Das Wohnen genießt in Vorarlberg einen hohen Stellenwert, doch immer weniger streben nach Eigentum. Was natürlich auch an den hohen Preisen liegt. Dafür wird Mieten immer populärer.
Die jährliche Sparkassen-Wohnstudie gibt einen guten Überblick, wie es um das Grundbedürfnis Wohnen in Vorarlberg bestellt ist. Am Montag wurde die aktuelle Umfrage vorgestellt – und diese lieferte durchaus überraschende Ergebnisse. Nicht überraschend ist, dass es sich im Ländle sehr teuer wohnt: Die Befragten gaben an, durchschnittlich 832 Euro pro Monat fürs Wohnen auszugeben. Das ist deutlich mehr als in allen anderen Bundesländern, zudem lag dieser Wert noch vor einem Jahr deutlich niedriger (780 Euro). Interessant ist, dass dennoch weiterhin „nur“ ein knappes Drittel (32 Prozent) des Haushalts-Netto-Einkommens in die monatlichen Wohnkosten fließen – 2023 waren es sogar 33 Prozent. „Der Schluss liegt nahe, dass die hohen Lohn- und Gehaltsabschlüsse der letzten Jahre die allgemeine Preissteigerung abfedern konnten“, löst Martin Jäger, Sprecher der Vorarlberger Sparkassen, diesen scheinbaren Widerspruch auf.
Nur in Salzburg und Tirol liegen die Mieten höher
Für eine durchschnittliche Miete inklusive Betriebskosten muss man in Vorarlberg pro Quadratmeter 11,30 Euro berappen (Statistik Austria, 2024). Nur in Salzburg und Tirol kommt mieten noch teurer. Das hänge auch mit der generellen Entwicklung am Immobilienmarkt zusammen, erklärt Martina Hirsch, Geschäftsführerin der Immo-Sparte der Vorarlberger Sparkassen: „Seit 2010 steigen die Immobilienpreise in Vorarlberg kontinuierlich an. Bedingt durch die Finanzkrise 2008 begannen viele, Sicherheit in wertbeständigen Immobilien zu suchen. Der an sich schon durch die Topografie Vorarlbergs begrenzt verfügbare Wohnraum wurde dadurch noch knapper. Dass gleichzeitig auch noch die Europäische Zentralbank eine lange Niedrigzinsperiode zur Wirtschaftsbelebung einläutete, führte zu einem nie da gewesenen Nachfrageboom. Ein Preisanstieg war die logische Folge.“
Die Rahmenbedingungen für die Anschaffung von Eigentum haben sich im Vergleich zu den vergangenen beiden Jahren verbessert!
Martin Jäger, Sprecher der Vorarlberger Sparkassen
So hat sich der Durchschnittspreis gebrauchter Eigentumswohnungen zwischen 2016 und 2024 um 60 Prozent, der von Neubauwohnungen sogar um 73 Prozent verteuert. Mietwohnungen wurden im selben Zeitraum zwar attraktiver, allerdings ebenfalls um ein Viertel teurer. „Im Jahr 2024 konnten wir am Gebrauchtmarkt allerdings einen leichten Preisrückgang beobachten. Seit Anfang 2025 steigen die Preise aber wieder.“ Trotz der eklatanten Preissteigerungen arbeiten gemäß der Sparkassen-Wohnstudie immer noch 67 Prozent der befragten Vorarlberger auf eine eigene Immobilie hin. Zum Vergleich: Österreichweit streben gerade einmal gut die Hälfte (52 Prozent) der Umfrageteilnehmer an, sich in Wohneigentum zu verwirklichen.
Mieten wird in Vorarlberg immer beliebter
Allerdings klafft auch im Ländle die Lücke zwischen Wunsch und Realität immer weiter auseinander: Lebten 2023 noch 64 Prozent der Befragten in den eigenen vier Wänden (2016: 67 Prozent), sind es aktuell nur mehr etwas mehr als die Hälfte (54 Prozent). Das heißt: Das Narrativ vom „schaffa, schaffa, Hüsle baua“ mag als Wunsch zwar noch sehr lebendig sein, in Erfüllung geht dieser aber immer seltener. „Der Anstieg der Immobilienpreise, die hohen Errichtungskosten, aber auch das Ende der Nullzinsphase bremst momentan potenzielle Käuferinnen aus“, formuliert es Jäger ein wenig prosaischer. Immerhin: Derzeit sind, anders als früher, auch deutlich attraktivere Mietobjekte auf dem Immobilienmarkt.
Auf die veränderten Rahmenbedingungen reagiert man im Ländle pragmatische und passt seine Wohnträume den neuen Gegebenheiten an: Nur mehr rund ein Viertel (23 Prozent) gibt aktuell an, Hausbesitz anzustreben. 2023 waren das noch 34 Prozent. Hoch im Kurs stehen neuerdings Mietwohnungen (+7 Prozentpunkte) und nicht zuletzt Wohnungen gemeinnütziger Wohnbauträger (+8 Prozentpunkte). Verändert haben sich aber nicht nur der Markt, sondern auch die Bedürfnisse: So haben die Befragten heute im Vergleich zu 2016 um sechs Quadratmeter weniger Wohnraum zur Verfügung. Zurückzuführen ist dies auf die generell kleiner werdenden Familienverbände: Durchschnittlich wohnen in Vorarlberg nur mehr 2,3 Personen in einem Haushalt, 2023 waren es noch 2,5. Gleichzeitig macht die Anzahl der Single-Haushalte bereits 30 Prozent aus und ist damit fast genauso groß wie der Anteil der Familien mit Kindern (36 Prozent). Ebenfalls ein Grund für die kleineren Wohnungen sind die gestiegenen Kosten, die viele durch Flächenverzicht kompensieren.
„Jetzt ist ein guter Zeitpunkt zu kaufen!“
Sparen wollen immer mehr Vorarlberger auch bei den Heiz- und Energiekosten. Martina Hirsch führt das auf den Schock in Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg zurück: „Die Versorgungsunsicherheit und der plötzliche Preisanstieg scheinen vielen noch tief in den Knochen zu sitzen. Zwei Drittel der Vorarlberger wollen deshalb in Zukunft am liebsten nachhaltig heizen oder erneuerbare Energieformen benutzen.“ Eines hat sich im Lauf der Jahre im Ländle nur unwesentlich verändert: Noch immer sind die Menschen in Vorarlberg breit, für die Erfüllung ihres Wohntraumes zu sparen. Wer auf eine solide Eigenkapitalbasis bauen kann, ist aktuell in einer ganz passablen Situation, zumal auch die Zinsen in der jüngeren Vergangenheit wieder gesunken sind: „Die Rahmenbedingungen für die Anschaffung von Eigentum haben sich im Vergleich zu den letzten beiden Jahren verbessert! Jetzt ist ein guter Zeitpunkt zu kaufen!“, sind sich Jäger und Hirsch einig.
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