Als bekennender Sozialdemokrat schwelgte der Taxler, der mich am Feiertag zum Wiener Rathaus chauffierte, in Erinnerungen an die frühen Achtziger Jahre. „Unter dem Poldi Gratz waren noch hunderttausend beim Maiaufmarsch. Heute holen Busse der SPÖ die Leut‘ aus ihren Heimatbezirken ab, damit der Platz einigermaßen voll wird.“ Skeptisch blickte er Richtung Tribüne, wo gerade der Wiener Bürgermeister zu den Genossinnen und Genossen sprach. Ob er sich die Rede von Andreas Babler später anhören werde? Der Mann schüttelte den Kopf. „Ein Träumer ohne Chance!“
Kurz vor zwölf betrat der SPÖ-Parteivorsitzende die Bühne und steigerte sich in eine fulminante Rede hinein. Wetterte gegen die 41-Stunden-Woche, setzte sich für Vermögenssteuern und Kinderrechte ein, warnte vor einer autoritären Wende und stellte, den Blick hinüber zum Ballhausplatz gerichtet, immer wieder den Kanzleranspruch. Als er eine Zeichnung seiner neunjährigen Tochter in die Höhe hielt, auf der ihre größte Hoffnung mit sieben Buchstaben stand, brach ihm kurz die Stimme „Der Frieden ist nicht alles, aber alles ist ohne den Frieden nichts“, zitierte er Willy Brandt und griff sich mit der linken Hand ans Herz.
Der Rathausplatz war vielleicht nicht zum Bersten voll, aber die, die gekommen waren, jubelten Andreas Babler zu. Der SPÖ-Chef, dessen Umfragewerte zuletzt zart nach oben kletterten, hätte vermutlich auch den Taxler emotionalisiert.
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