Der Umbau des Michaelerplatzes zum „Schrebergarten“ sorgt nun schon international für Entsetzen und Gespött. Der Alleingang der Stadt rächt sich: Denn es gäbe viel bessere Ideen, für Stadtbild und Klima zugleich.
Wien macht städtebaulich weltweit von sich reden, aber nicht auf die gute Art: Von der US-Elite-Uni Harvard bis zur Pariser Sorbonne, von Architekturstars wie Boris Podrecca bis zur grünen Kultursprecherin Eva Blimlinger reicht bereits die Front, die den Umbau des Michaelerplatzes zum „Schrebergarten“ mit Beeten vor den Hofburg, Bäumen und einem „Wasserspiel“ vor dem Loos-Haus stoppen will.
Experten wollen Notstopp durch Ludwig-Machtwort
Auch die UNESCO stellt der Stadt schon Fragen, und der Denkmalbeirat – er berät Kulturministerium und Denkmalamt – stellt sich „mit aller gebotenen Deutlichkeit gegen die bevorstehende Umgestaltung“. In einem offenen Brief wird Bürgermeister Michael Ludwig aufgefordert, die Zerstörung des Platzes zu stoppen. Unterzeichnet ist er von unzähligen Experten für Denkmalschutz, Architektur und Stadtgeschichte. Keiner von ihnen wurde wegen der Umbaupläne um Rat gefragt.
Wolfgang Förster, früher Leiter der Wiener Wohnbauforschung, warnt in dem Brief etwa, der „Schildbürgerstreich“ würde Wien „international lächerlich machen“. Das Bürgermeisterbüro verweist indes auf die Zuständigkeit von Stadträtin Ulli Sima und deren Abstimmung mit den zuständigen Stellen. Die städtische MA 19, zuständig für das Stadtbild, verweist auf eingehende Beratungen. Diese fanden allerdings hinter verschlossenen Türen statt, kritisieren Experten, denn aus ihrer Sicht gäbe es Alternativen, die Stadtbild und Klima weit mehr bringen würden.
Für FPÖ-Gemeinderat Toni Mahdalik setzt die Stadt mit den Umbauplänen „das internationale Ansehen Wiens und das Vertrauen der Bürger aufs Spiel“. Das unsinnige Projekt müsse gestoppt werden, bevor irreparabler Schaden angerichtet werde. Nicht nur sei Sima rücktrittsreif, sondern auch der Bezirksvorsteher der Inneren Stadt, Markus Figl, „heuchlerisch und unglaubwürdig“: Beim Spatenstich des Projekts sei er noch dabeigewesen, nun kritisiere er es.
Warum nicht Schwedenplatz oder Heldenplatz?
Förster selbst schlägt vor, statt dem Michaelerplatz endlich die Umgestaltung des Schwedenplatzes in Angriff zu nehmen. Doch es ginge noch naheliegender, im wahrsten Sinn des Wortes: mit der Umgestaltung des Heldenplatzes, wofür man allerdings mit dem Bund sprechen würde, dem der Platz gehört. Dessen Entsiegelung wäre zugleich die Wiederherstellung des einstigen Gartendenkmals, betont Lilli Lička, Professorin für Landschaftsarchitektur.
Auch die international tätige Gartenarchitektin Maria Auböck betont gegenüber der „Krone“, der Umbau des Michaelerplatzes mache dort nichts klimafit. Schatten gebe es dort gerade durch Hofburg, Michaelerkirche und Loos-Haus genug. Geschmackvolle Trinkbrunnen statt einem Platz mit „Spielzeug-Optik“ und sinnloser „Sprudeldüsen“, die noch dazu ein verheerendes Signal zum Wert des Wassers aussendeten, würden allen mehr bringen, ist sie überzeugt: dem Klima, der Stadt und Menschen auf dem Platz.
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