"Blicke auf Syrien"

Nervengas? USA drohen erneut mit “Konsequenzen”

Ausland
04.12.2012 09:30
Angesichts der andauernden Gewalt in Syrien haben die USA Staatschef Bashar al-Assad erneut vor einem Einsatz von Chemiewaffen gegen das eigene Volk gewarnt. Man sei besorgt über die Möglichkeit einer solchen Verzweiflungstat, hieß es in Washington. Präsident Barack Obama drohte Assad und seiner Gefolgschaft mit Konsequenzen. Ein Sprecher des Außenministeriums in Damaskus versicherte, dass solche Waffen - sofern überhaupt vorhanden - niemals benutzt würden. Der Sprecher soll danach entlassen worden sein.

"Der Einsatz von chemischen Waffen ist und wäre völlig inakzeptabel", sagte Obama am Montag bei einem Symposium zur Nichtweiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen am National War College in Washington. Die Welt schaue auf Syrien. "Wenn sie den tragischen Fehler begehen, diese Waffen einzusetzen, wird dies Konsequenzen haben, und sie werden dafür zur Verantwortung gezogen", sagte der US-Präsident. Bereits im August hatte er für diesen Fall mit einem Militärschlag gedroht.

Auch US-Außenministerin Hillary Clinton riet der syrischen Regierung dringend davon ab, diese "rote Linie" zu überschreiten. "Wir warnen das Assad-Regime erneut mit Nachdruck, dass sein bisheriges Verhalten verwerflich ist und sein Vorgehen gehen die eigene Bevölkerung tragisch ist", sagte sie nach einem Gespräch mit ihrem tschechischen Amtskollegen Karel Schwarzenberg in Prag.

Angeblich Vorbereitungen für Nervengas-Einsatz
Die "New York Times" hatte über Hinweise auf Vorbereitungen für einen Einsatz der Chemiewaffen durch die syrische Seite berichtet. Aus Regierungskreisen in Washington hieß es, das syrische Militär habe möglicherweise mit der Mischung von Chemikalien begonnen, die für das Nervengas Sarin benötigt würden.

Der syrische Außenminister Walid al-Muallem hatte den USA im Oktober vorgeworfen, die Debatte über das Chemiewaffenarsenal seines Landes als Vorwand für ein militärisches Eingreifen in Syrien nutzen zu wollen. Muallem zog dabei eine Parallele zum Irak-Krieg von 2003, zu dessen Rechtfertigung die USA unter anderem das vermeintliche Chemiewaffen-Arsenal Bagdads angeführt hatten.

Assad-Regime: Einsatz im Fall einer Invasion
Syrien dagegen verfügt Experten zufolge über beträchtliche C-Waffen-Bestände aus den 1970er-Jahren. Mit mehreren Hundert Tonnen seien sie die größten im Nahen Osten, unter anderem lagere Syrien Nervengas. Die syrische Führung erklärte Ende Juli, Chemiewaffen im Fall eines Angriffs aus dem Ausland einsetzen zu wollen, nicht aber gegen die eigene Bevölkerung. Es war das erste Mal, dass Damaskus offen den Besitz von Chemiewaffen einräumte. Obama drohte daraufhin im August erstmals direkt mit einem militärischen Eingreifen in Syrien.

Nach Angaben eines iranischen Fernsehsenders wurde der Sprecher des syrischen Außenministeriums nun nach der nicht abgesprochenen Chemiewaffen-Erklärung entlassen. Aus Syrien gab es zunächst keine Bestätigung dafür.

Putin: "Schützen das Regime nicht"
In der Türkei kam am Montag einer der wichtigsten Assad-Verbündeten, der russische Präsident Wladimir Putin, zu politischen Gesprächen mit Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan, einem Assad-Kritiker, zusammen. Meinungsverschiedenheiten über den Sturz des syrischen Regimes blieben nach dem dreistündigen Gespräch in Istanbul bestehen. Erdogan sagte, seine Regierung wolle ein Ende des Blutvergießens in Syrien erreichen. Eine Zusammenarbeit mit Russland werde zur Stabilisierung der ganzen Region beitragen.

Putin sagte, sein Land und die Türkei teilten das Ziel, die Gewalt zu beenden. "Es gibt aber unterschiedliche Lösungsansätze", so der russische Präsident laut türkischen Berichten. "Wir schützen das Regime nicht und wir sind auch nicht sein Anwalt", sagte Putin. "Was uns umtreibt, ist die Zukunft Syriens."

Heftige Gefechte an türkisch-syrischer Grenze
An der türkisch-syrischen Grenze gab es unterdessen heftige Gefechte. Dabei wurde eine türkische Kleinstadt erneut von Granaten getroffen. Die Explosionen hätten bei der Bevölkerung in Ceylanpinar Panik ausgelöst, berichteten türkische Fernsehsender. Die syrische Luftwaffe habe Stellungen von Aufständischen in der syrischen Grenzortschaft Ras al-Ain bombardiert.

UNO zieht Mitarbeiter ab
Wegen der zunehmenden Gewalt ziehen die Vereinten Nationen alle nicht unbedingt vor Ort benötigten Mitarbeiter aus Syrien ab. Zudem würden alle dortigen Aktivitäten vorerst unterbrochen, sagte ein UNO-Sprecher am Montag in New York. Die Europäische Union will ihre diplomatische Präsenz in Damaskus "aus Sicherheitsgründen" auf "ein Minimum" reduzieren, erklärte zudem ein Sprecher der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton in Brüssel.

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