105-Jahre-Jubiläum

Vorarlberger Hof: weit mehr als nur ein Gasthaus

Vorarlberg
29.03.2024 07:55

Der Vorarlberger Hof in Dornbirn feiert sein 105-jähriges Bestehen. Das Gasthaus ist eng mit der Sozialdemokratie im Ländle verwoben. Zwar wird das Gebäude einem Neubau weichen, in diesem soll aber der alte Geist weiterleben.  

Obwohl der Vorarlberger Hof Ende vergangenen Jahres seine Pforten geschlossen hat, ließ es sich die Vorarlberger SPÖ am Mittwochabend nicht nehmen, ihr Traditionsgasthaus gebührend zu feiern. Sogar Bundesparteichef Andreas Babler erwies dem geschichtsträchtigen Haus zur 105-Jahr-Feier seine Ehre.

Am prominenten Besuch lässt sich erahnen, welche Bedeutung das Gasthaus für die Ländle-SPÖ hat. Die „geheime Kommandozentrale“ der Roten hat zwei Weltkriege und heftigen Gegenwind der „konservativen Übermacht“ im Ländle überlebt. Und auch heute noch gilt der Vorarlberger Hof als „roter Punkt im Schwarzen Meer“.

Der Vorarlberger Hof war gewissermaßen die erste Adresse der Sozialdemokratie im Land. Von 1919 bis in die 1990er-Jahre beheimate das Gebäude – mit einigen Unterbrechungen – die Landesorganisation der SPÖ. Bis vor kurzem war noch der Pensionistenverband in der Viehmarktstraße verortet, in wenigen Monaten wird auch die Dornbirner Stadtpartei in Übergangsräumlichkeiten umziehen – das der Vorarlberger Hof wird bekanntlich abgerissen und neu aufgebaut.

Sozis waren oft nicht gerne gesehen
Die Idee zum Vorarlberger Hof erwuchs nicht zuletzt aus dem rauen politischen Klima im Land. In vielen bürgerlichen Wirtshäusern waren einst die Roten nämlich nicht gerne gesehen. Die wenigen Dornbirner Wirte, die sozialdemokratische Veranstaltungen zugelassen haben, wurden etwa im „Volks-Blatt“, der Parteizeitung des christlich-sozialen Lagers, als „Sozi-Wirte“ diffamiert. Ein eigenes Vereinshaus musste also her. Aus diesem Grund wurde vor 122 Jahren der Verein „Arbeiterheim“ gegründet. Dessen Ziel war es, eine sichere Heimstätte für die Sozialdemokratie in Dornbirn zu schaffen.

Am 27. März 1919, also vor genau 105 Jahren, gelang es schließlich, das Gebäude in der Viehmarktstraße 3 von der Genossenschaft der „Vereinigten Schreiner“ zu erwerben und ein Vereinslokal zu eröffnen. Im Februar 1934 wurde das Gebäude jedoch durch das Dollfuß-Regime beschlagnahmt und enteignet. Über 13 Jahre war der Vorarlberger Hof während des Ständestaates und des NS-Regimes nicht im Besitz des Vereines. Erst im Mai 1948 gelang es den Vereinsmitgliedern, ihren „Hof“ wieder zurückzubekommen. Allerdings keineswegs gratis: Das Gebäude musste um viel Geld von den „Besitzern“ abgekauft werden.

Ein Ort, an dem Bildung hochgehalten wurde
Im Vorarlberger Hof wurde weit mehr als nur gegessen, getrunken und politisiert: Er war Veranstaltungsort, Heimat für Jugend- und Frauenschulen und Ausgangspunkt für die Gründung von weiteren Vereinen, darunter auch die „Kinderfreunde“ und die „Naturfreunde“, welche heute noch eine wichtige gesellschaftspolitische Funktion innehaben.

Wie schwer es aber den Gründern und Vereinsmitgliedern gemacht wurde, belegt ein Auszug aus einem Bericht des Historikers Werner Bundschuh: „Rote Fahnen schwingende Jugendliche lösten verstärkte Abwehrreflexe bei der bürgerlichen Seite aus und steigerten die Behördenschikanen. Wie kleinlich diese bei Veranstaltungen der ’Kinderfreunde’ waren, zeigt zum Beispiel das Verbot eines Lichtbildervortrages von ’Max und Moritz’ im Arbeiterheim.“ Um die Enttäuschung der unzähligen Kinder, die damals ins Vereinshaus geströmt waren, ein wenig zu lindern, wurde kurzerhand ein Spielenachmittag organisiert. Sogar die Kirche ließ sich damals vor den ideologischen Karren spannen und brandmarkte von der Kanzel herab die Kinderfreunde gar als „unchristlich“.

Wie sieht die Zukunft des Vorarlberger Hofs aus?
Die Idee des Vorarlberger Hofes soll auch in der Zukunft weiterleben – allerdings in neuem Gewand: „Unsere Vorgänger haben das Gebäude nach bestem Wissen und den wirtschaftlichen Möglichkeiten entsprechend in den letzten Jahren saniert, umgebaut und erhalten. Wir wollen diese Tradition fortsetzen und den Vorarlberger Hof modernisieren und ihn für die Zukunft fit machen“, erklärt „Arbeiterheim“-Vereinsobmann Thomas Niedermair zu den Neubauplänen. „So ein großes Projekt stellt den Verein vor große Herausforderungen. Ein besonderes Anliegen ist es uns, die historische Bedeutung des Gebäudes als ’roten Punkt im Schwarzen Meer’ hervorzuheben und zu erhalten. Diese Aufgabe beinhaltet auch eine gutbürgerliche Gaststätte für alle Dornbirner.“ Zudem sollen im Neubau Büros und Wohnungen eingerichtet werden.

Die Pläne befinden sich aktuell in der Bewilligungsphase, bereits Mitte dieses Jahres könnten die Arbeiten beginnen. In zwei bis drei Jahren soll dann der Vorarlberger Hof in neuem Glanz erstrahlen – und viele neue Geschichten schreiben

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