglich, allerdings nur über eine Umwidmung und die vollständige Streichung der Verkehrsfläche im Flächenwidmungs- und Bebauungsplan. Ein solches Verfahren sei jedoch kompliziert und könne die Stadtentwicklung erheblich beeinflussen, etwa durch das Fehlen künftiger Fußwege oder Einschränkungen bei der Bebauung entlang von Hauptstraßen.
Karin H. und ihre Mutter waren immerhin froh, endlich Klarheit über die Eigentumsverhältnisse zu haben. Sie wollen nun eine Umwidmung anstoßen, damit das Grundstück vielleicht doch wieder zur Gänze in Familienbesitz gelangt.
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