"Ein Albtraum"

Schweizer Ski-Team vor Heim-Klassikern im Jammertal

Sport
10.01.2013 10:32
Die stolze Ski-Nation Schweiz leidet. Vor den am Samstag beginnenden Heim-Klassikern in Adelboden und Wengen sind die Herren von Swiss Ski auf einem historischen Tiefpunkt angekommen. In den bisher 16 Rennen des Weltcup-Winters wurden gerade einmal 368 Punkte eingefahren, das bedeutet den blamablen neunten Platz im Niemandsland des Herren-Mannschaftsrankings.

"Nicht einmal in einem Albtraum hätte ich mir das ausmalen können", gestand Verbandspräsident Urs Lehmann in einem Interview mit der "Neuen Zürcher Zeitung". Österreichs Superstar Marcel Hirscher, der mit 740 Punkten den Gesamtweltcup anführt, hat solo mehr als doppelt so viele Zähler auf sein Konto gehamstert wie die Schweizer, die vielerorts nur noch als "Kummerbuben" bezeichnet werden.

Reichelt zeigt Mitgefühl
Schadenfreude gibt es beim Erzrivalen aber keine. "Daran sieht man, wie schnell es gehen kann. Vor nicht allzu langer Zeit haben wir noch gerätselt, wie wir die Schweizer schlagen können", sagte Hannes Reichelt angesichts des jahrelangen spannenden Ski-Derbys mit den Nachbarn.

Das Fehlen des zurückgetretenen Didier Cuche und des verletzten Beat Feuz ist für die Eidgenossen nicht wettzumachen. Das Duo hatte in der vergangenen Saison für 20 der 24 Stockerlplätze gesorgt. Als weiterer Hauptgrund für die größte Krise der Geschichte wird Wetterpech beim Sommertraining genannt, dadurch sei die Umstellung aufs neue Material besonders schwergefallen. Und auch Mängel in der Infrastruktur (kaum Flutlichtpisten, keine ständige Abfahrtstrainingspiste) werden angeführt.

Schweiz nur noch "Entwicklungsland"?
Deshalb platzte dem Schweizer Herren-Cheftrainer Osi Inglin bei einem Krisengipfel am Dienstag der Kragen. "Wir sind ein Entwicklungsland. Das ist keine Entschuldigung für die aktuelle Krise, sondern Fakt", fand Inglin klare Worte.

Große Krise bei Janka
Auch Carlo Janka (Bild) sucht verzweifelt den Anschluss. In seinem Fall bekommt auch der steirische Trainer-Legionär Sepp Brunner sein Fett ab. Dem Vertrauten des Gewinners des Gesamtweltcups 2010 wird vorgeworfen, dass er beim zu exzessiven Materialtesten seines Schützlings im Sommer nicht rechtzeitig eingegriffen haben soll.

Bei Janka wurde zuletzt die Notbremse gezogen. Nach der schallenden Ohrfeige kurz vor Weihnachten im Alta-Badia-Riesentorlauf, in dem er als amtierender Olympiasieger im ersten Lauf 7,81 Sekunden langsamer als US-Dominator Ted Ligety war, zog sich Janka zurück. Auf Bormio verzichtete er komplett, stattdessen machte er sich mit Trainingseinheiten in Hinterreit in Salzburg fit für die Heim-Rennen.

Mit Erfolg, wie Brunner vor Adelboden berichtete: "Speziell im Materialbereich passt jetzt einiges wesentlich besser zusammen. Darum glaube ich, dass Carlo im Adelboden-Riesentorlauf zumindest in die Punkteränge und in der Wengen-Abfahrt in die Top Ten fahren kann."

Nicht einmal einen Monat vor der WM in Schladming haben mit Defago, Patrick Küng und Markus Vogel bisher nur drei Schweizer Herren die Qualifikationskriterien erfüllt. Frei drauflos fahren kann in Adelboden ein 22-jähriger Schweizer mit einem äußerst prominenten Namen. Elia Zurbriggen, der Sohn des vierfachen Gesamtweltcupsiegers Pirmin, gibt am Samstag im Riesentorlauf sein Debüt.

Fans trotz allem heiß auf Adelboden
Die Begeisterung der Fans ist in der Schweiz aber ungebrochen. Für den Riesentorlauf am Samstag und den Slalom am Sonntag in Adelboden wird wieder einmal ein Massenansturm erwartet. Im Vorverkauf war laut Angaben der Veranstalter kein Rückgang festzustellen, die VIP-Tickets sind seit Monaten ausverkauft. 2012, als Hirscher beide Rennen gewann, kamen insgesamt 40.500 Zuschauer aufs Chuenisbärgli. 2013 sind die Erwartungen ähnlich.

OK-Präsident Peter Willen meinte: "In der Vergangenheit war das angekündigte Wetter über das Rennwochenende entscheidender als die Leistungen des Schweizer Teams. Der Schweizer Fan ist vorab Fan des Skisports und erfreut sich primär an den sportlichen Leistungen und bewundert somit die Athleten aller Nationen."

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(Bild: KMM)



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